1.1.5 (ma31p): 5. Außenpolitik

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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5. Außenpolitik

In der zweiten Jahreshälfte 1926 stellten sich der deutschen Außenpolitik vornehmlich drei Aufgaben: Es galt, die alliierte Kontrolle der deutschen Entwaffnung zu beenden, die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund zu annehmbaren Bedingungen zu erreichen und die sogenannten Rückwirkungen des Locarno-Pakts so ergiebig wie möglich zu gestalten. Bei den „Rückwirkungen“ handelte es sich in erster Linie um den Abbau des Besatzungsregimes im Rheinland, den die Reichsregierung ebenso wie das Parlament und die öffentliche Meinung als alliierten Beitrag zur Politik der Verständigung und als Gegenleistung für die freiwillige deutsche Unterschrift unter den Locarno-Vertrag erwarteten68. In dieser Hinsicht hatte das Kabinett Luther bereits einige Erfolge verzeichnen können: Ende Januar 1926 war die Räumung der ersten (Kölner) Besatzungszone beendet, der Reichskommissar für die besetzten rheinischen Gebiete hatte in Koblenz seine Tätigkeit wiederaufgenommen, der Delegiertenapparat der Interalliierten Rheinlandkommission war beseitigt worden. Im September 1926 konnte die Regierung Marx eine Amnestievereinbarung für das besetzte Gebiet mit der Rheinlandkommission abschließen69. Dagegen stagnierten die Verhandlungen mit den Besatzungsmächten über eine Liberalisierung des Ordonnanzensystems und insbesondere über die Reduzierung der Besatzungstruppen in der zweiten und dritten Rheinlandzone. In einer Note vom 14. November 1925 hatte die alliierte Botschafterkonferenz eine „fühlbare“ Verminderung der Besatzungstruppen angekündigt, und seitdem hatte das Auswärtige Amt jede sich bietende Gelegenheit benutzt, um bei den Regierungen der Besatzungsmächte, vor allem Frankreichs, die Erfüllung jener Zusage zu erreichen70. Der französische Außenminister Briand hatte auch wiederholt sein Verständnis für die deutsche Forderung bekundet und schließlich den Abzug von einigen tausend Mann in Aussicht gestellt, aber die von deutscher Seite ungeduldig erwartete massive Reduktion der alliierten Besatzungsarmee auf annähernd die Stärke der deutschen Vorkriegsgarnisonen (ca. 50 000 Mann) blieb aus. Ende August 1926 stellte der Reichsminister für die besetzten Gebiete, Bell, enttäuscht fest, daß seit dem Abschluß des Locarno-Pakts sich die Gesamtzahl der Besatzungssoldaten in der zweiten und dritten Zone überhaupt nicht verringert habe. Bell vertrat die Auffassung, daß auf der bevorstehenden Völkerbundstagung im September, auf der[XXXVIII] die Aufnahme Deutschlands in den Bund vollzogen werden sollte, endlich ein überzeugendes Ergebnis in der Frage der Truppenverminderung, der Erleichterung der Quartierlasten und der Ordonnanzenreform erzielt werden müsse, andernfalls würde das Vertrauen der Bevölkerung auf den „Geist von Locarno“ erschüttert71.

68

Zu den „Rückwirkungen“ des Locarno-Vertrages vgl. diese Edition, Die Kabinette Luther I und II, S. XXXIV f., XXXVII.

69

Dok. Nr. 69, P. 4.

70

Dok. Nr. 69, Anm. 7 und 9.

71

Dok. Nr. 73.

Hinter dem Verlangen nach Truppenreduzierung verbarg sich als weiterreichendes Ziel der deutschen Außenpolitik die vollständige und vorfristige Räumung des besetzten Gebiets. Nach deutscher Auffassung hatte der Locarno-Vertrag, indem er die in Versailles festgelegte Ostgrenze Frankreichs und die entmilitarisierte Zone garantierte, das französische Sicherheitsbedürfnis befriedigt und damit die weitere Besetzung deutschen Territoriums überflüssig gemacht. Diese These, von Stresemann und Luther bereits während der Verhandlungen über den Locarno-Pakt vertreten, wurde von Frankreich nicht akzeptiert. Doch war in Paris, namentlich im Kreis um Briand und den französischen Finanzminister Caillaux der Gedanke erwogen und inoffiziell auch dem Auswärtigen Amt mitgeteilt worden, Deutschland eine wesentliche Abkürzung der im Friedensvertrag vorgesehenen Besetzungsfristen zu konzedieren, falls die deutsche Regierung zur Sanierung der abgleitenden französischen Währung eine beträchtliche Finanzhilfe zur Verfügung stellen würde, etwa im Wege der vorzeitigen Mobilisierung einer Tranche der im Dawes-Plan verankerten deutschen Eisenbahnobligationen. Die Weiterverfolgung solcher Pläne schien jedoch nach der Berufung Poincarés zum französischen Ministerpräsidenten und Finanzminister (23. Juli 1926) in Frage gestellt, hatte doch Poincaré erfolgversprechende deutsch-belgische Verhandlungen über die Rückgabe Eupen-Malmedys gegen finanzielle Kompensationen sogleich nach seinem Amtsantritt durch sein Veto blockiert72. Trotzdem blieb Stresemann weiterhin bemüht, seine guten persönlichen Beziehungen zu Briand, der im Kabinett Poincaré Außenminister geblieben war, für einen entscheidenden Durchbruch in der Räumungsfrage zu nutzen. In der Ministerbesprechung vom 2. September, in der die Marschroute für die deutsche Völkerbundsdelegation festgelegt wurde, ließ Stresemann sich vom Kabinett ermächtigen, mit Briand über ein Junktim zwischen Obligationenmobilisierung, Gesamträumung des besetzten Gebiets, Rückkauf der Saargruben und Rückgabe von Eupen-Malmedy zu verhandeln, sofern sich dazu in Genf eine Gelegenheit bieten sollte. Stresemann sagte zu, diese Verhandlungen mit äußerster Vorsicht und unter Berücksichtigung der von Reinhold und Curtius vorgetragenen Bedenken zu führen73.

72

Dok. Nr. 46.

73

Dok. Nr. 75, P. 2.

Nach dem Fiasko der Völkerbundstagung vom März 1926, als die geplante Aufnahme Deutschlands in die Genfer Liga wegen unüberbrückbarer Meinungsverschiedenheiten über die Schaffung neuer ständiger Ratssitze vertagt werden mußte74, hatte eine Studienkommission einen Kompromißvorschlag für die Erweiterung des Völkerbundsrates ausgearbeitet, dem die Reichsregierung schließlich zustimmte. Danach wurde die Zahl der nichtständigen Ratsmitglieder von sechs auf neun erhöht, von denen drei wiedergewählt werden konnten. Ein ständiger Ratssitz[XXXIX] wurde aber nur Deutschland zuerkannt, das damit formell den Status einer europäischen Großmacht erlangte. Am 10. September zog die deutsche Delegation unter Führung Stresemanns in den Völkerbund ein, von Briand mit einer enthusiastischen Rede begrüßt. Noch während der Völkerbundstagung trafen sich Stresemann und Briand am 17. September zu der insgeheim vorbereiteten Besprechung in Thoiry. Nach den Aufzeichnungen Stresemanns über diese Unterredung75 einigten sich die beiden Außenminister darauf, vorbehaltlich der Zustimmung ihrer Kabinette eine großzügige „Gesamtlösung“ der deutsch-französischen Probleme anzustreben, die im wesentlichen die folgenden Schritte bzw. Elemente umfassen sollte: die Räumung des Rheinlandes möglichst binnen Jahresfrist als Gegenleistung für die transferschutzfreie Mobilisierung deutscher Eisenbahnobligationen in Höhe von ca. 1,5 bis 2 Milliarden RM, von welchem Betrag die französische Regierung – gemäß dem alliierten Verteilungsschlüssel für deutsche Reparationsleistungen – etwa die Hälfte erhalten sollte; die Rückgliederung des Saargebiets ohne Volksabstimmung gegen den Rückkauf der Saargruben durch Deutschland für 300 Millionen RM; die Aufhebung der alliierten Militärkontrolle nach Erfüllung einiger strittiger Entwaffnungsforderungen; schließlich das Einverständnis Frankreichs mit der Fortführung der deutsch-belgischen Verhandlungen über die Rückgabe Eupen-Malmedys.

74

Vgl. diese Edition, Die Kabinette Luther I u. II, S. LVI ff.

75

ADAP, Serie B, Bd. I, 2, Dok. Nr. 88 und 94.

Staatssekretär Pünder, welcher der deutschen Völkerbundsdelegation angehörte, erstattete in der – wörtlich protokollierten – Ministerbesprechung vom 20. September dem Kabinett einen ausführlichen, stark optimistisch gestimmten Bericht über die Verhandlungen in Genf und die Unterredung von Thoiry76, während Stresemann die Reichsregierung einige Tage später nach seiner Rückkehr aus Genf informierte77. Die Stellungnahme der Minister zu der in Thoiry erörterten Lösung bewegte sich zwischen gedämpfter Hoffnung und Skepsis. Starke Bedenken wegen der zusätzlichen finanziellen Belastungen, die sich aus der Durchführung des Thoiry-Plans ergeben würden, äußerte vor allem Curtius. Zwar räumte er ein, daß die vollständige Befreiung der besetzten Gebiete ein außerordentliches wirtschaftliches Opfer rechtfertige. Zugleich verwies er jedoch auf den „erschreckend großen Geldbedarf Deutschlands gegenüber dem Ausland“, auf die ohnehin steigenden Zahlungsverpflichtungen auf Grund des Dawes-Plans und der deutschen Auslandsverschuldung bei voraussichtlich zunehmender Passivität der Handelsbilanz. Dennoch stimmte das Kabinett der Fortführung der in Thoiry eingeleiteten Verhandlungen zu und beauftragte einen engeren Ministerausschuß mit der Untersuchung der Detailfragen78. Dieser Ausschuß gelangte in den folgenden Wochen über unverbindliche Erörterungen der überaus komplexen Materie nicht hinaus, allerdings standen seine Beratungen auch unter dem Eindruck zunehmend ungünstiger Nachrichten über die Aufnahme des Thoiry-Projekts in den hauptinteressierten alliierten Ländern.

76

Dok. Nr. 83.

77

Dok. Nr. 84, P. 1.

78

Dok. Nr. 84, Anm. 11.

[XL] In Paris stieß Briand mit der Idee der „Generalbereinigung“ des deutsch-französischen Verhältnisses auf Widerspruch; Poincaré und die Gegner Briands im französischen Kabinett hielten das in Thoiry unterbreitete deutsche Finanzierungsangebot für unzulänglich und waren nicht bereit, dafür das sicherheits- und reparationspolitisch wertvolle Pfand der Rheinlandbesetzung vorzeitig aus der Hand zu geben. In England sprachen sich das Schatzamt und der Notenbankgouverneur Norman entschieden gegen eine Teilmobilisierung der Dawes-Obligationen zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus, weil dadurch die Endregelung der Reparationen und der interalliierten Schulden nachteilig präjudiziert würde. Eine erhebliche, wenn nicht ausschlaggebende Bedeutung kam in diesem Zusammenhang der Haltung der Vereinigten Staaten zu, denn abgesehen davon, daß Deutschland seit der Ingangsetzung des Dawes-Plans auf die außenpolitische Unterstützung und die Kredite der USA angewiesen war, konnte der finanzielle Teil des Thoiry-Programms nur mit Zustimmung und Beteiligung der amerikanischen Regierung und Finanzwelt realisiert werden. Die amerikanische Regierung gab indes deutlich zu verstehen, daß die Kommerzialisierung deutscher Eisenbahnobligationen zugunsten Frankreichs auf dem amerikanischen Kapitalmarkt erst in Betracht gezogen werden könne, wenn Frankreich sein Schuldenabkommen mit den USA ratifiziert haben würde79. Hierzu bestand aber in Paris vorerst keine Neigung, und schließlich gelang es Poincaré, die französische Währung auch ohne fremde Kapitalhilfe zu stabilisieren.

79

Dok. Nr. 89, P. 1. Zahlreiche Dokumente zur Nachgeschichte von Thoiry in ADAP, Serie B, Bd. I, 2. Zum Thoiry-Komplex vgl. Krüger, Die Außenpolitik von Weimar, S. 356 ff.

Sobald Stresemann erkannte, daß die in Thoiry besprochene Maximallösung wegen der mannigfaltigen Widerstände nicht durchzusetzen war, kehrte er, wie im Kabinett verabredet, unverzüglich zur Revisionspolitik der kleinen Schritte zurück. Als nächstes Teilziel wurde die Beseitigung der Militärkontrolle ins Auge gefaßt. Freilich bestanden in dieser Frage noch erhebliche Meinungsverschiedenheiten mit den westlichen Kontrollmächten, vor allem mit Frankreich. Im Zuge der Verhandlungen, die seit der alliierten Kollektivnote vom 4. Juni 1925 über die Abwicklung der Militärkontrolle geführt wurden80, hatten die IMKK und die alliierte Botschafterkonferenz dem Kabinett Marx im Juli und August 1926 eine Serie von Noten übermittelt, in denen die deutsche Regierung auf die noch nicht erfüllten Entwaffnungsverpflichtungen hingewiesen wurde. Die alliierten Beanstandungen und Forderungen betrafen hauptsächlich die Ausbildung der Wehrmacht an verbotenen Waffen, ungesetzliche Rekrutierungen und Reservebildungen der Reichswehr, die militärische Betätigung der nationalistischen Verbände, die zahlenmäßige Stärke der Polizei, die Neufassung des Kriegsmaterialgesetzes und den Ausbau der Befestigungen an der deutschen Ostgrenze. In Berlin wurden diese Reklamationen größtenteils als „kleinlich“ und überzogen beurteilt, als Resultat einseitiger, extensiver Interpretation der militärischen Klauseln des Versailler Vertrags. Nach der offiziellen These der Reichsregierung, wie sie auch in ihren Antwortnoten zum Ausdruck kam, war die deutsche Entwaffnung „materiell bereits abgeschlossen“ und hatte daher die IMKK ihre Existenzberechtigung verloren. Doch kam das Kabinett nicht[XLI] umhin, seine Bereitschaft zur Verständigung über die restlichen Entwaffnungsprobleme anzuzeigen, und in den internen Diskussionen mit der Reichswehr, den Reichsressorts, den Landesregierungen und der Industrie setzte sich Stresemann dafür ein, den alliierten Wünschen im Rahmen des sicherheits-, innen- und wirtschaftspolitisch Zumutbaren entgegenzukommen, um der Gegenseite keinen Vorwand für eine Verlängerung der Militärkontrolle zu liefern.

80

Vgl. diese Edition, Die Kabinette Luther I u. II, S. XXVIII f., XXXVII f.; Salewski, Entwaffnung und Militärkontrolle, S. 332 ff.

Bei den Verhandlungen deutscher Sachverständiger mit der IMKK und der Botschafterkonferenz zeichnete sich Ende November in den meisten der noch strittigen Entwaffnungsfragen eine Kompromißlösung ab, nur bei der Neufassung des Gesetzes über die Ein- und Ausfuhr von Kriegsmaterial und bei der Regelung der Festungsfrage gab es noch größere Differenzen. Unter Berufung auf den Geist von Locarno sowie mit dem Hinweis auf den Druck der deutschen öffentlichen Meinung und auf die gleichberechtigte Stellung Deutschlands im Völkerbund verlangte Stresemann nun immer nachdrücklicher die baldige Abberufung der IMKK. In diesem Punkt glaubte er auf der bevorstehenden Dezembertagung des Völkerbundsrates mit der Unterstützung Englands, Belgiens und Italiens rechnen zu können. Nicht eindeutig geklärt waren bisher die Rechte des Völkerbundes auf dem Gebiet der Entwaffnungskontrolle. Stresemann war sich mit dem Kabinett und dem Reichspräsidenten darin einig, daß eine Ersetzung der alliierten Militärkontrolle durch ein „permanentes“ Kontrollsystem des Völkerbundes keinesfalls zugestanden werden dürfe. Den deutschen Standpunkt zu dem in Artikel 213 des Friedensvertrags begründeten Investigationsrecht des Völkerbundes hatte Stresemann bereits in einer Note vom 12. Januar 1926 präzisiert: Danach sollte der Völkerbundsrat nur eine Investigation „von Fall zu Fall“, also bei einer konkreten Vertragsverletzung beschließen dürfen, dagegen nicht die Durchführung regelmäßiger Entwaffnungskontrollen und auch nicht die – von französischer Seite gewünschte – Einsetzung besonderer, ständiger Kontrollorgane (éléments stables) in der entmilitarisierten Rheinlandzone81.

81

Dok. Nr. 62, P. 4; 72; 75, P. 1; 83; 103; 112; 118, P. 2; 135, P. 1; 136.

Daß gerade beim Beginn der Genfer Ratstagung im Dezember, auf der die Entscheidung über die Militärkontrolle fallen sollte, die Presseenthüllungen über vertragswidrige Aktivitäten der Reichswehr sich häuften und die innenpolitische Auseinandersetzung mit der SPD über die Reichswehrpolitik sich krisenhaft zuspitzte, war der Reichsregierung höchst unbequem. Doch hatten diese Vorgänge offenbar nicht die von Stresemann zunächst befürchteten negativen Auswirkungen auf die internationalen Verhandlungen, zumal es der Regierung gelang, eine wehrpolitische Debatte im Reichstag bis nach dem Schluß der Genfer Konferenz zu verschieben82.

82

Dok. Nr. 138; 141, P. 4 und 5, bes. Anm. 17 und 18; 142; 152.

Während in Paris die Beratungen mit der Botschafterkonferenz über die unerledigten Spezialfragen der Entwaffnung weiterliefen, konnte Stresemann auf der Genfer Tagung in wechselvollen Verhandlungen mit Briand, Chamberlain und den Vertretern der übrigen Kontrollmächte eine abschließende Vereinbarung erzielen. Sie fand ihren Niederschlag in zwei Protokollen über die Völkerbundsinvestigation und über die Abwicklung der alliierten Militärkontrolle vom 11. und 12. Dezember[XLII] 1926, die dem deutschen Standpunkt weitgehend Rechnung trugen. Darin wurde die bedingungslose Zurückziehung der IMKK zum 31. Januar 1927 zugesagt. Nach diesem Zeitpunkt sollte die Kontrollbefugnis gemäß Artikel 213 auf den Völkerbund übergehen, doch war in dem diesbezüglichen Protokoll von einem permanenten Investigationsrecht des Völkerbundes nicht die Rede, und die Einsetzung besonderer Kontrollorgane in der entmilitarisierten Zone blieb einem künftigen Abkommen der interessierten Staaten vorbehalten83.

83

Dok. Nr. 139; 140; 147151; 156, P. 1.

Wie in Genf vereinbart, wurden im Januar 1927 die deutsch-alliierten Verhandlungen über die beiden wichtigsten noch ungeklärten Restpunkte des Entwaffnungsprogramms, über das Kriegsmaterialgesetz und die deutschen Ostbefestigungen, fortgesetzt und nach beiderseitigen Zugeständnissen zum Abschluß gebracht. Daraufhin stellte die IMKK ihre Tätigkeit termingerecht am 31. Januar 1927 ein84. Wenn auch die auf Thoiry gesetzten Hoffnungen sich nicht erfüllt hatten und die erstrebte Gesamträumung des Rheinlandes in weite Ferne gerückt schien, so konnte die Reichsregierung doch mit dem Abzug der Interalliierten Militärkontrollkommission einen Teilerfolg bei ihren Bemühungen um die Wiederherstellung der Souveränität des Reiches verbuchen. Der deutsche Botschafter in Paris, v. Hoesch, der an den Verhandlungen mit den alliierten Kontrollorganen maßgeblich mitgewirkt hatte, wertete die Liquidierung der IMKK als „ein wichtiges Datum in der Geschichte der Freimachung Deutschlands vom fremden Druck“85.

84

Dok. Nr. 165; 166, P. 1; 174, P. 1; 178, P. 1; 182, P. 1.

85

ADAP, Serie B, Bd. IV, Dok. Nr. 92.

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