1.142.2 (ma32p): 2. Phoebus-Film-Gesellschaft.

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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[1193]2. Phoebus-Film-Gesellschaft.

Der Reichskanzler machte Mitteilungen von dem Inhalt eines Briefes des Reichsministers a.D. Reinhold, in dem dieser seine Erinnerung über das Zustandekommen der Reichsbürgschaft vom 26. März 1926 wiedergibt5.

5

Siehe dazu Dok. Nr. 345, Anm. 4 und Dok. Nr. 372, Anm. 4.

Der Reichskanzler teilte ferner mit, daß er es für zweckmäßig halte, wenn die Reichsregierung im Reichstage zu dieser Angelegenheit eine sorgfältig formulierte Auskunft gebe, deren Wortlaut zwischen den Ressorts und Staatsminister a.D. Saemisch zu vereinbaren sein werde. Von wem diese Mitteilung ausgehen solle, würde später zu entscheiden sein6.

6

In der Plenarsitzung des RT vom 20.1.28 gab RK Marx eine Regierungserklärung zur Phoebus-Angelegenheit ab (RT-Bd. 394, S. 12246  f.; Schultheß 1928, S. 28 f.). Zuvor hatte der RK den Entwurf dieser Erklärung in Besprechungen mit Vertretern der SPD-Fraktion am 19. 1. sowie der DDP-Fraktion am 20.1.28 zur Diskussion gestellt (Aufzeichnungen Plancks über diese Besprechungen und Entwurf der Erklärung in R 43 I /603 , Bl. 196–204).

Der Präsident des Rechnungshofes legte sodann den Entwurf einer Regelung der Kontrolle geheimer Ausgaben der Ressorts vor7.

7

Der Entwurf für den folgenden Kabinettsbeschluß über die Kontrolle geheimer Ausgaben befindet sich im Nachl. Saemisch , Nr. 176, Bl. 27–29; siehe dort auch Bl. 22–26.

Nach eingehender Aussprache wurde folgender Wortlaut vom Reichskabinett als Grundlage der zukünftigen Regelung beschlossen:

1. Die Ressorts, aus deren Haushalten Ausgaben geleistet sind, deren tatsächlicher Verwendungszweck nicht ohne weiteres aus den Haushaltsansätzen ersichtlich ist, sind verpflichtet, das in ihrem Geschäftsbereich darüber vorhandene Material dem Rechnungshof anläßlich der von diesem vorzunehmenden Rechnungsprüfungen, beginnend mit dem Rechnungsjahre 1924, zur Prüfung bereitzustellen und ihre nachgeordneten Behörden dementsprechend zu verständigen. Die Offenlegung des Materials hat ohne besondere Aufforderung zu erfolgen; alle Dienststellen haben den mit der Prüfung beauftragten Beamten des Rechnungshofs über alle den Zahlungsvorgängen zu Grunde liegenden Tatsachen vorbehaltlos und uneingeschränkt Auskunft zu geben.

Ausgenommen sind die in den Haushaltsplänen ausdrücklich als Geheimfonds bezeichneten Ansätze, die nach § 89 R.H.O.8 der Prüfung durch den Rechnungshof nicht unterliegen oder sonst auf Grund gesetzlicher Bestimmung der Kontrolle durch den Rechnungshof nicht unterworfen sind.

8

Reichshaushaltsordnung vom 31.12.22 (RGBl. 1923 II, S. 17 ).

2. Der Rechnungshof wird unter Beteiligung des Reichsministers der Finanzen und des jeweils zuständigen Reichsministers, aus dessen Haushalt Ausgaben der zu Absatz 1 bezeichneten Art geleistet worden sind, solchen dem Rechnungsausschuß angehörenden Abgeordneten, mit deren Fraktionen Besprechungen seitens der Reichsregierungen abgehalten zu werden pflegen, zu gegebener Zeit den notwendigen Aufschluß in zweckentsprechendem Umfange geben.

3. Die Ausgaben der zu Absatz 1 bezeichneten Art werden bei der Aufstellung des Reichshaushaltsplans von der Gesamtverantwortung des Reichskabinetts gedeckt und bedürfen seiner ausdrücklichen Zustimmung. Um den[1194] Reichsministern die Verantwortung dafür, daß derartige Ausgaben dem so beschlossenen Zweck entsprechend verwendet werden, zu erleichtern, wird ein Ausschuß gebildet, dem die fortlaufende Überwachung der Verwendung der in Betracht kommenden Mittel übertragen wird. Der Ausschuß wird paritätisch aus Angehörigen des Ressorts des verantwortlichen Ministers, des Reichsfinanzministeriums und des Rechnungshofs zusammengesetzt. Dem Ausschuß wird ein fester Plan über die Verwendung der Mittel vorgelegt. Der Ausschuß wird sich in angemessenen Zeitabschnitten davon überzeugen, daß die Mittel ihrem Zweck entsprechend verwendet werden. Der späteren Rechnungsprüfung wird durch den Ausschuß nicht vorgegriffen; sie bleibt ausschließlich dem Rechnungshof vorbehalten und vollzieht sich nach den Ziffern 1 und 2.

Das Reichskabinett beschloß, daß die Ziffern 1 und 3 dieser Bestimmung den Ressorts im Wortlaut zum weiteren Gebrauch mitzuteilen seien. Ziffer 2 soll lediglich dem Rechnungshof als Unterlage dienen und ganz geheim gehalten werden.

Der Reichskanzler erklärte ferner, daß er eine grundsätzliche Klarstellung der Frage der allgemeinen Landesverteidigung unter den Ressorts und zwischen Reich und Preußen noch vor dem Zusammentritt des Reichstages für erforderlich halte9. Nach Möglichkeit solle zunächst eine vom Reichsminister des Auswärtigen erbetene Chefbesprechung unter dem Vorsitz des Reichskanzlers im Laufe der nächsten Woche stattfinden10.

9

Siehe dazu: ADAP, Serie B, Bd. VII, Dok. Nr. 53 und Nr. 122, dort auch Anm. 6.

10

Eine Aufzeichnung über die in Aussicht genommene Chefbesprechung unter Vorsitz des RK konnte nicht ermittelt werden. Zur weiteren Behandlung der Frage siehe: ADAP, Serie B, Bd. VIII, Dok. Nr. 68, 105 und 231; Bd. IX, Dok. Nr. 17. Zum Gesamtzusammenhang vgl. Carsten, Reichswehr und Politik 1918–1933, S. 287 ff.

Es wurde hierauf der Direktor der Reichskredit-Gesellschaft Ritscher zur Beratung der weiteren Verwertung der Phoebus-Film-Gesellschaft hinzugezogen.

Direktor Ritscher trug folgende Möglichkeiten des Verkaufs der Phoebus-Film-Gesellschaft vor11:

11

Einige Schreiben und Aufzeichnungen – u. a. von Ritscher – über die Verwertung der Phoebus-Film AG im Nachl. Saemisch , Nr. 176.

1. an die Terra-Film-Gesellschaft mit Unterbeteiligung der Ufa-Film-Gesellschaft.

Die Terra biete 2½ Millionen für die Übernahme der Theater und stelle für die übrigen Aktiven eine loyale Durchführung der Liquidation in Aussicht, woraus vielleicht noch 1,8 Millionen Reichsmark erzielt werden würden. Erschwerend sei hierbei der ungünstige, mit dem Europahaus abgeschlossene Vertrag. Einige der Theater würden bei dieser Transaktion an die Ufa-Film-Gesellschaft fallen. Der Verlust des Reiches könne in diesem Falle etwa auf 7,7 Millionen veranschlagt werden.

2. habe Herr von Lustig die Auszahlung von 4 Millionen Reichsmark für Übernahme der ganzen Phoebus-Film-Gesellschaft angeboten. In erster Linie werde hierbei die Emelka-Gesellschaft die Phoebus-Unternehmen übernehmen. Zur Zeit seien amerikanische Einflüsse nicht vorhanden. Herr von Lustig habe sich in dieser Beziehung für die Zukunft aber nicht binden wollen.

[1195] 3. Ein drittes Angebot sei das des Herrn Sklarz. Hierbei handele es sich allem Anschein nach in erster Linie darum, russischen Filmen eine breitere Aufführungsmöglichkeit in Deutschland zu schaffen.

Für die Reichskredit-Gesellschaft sei es dringend erforderlich, noch in diesen Tagen Weisung zu erhalten, in welcher Richtung sie die Verhandlungen weiterführen dürfe.

Es sei endlich zu erwägen, ob nicht das Reich für den Fall, daß diese Verkaufsverhandlungen sämtlich nicht günstig liefen, sich bereit finden könne, die Phoebus-Film-Gesellschaft vorläufig selbst weiterzuführen.

Die Sitzung wurde hierauf abgebrochen und die Weiterberatung des Gegenstandes auf eine Ministerbesprechung am Nachmittag des gleichen Tages vertagt12.

12

Siehe Dok. Nr. 385, P. 4.

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