1.32.3 (vpa2p): 3. Verwaltungsreform.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 12). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Das Kabinett von Papen Band 2Das Kabinett von Papen Bild 183-R1230-505Wahllokal in Berlin Bild 102-03497AGöring, Esser und Rauch B 145 Bild-P046294Ausnahmezustand in Berlin während des „Preußenschlages“.Bild 102-13679

Extras:

 

Text

RTF

3. Verwaltungsreform11.

11

Zur Vorgeschichte s. Dok. Nr. 5, P. 2; 17; 31; P. 3 und 3 d. – Im Auftrage des RFM hatte der RSparKom. schon am 17.6.32 eine (überwiegend stichwortartige) Ausarbeitung über alle ihm notwendig erscheinenden Verwaltungsreformmaßnahmen (u. a. Neuorganisation der Reichsministerien, Aufhebung von Provinzialbehörden, Abbau verschiedener Reichsverwaltungen, Personalabbau) und am 30.7.32 eine umfangreiche diesbez Denkschrift („Grundriß einer Verwaltungsreform für Reich, Länder und Gemeinden“, 40 Seiten) vorgelegt (R 43 I /1953 , Bl. 80–98, 190–211). Vgl. hierzu auch Dok. Nr. 97, dort bes. Anm 3, 5, 8, 18 und 28.

Der Reichsminister des Innern trug den Inhalt der beiliegenden Ersten Verordnung des Reichspräsidenten zur Verwaltungsreform vor12.

12

Der vom RIM am 22. 9. an den StSRkei übermittelte VOEntwurf sah eine Neuabgrenzung verschiedener Reichsverwaltungsbezirke mit dem Ziel der Einsparung entbehrlicher Behörden in folgender Richtung vor: 1) Aufhebung der Landesfinanzämter Oldenburg und Unterweser und Vereinigung ihrer Bezirke mit dem des Landesfinanzamts Hannover; Aufhebung der Landesfinanzämter Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Lübeck, an ihrer Stelle sollte ein neues Landesfinanzamt in Kiel treten; Aufhebung der Landesfinanzämter Darmstadt und Kassel; 2) Verminderung örtlicher Dienststellen (§§ 5 und 6) durch Aufhebung von 25 Finanzämtern, 10 Hauptzollämtern, 10 Zollämtern und 25 Reichsbauämtern bis 1935; 3) Aufhebung der Oberpostdirektionen Gumbinnen, Konstanz, Minden, Braunschweig, Halle, Landshut, Darmstadt, Liegnitz, Bamberg, Kiel, Oldenburg, Trier, Aachen, Köslin und Regensburg bis 1936; 4) Aufhebung von Reichsbahndirektionen durch Zusammenlegung kleinerer Direktionen nach dem Ermessen der Dt. Reichsbahn-Gesellschaft; 5) Aufhebung von Arbeitsämtern, Umwandlung selbständiger Arbeitsämter in Nebenstellen nach dem Ermessen der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. – In seinem Begleitschreiben hatte der RIM mitgeteilt, daß der VOEntwurf „auf Vorschläge des Herrn Reichssparkommissars“ (vgl. oben Anm 11) zurückgehe, und weiter ausgeführt: „Eine große Zahl weiterer Reformvorschläge harrt der Entscheidung. Teilweise werden diese Fragen nach kurzen Verhandlungen mit den beteiligten Ressorts spruchreif sein; für eine Reihe weitere Entscheidungen bedarf es hingegen noch eingehender Vorarbeiten. Um alle diese Fälle möglichst bald abzuschließen, vor allem aber um bei den Einzelarbeiten eine allgemeine Richtlinie zu wahren, rege ich an, einen aus Vertretern der an der Verwaltungsreform führend beteiligten Reichsstellen – Reichsinnenministerium, Reichsfinanzministerium, Reichssparkommissar – bestehenden Ausschuß, dessen Federführung mir obliegen würde, zu ermächtigen, das Erforderliche beschleunigt in die Wege zu leiten. Der Ausschuß und seine Mitglieder müssen das Recht auf Auskunftserteilung und Mitwirkung durch alle Reichsministerien haben.“ (R 43 I /1953 , Bl. 275–281).

[722] Vor Eintritt in die Einzelaussprache schlug der Reichsminister der Finanzen dringend vor, vor der Veröffentlichung der Verordnung mit den beteiligten Ländern Fühlung zu nehmen. Er wies darauf hin, daß manche Länder durch die Verordnung zu hart betroffen würden. So z. B. solle Oldenburg die Oberpostdirektion, das Landesfinanzamt, die Landesversicherungsanstalt und seines Wissens auch die Reichsbahndirektion verlieren; Braunschweig und Darmstadt je ein Landesfinanzamt und eine Oberpostdirektion.

Der Reichsminister des Innern stimmte dem Vorschlage des Reichsministers der Finanzen zu. Er betonte, daß Härten nach Möglichkeit vermieden werden müßten.

Es wurden sodann die einzelnen Paragraphen der Verordnung durchgesprochen.

Reichsfinanzverwaltung.

Die Landesfinanzämter Oldenburg, Bremen13 und Schwerin werden fallen. Für Bremen nahm der Reichsminister der Finanzen in Aussicht, eine Zollabteilung des Landesfinanzamtes Hannover dort zu errichten, wenn sich dies in den Verhandlungen mit Bremen als notwendig erweist. Diese Zollabteilung würde also für den ganzen Bezirk des neuen Landesfinanzamts Hannover zuständig sein.

13

Gegen die Absicht, das Landesfinanzamt Unterweser (Sitz: Bremen) aufzuheben, hatte der Bremer Senatspräsident Donandt mit Schreiben an StS Zarden vom 21. 9. lebhaft protestiert und dazu betont, „daß die etwa zu erzielenden Ersparnisse (d. h. einige wenige höhere Beamtenstellen) in gar keinem Verhältnis stehen würden zu den unmittelbaren und mittelbaren Nachteilen, die eine Verlegung dieser wichtigen Behörde für Bremen und die bremische Wirtschaft mit sich bringen müßte.“ Es sei zu befürchten, daß durch „eine solche Maßnahme dem Ansehen Bremens nach außen hin Abbruch geschehe und die schwerringende bremische Wirtschaft erneute Erschwerung und Benachteiligung erfahre“ (R 43 I /1953 , Bl. 307–308).

Zu § 4 wünschte der Reichsminister der Finanzen eine elastischere Fassung, die es ihm ermöglicht, die Zuteilung der Länderexklaven an das geeignete Landesfinanzamt je nach Wahl vorzunehmen14.

14

§ 4 des VOEntwurfs: „Für abgesprengte Gebietsteile der Länder (Exklaven) sind die umschließenden Reichsfinanzbehörden zuständig. Hinsichtlich der Landesaufgaben kann der Reichsminister der Finanzen auf Antrag des Landes eine abweichende Regelung treffen. – Die Durchführungsbestimmungen erläßt der Reichsminister der Finanzen; die Abgrenzung der neuen Bezirke erfolgt im Benehmen mit dem Reichsminister des Innern.“

Die §§ 5 und 6, in denen von den aufzuhebenden Finanzämtern, Hauptzollämtern,[723] Zollämtern und Reichsbauämtern die Rede ist15, sollen voraussichtlich fortfallen, weil die Organisationsmaßnahmen in der Ortsinstanz nicht zur Aufnahme in die grundlegende VO geeignet erscheinen und weil außerdem die Zahlen, die hier genannt werden, ein unzutreffendes Bild von dem tatsächlich schon getätigten Abbau ergeben.

15

Vgl. oben Anm 12.

Reichsversorgungsverwaltung.

§ 7, der das aufzuhebende Hauptversorgungsamt Stuttgart und zwei aufzuhebende Versorgungsämter16 enthält17, soll gestrichen werden. Sachlich beabsichtigt der Reichsarbeitsminister ebenfalls die Aufhebung des Hauptversorgungsamts Württemberg, aus der sich auch der Fortfall von Versorgungsämtern ergeben würde. Die nur beschränkten Teilmaßnahmen hinsichtlich der Versorgungsverwaltung erscheinen hier zu dürftig, so daß sie besser fortbleiben sollen. Eine Ermächtigung zu den in Rede stehenden Maßnahmen hat die Reichsregierung bereits anderweitig erteilt18.

16

Ellwangen und Rottweil.

17

§ 7 außerdem: „Der Bezirk des bisherigen Hauptversorgungsamts Württemberg wird dem Hauptversorgungsamt Baden in Karlsruhe zugelegt.“ Dieses solle in Zukunft die Bezeichnung „Hauptversorgungsamt Südwestdeutschland“ führen.

18

Durch Teil II, § 1 Abs. 2 der NotVO vom 4.9.32 (RGBl. I, S. 425 , 428).

Reichspost.

Die O. P. D. Gumbinnen bleibt erhalten, desgl. vermutlich auch die in Oldenburg. Bei ersterer sprechen grenzpolitische Gründe für die Erhaltung, bei letzterer die Tatsache, daß es nicht tragbar erscheint, Oldenburg gleichzeitig 3 Reichsmittelbehörden fortzunehmen.

Die Aufhebung der O. P. D. Trier soll in die Form einer dem Reichspostminister zu erteilenden Ermächtigung gekleidet werden. Wenn nämlich nach der Rückgliederung des Saargebiets die Reichsbahn ihre Trierer Direktion nach Saarbrücken verlegt, würde die Post in Trier bleiben. Bleibt die Reichsbahn in Trier, so fällt die O. P. D. Trier durch Errichtung einer O. P. D. Saarbrücken.

§ 9 Abs. 2 und 3 (aufzuhebende Telegraphenämter und Telegraphenzeugämter) soll aus dem gleichen Grunde fallen, aus dem die §§ 5 und 6 gestrichen werden, falls diese Streichung endgültig wird.

Staatssekretär Dr. Sautter wies darauf hin, daß die Präsidenten der Oberpostdirektionen, deren Bezirken aufgelöste Oberpostdirektionen zugeteilt würden, gemäß der Vergrößerung ihrer Bezirke in der Gehaltsskala höher eingestuft werden müßten. Umgekehrt beabsichtige das Reichspostministerium, die Präsidentenstellen der aufgelösten Oberpostdirektionen in die Stellen von Abteilungsdirektoren umzuwandeln.

Bedenken hiergegen wurden nicht geäußert.

Auswärtiges Amt.

§ 11 soll gestrichen werden.19.

19

§ 11 des VOEntwurfs sah die Auffhebung von 20 Berufskonsulaten und ihre Ersetzung – soweit erforderlich – durch Wahlkonsulate vor.

Der Reichsminister des Auswärtigen führte aus, daß er von der Verordnung bisher keine Kenntnis gehabt habe. Er müsse gegen die Aufhebung von 20 Berufskonsulaten protestieren.

[724] Staatssekretär Meissner teilte mit, daß der Herr Reichspräsident gleichfalls gegen die Aufhebung von 20 Berufskonsulaten schwere Bedenken habe. Der Herr Reichspräsident neige der Auffassung zu, daß schon genügend Konsulate aufgehoben worden seien. Es sei im übrigen in heutiger Zeit sehr schwierig, Wahlkonsuln zu bekommen.

Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft.

Die D. R. G. ist grundsätzlich mit der im § 12 an sie gerichteten Aufforderung20 einverstanden; sie ist jedoch durch Staatsverträge gehindert, die als notwendig erkannten Maßnahmen durchzuführen; sie hofft, vor allem gegenüber kleineren Ländern mit Hilfe des RFM Widerstände der Länder durch entsprechende Kompensationen (Finanzausgleich) zu überwinden.

20

Vgl. oben Anm 12, dort unter 4.

Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung.

§ 13 bleibt21, obwohl rechtlich die Reichsregierung schon anderweitig in der Lage wäre, die erforderlichen Organisationsmaßnahmen zu treffen.

21

Vgl. oben Anm 12, dort unter 5.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft schlug vor, die Arbeitsamtsnebenstellen den Landratsämtern zu übertragen.

Der Reichskanzler begrüßte diesen Vorschlag.

Der Reichsminister des Innern erbat ferner folgenden Kabinettsbeschluß:

„Zur beschleunigten Durchführung einer Verwaltungsvereinfachung wird ein Ausschuß eingesetzt, bestehend aus dem Reichsminister des Innern, dem Reichsminister der Finanzen und dem Reichssparkommissar oder deren Vertretern. Der Ausschuß legt in kürzester Frist der Reichsregierung Vorschläge für Vereinfachungsmaßnahmen vor oder veranlaßt deren Vorlage durch das federführende Ressort. Die Mitglieder des Ausschusses haben das Recht, sich unmittelbar an alle Reichsministerien und deren Beamte mit dem Ersuchen um Auskunft zu wenden. Die Ministerien werden den Ersuchen des Ausschusses und seiner Mitglieder entsprechen. Jedes Ressort hat dem Ausschuß einen Referenten zu benennen, der den Verkehr zwischen dem Ausschuß und dem Ressort vermittelt.“

Das Reichskabinett stimmte dem beantragten Beschluß zu22.

22

Der VOEntwurf kam in der Zeit der Kabinette Papen und Schleicher nicht wieder auf die Tagesordnung der RReg. Einer der Hauptgründe für das Fehlschlagen der Verwaltungsreformbemühungen dürfte in dem Widerstand der betroffenen Landesregierungen, Provinzialbehörden und Kommunen gelegen haben, die in den folgenden Monaten mit großem Nachdruck gegen die Absichten der RReg. protestierten (18 diesbez. Eingaben der genannten Behörden in R 43 I /1953 ). – Am 24.1.33 schrieb Wienstein im Auftrage des RK an das Braunschw. StMin. u. a.: Er könne „ergebenst darauf hinweisen, daß endgültige Entschließungen der Reichsregierung in der Frage der Reichsverwaltungsreform nicht vorliegen“ (ebd., Bl. 448).

Extras (Fußzeile):