1.23.1 (lut2p): [Entwurf eines Sicherheitspakts, Westschiedsverträge]

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Text

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[Entwurf eines Sicherheitspakts, Westschiedsverträge]

Ganz geheim!

Herr Chamberlain teilt mit, daß nunmehr der Text des Paktentwurfs, wie er von den Juristen fertiggestellt worden sei, vorliegt. Er stellt die Frage zur Erörterung, ob die einzelnen Artikel durchgenommen werden sollten.

Herr Briand erwidert, wenn von keiner Seite Einwendungen erhoben würden, so könne man annehmen, daß der Text angenommen worden sei.

Sir Cecil Hurst teilt mit, daß die Juristen zwei redaktionelle Änderungen in Artikel 5 und Artikel 8 vorgenommen hätten. Sie schlügen vor, daß in Absatz 2 von Artikel 5 hinter dem Worte: „arbitrale“ die Worte hinzugesetzt würden: „ou judiciaire“. Der Zweck dieses Vorschlages sei, den Text des Artikels in Übereinstimmung mit dem Text des Völkerbundsstatuts zu bringen.

In Artikel 8 soll statt des Wortes „déposé“ gesagt werden: „enrégistré“. Der Grund für diesen Vorschlag sei, daß das Wort „déposé“ in verschiedenem Sinne gebraucht sei.

Die beiden Abänderungsvorschläge werden angenommen.

Herr Chamberlain stellt fest, daß der Text des ganzen Vertrages angenommen sei. Es handelt sich jetzt darum, den Text der Schiedsverträge festzustellen.

Herr Vandervelde gibt eine ergänzende Erklärung zu Artikel 4, 5 und 81 ab. Diese Artikel sähen eine Mitwirkung des Völkerbundsrats vor. Alle am Pakt beteiligten Völker seien auch Mitglieder des Völkerbundsrats oder würden es sein. Belgien sei aber nicht ständiges Mitglied, sondern nur durch Wahl im Völkerbundsrat vertreten. Für den Fall daher, daß Belgien einmal nicht mehr Mitglied des Völkerbundsrats sein werde, halte er es für wichtig, daß die Beteiligung Belgiens an den Fällen, an denen es interessiert sei, gesichert werde, und daß Belgien in solchen Fällen stets hinzugezogen werde.

1

Artikel des Sicherheitspakts.

[751] Herr Briand sagt, er stimme diesem Vorschlage vollkommen zu, zumal da er auch der Jurisdiktion des Völkerbundsrats entspreche.

Die anderen Delegierten erklären sich ebenfalls mit den Ausführungen Herrn Vanderveldes einverstanden.

Herr Chamberlain bemerkt, es habe sich als zweckmäßig erwiesen, die Vertreter Polens und der Tschechoslowakei zu der Beratung des deutsch-belgischen und des deutsch-französischen Schiedsvertrages hinzuzuziehen. Er bitte um Einverständnis zu diesem Vorschlage.

Der Vorschlag wird angenommen.

Die Polnische und die Tschechoslowakische Delegation betreten den Beratungssaal.

Herr Chamberlain teilt den beiden neu eingetretenen Delegationen mit, daß die Konferenz jetzt den deutsch-französischen und den deutsch-belgischen Schiedsvertrag2 zu behandeln gedenke und glaube, daß diese Verhandlungen für die Polnische und die Tschechoslowakische Delegation von Wichtigkeit seien.

2

Über die Beratungen der Juristen zu diesen Verträgen fanden sich keine Unterlagen bei den Akten der Rkei und des AA. Zur Endfassung s. RGBl. 1925 II, S. 983  ff. und 989 ff.

Er stellt zunächst den deutsch-französischen Schiedsvertrag zur Erörterung und fragt, ob hierzu Bemerkungen zu machen seien.

Einwendungen werden nicht erhoben.

Herr Fromageot hält einen Vortrag über den Inhalt des deutsch-französischen Schiedsvertrages.

Herr Chamberlain dankt Herrn Fromageot für seinen Vortrag und gibt Herrn Benesch ein Exemplar.

Es werden sodann zwei kleine redaktionelle Änderungen im Artikel 16 und im Artikel 19 erörtert, über die Einverständnis erzielt wird.

Herr Chamberlain sagt, daß die heutige Tagesordnung der Konferenz hiermit erschöpft sei.

Herr Benesch sagt, er habe schon mit Herrn Luther und mit Herrn Stresemann über die Schiedsverträge gesprochen3 und glaube, daß er sich im wesentlichen mit dem Text des deutsch-französischen Schiedsvertrages einverstanden erklären könne. Die Präambel müsse anders gestaltet werden; es seien auch einige andere Fragen noch zwischen den Juristen zu behandeln, aber er glaube, daß man in kurzer Zeit einig werden werde.

3

In einer nicht unterzeichneten, offensichtlich von Stresemann stammenden Aufzeichnung über eine Unterredung mit Benesch am 13. 10. heißt es: „Dann noch Gespräch über Schiedsverträge. Ich setzte auseinander, daß für Garantiepakt oder auch ähnliche Präambel kein Raum sei, das sei überflüssig. Benesch, der zustimmte, schien schon etwas nachgiebiger geworden zu sein.“ (Pol. Arch. des AA, Büro RM, Aufzeichnungen und Sitzungsprotokolle von Locarno). Zu diesen Verhandlungen vgl. auch: Alexander, Der deutsch-tschechoslowakische Schiedsvertrag von 1925 im Rahmen der Locarno-Verträge, S. 114 ff. und 159 ff.

Herr Graf Skrzynski bemerkt, daß auch die Polnische Delegation sich mit der Deutschen Delegation wegen des Abschlusses des Schiedsvertrages in Verbindung gesetzt habe4. Es sei noch Einverständnis über einige juristische[752] Formulierungen zu finden. Politische Differenzpunkte bestünden nach seiner Ansicht nicht.

4

Vgl. Dok. Nr. 189. – Stresemann bemerkt hierzu in einer Rede vor der Arbeitsgemeinschaft dt. Landsmannschaften in Groß-Berlin am 14.12.25: „Es sind keine restlosen Schiedsverträge abgeschlossen worden, sondern es ist das deutsche System der Schiedsverträge in Locarno angenommen worden. In der Auseinandersetzung zwischen dem polnischen Außenminister und dem deutschen juristischen Sachwalter hat Herr Gaus im Auftrag der deutschen Delegation erklärt: Deutschland lehnt eine Diskussion über die Anerkennung der Grenzen ab, Deutschland lehnt eine Diskussion über Verzicht auf Krieg ab und ist lediglich bereit, über andere Fragen zu diskutieren.“ Die Auseinandersetzung sei derart heftig gewesen, daß Gaus gebeten habe, ihn von weiteren Verhandlungen mit der poln. Delegation zu entbinden (Stresemann, Vermächtnis, Bd. II, S. 234).

Herr Chamberlain stellt die Frage zur Erörterung, ob die letzte Sitzung und die Paraphierung des Vertrages in öffentlicher Sitzung stattfinden solle und ob in dieser Sitzung eine photographische Aufnahme gemacht werden solle.

Es wird Einverständnis darüber erklärt, daß die letzte Sitzung nicht öffentlich sein solle, wohl aber solle eine photographische Aufnahme nach Schluß der Sitzung gemacht werden.

Herr Chamberlain bittet sodann die Frage zu erwägen, wann der Paktentwurf zu veröffentlichen sei. Es werde das zweckmäßigste sein, den Vertrag durch die beteiligten Regierungen am selben Tage veröffentlichen zu lassen.

Es wird beschlossen, den Bürgermeister von Locarno zur letzten Sitzung einzuladen. Ferner sollen die Juristen ein Schlußprotokoll aufsetzen.

Herr Fromageot verliest den Entwurf zu einem Schlußprotokoll.

Herr Luther stellt anheim, diesen Entwurf den einzelnen Delegationen zu übergeben und ihn dann den Juristen zur Prüfung vorzulegen.

Es wird dementsprechend beschlossen.

Es wird sodann über den Inhalt des Presse-Kommuniqués beraten.

Die nächste Sitzung wird auf Freitag, den 16. Oktober, anberaumt.

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