2.91.1 (ma11p): 1. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnungen über Erwerbslosenfürsorge und über die Aufbringung der Mittel für die Erwerbslosenfürsorge und des Arbeitsnachweisgesetzes.

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1. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnungen über Erwerbslosenfürsorge und über die Aufbringung der Mittel für die Erwerbslosenfürsorge und des Arbeitsnachweisgesetzes.

Der Reichsarbeitsminister berichtete über die Vorlage1 und führte aus, daß es sich dabei im wesentlichen um folgende Hauptpunkte handele: 1) Überlassung der Kurzarbeiterunterstützung dem Ermessen der Länder2, 2) Beschränkung der Unterstützung der Jugendlichen unter 20 Jahren3.

1

Der Entwurf wurde der Rkei vom RArbM am 4. 2. übersandt (R 43 I /2029 , Bl. 60-75); der Text entspricht weitgehend der Endfassung der VO in RGBl. 1924 I, S. 121  ff.; die Begründung ist abgedr. im RArbBl. 1924, S. 57 ff.

2

Tatsächlich fällt die Kurzarbeiterfürsorge in den nächsten zwei Jahren fort.

3

Nach dem Entwurf erhalten Jugendliche bis zu 16 Jahren überhaupt keine, Jugendliche bis zu 20 Jahren nur bedingt Erwerbslosenunterstützung. Der Kreis der Unterstützungsberechtigten wird auch durch die Bestimmung eingeschränkt, daß nur diejenigen Erwerbslosen eine Unterstützung erhalten, die in den letzten zwölf Monaten wenigstens drei Monate hindurch eine krankenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben; dadurch werden Dauererwerbslose und nicht krankenversicherungspflichtige Arbeitnehmer von der Unterstützung ausgeschlossen.

Der Vizekanzler befürchtete, daß den Gemeinden Lasten auferlegt würden, die sie nicht tragen könnten4. Er beantragte, eine Ergänzung dahingehend aufzunehmen, daß es den Gemeinden verboten sein solle, von sich aus Arbeitslosenunterstützung über die Sätze des Reiches, auch nicht auf irgendwelchen Umwegen, zu leisten.

4

Der Entwurf sieht vor, daß die Lasten der Fürsorge hauptsächlich durch gleiche Pflichtbeiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer und außerdem durch Zuschüsse der Gemeinden aufzubringen sind. Auf die Gemeinden entfallen dabei ⅓ der Kosten des öffentlichen Arbeitsnachweises sowie 1/9 des Aufwandes für Erwerbslosenfürsorge. Nur wenn die Leistungen der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Gemeinden nicht ausreichen, gewähren Reich und Länder Beihilfen zu gleichen Teilen.

Der Antrag wurde mit 4 gegen 4 Stimmen durch die Stimme des Herrn Reichskanzlers abgelehnt.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft wandte sich gegen die regionale Regelung der Beitragserhebung. Er beantragte, in Artikel 2 die dem Reichsarbeitsminister erteilte Ermächtigung zu präzisieren und bereits bestimmte Berufsschichten entsprechend seinem schriftlich eingereichten Vorschlage von der Beitragspflicht zu befreien5.

5

In seiner Kabinettsvorlage vom 6. 2. beantragt der REM, in dem vorliegenden Entwurf einen Teil der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer aus der Erwerbslosenfürsorge herauszunehmen und für beitragsfrei zu erklären. Zur Begründung führt der REM aus, daß die in der Landwirtschaft allgemein üblichen Jahresarbeitsverträge auch für die arbeitsarme Jahreszeit Beschäftigung und Lohn sicherten. Infolgedessen gehörten die landwirtschaftlichen Arbeiter erfahrungsgemäß nicht zu den Nutznießern der Erwerbslosenfürsorge, eine Beitragspflicht der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer und Arbeitgeber könne daher nicht anerkannt werden (R 43 I /2029 , Bl. 78 f.).

[327] Der Antrag wurde mit 5 gegen 3 Stimmen abgelehnt.

Die Vorlage wurde daraufhin angenommen6.

6

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 103, P. 8.

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