2.210.7 (wir1p): 7. Notstandsmaßnahmen im Falle eines Streiks

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[574]7. Notstandsmaßnahmen im Falle eines Streiks7

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Das Protokoll zu diesem Punkt hatte ursprünglich anders gelautet; es wurde aufgrund eines Schreibens des RIM vom 27.2.1922 an den StSRkei vom RIMin. neu gefaßt, um den Beschluß möglichst klar zum Ausdruck zu bringen (R 43 I /2120 , Bl. 91 f.).

Auf Grund der Erfahrungen des letzten Streiks der lebenswichtigen Betriebe sind im Reichsministerium des Innern zur besseren Vorbereitung gegen die in solchen Fällen eintretenden Notstände die in der Vorlage Rk. 1220 (R.M. d. J. I 878) niedergelegten Forderungen aufgestellt worden8.

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Das RIM hatte die mit Begleitschreiben vom 10.2.1922 dem RK folgenden Forderungen zur Sicherung der Notstandsversorgung zugesandt: „1. a) Das „Notnetz“, das im Falle eines Streiks der Elektrizitätswerke zu beliefern ist, muß genau festgestellt werden. b) Im Falle eines Streiks der Elektrizitätswerke muß der Magistrat oder Arbeitgeber sofort die Streikleitung vor die Frage stellen, ob sie das Notnetz beliefern will oder nicht. Bei Bejahung ist den Arbeitern die Belieferung zu überlassen, falls nicht besondere Gründe eine Abweichung rechtfertigen. Bei Verneinung und bei Nichterfüllung der Zusage ist sofort die „Technische Nothilfe“ zu benachrichtigen. Eine Frist für die Beantwortung ist in der Regel nicht zu lassen; äußerstenfalls ist sie so zu bemessen, daß der Einsatz der Technischen Nothilfe noch am hellen Tage gesichert ist. c) Schon während der friedlichen Zeit ist den Betriebsräten der Elektrizitätswerke und den Gewerkschaften das Notnetz mitzuteilen und ihnen das zu b) bezeichnete Verfahren zur Kenntnis zu geben. Es kann mit ihnen auch in normalen Zeiten über den Umfang des Netzes verhandelt werden, doch treffen die Entscheidungen lediglich die Behörden. d) Schon in friedlichen Zeiten ist die notwendige technische Vorsorge wegen der Abschnürung des Notnetzes zu treffen. e) Erweiterungen der behördlichen Anforderungen mit Rücksicht auf eine eingetretene Notlage sind vorbehalten. f) Entsprechende Vorbereitungen für Streiks in Gas- und Wasserwerken unter Berücksichtigung der für sie geltenden besonderen Verhältnisse zu treffen. – 2. Zivilalarm der Behörden. Durch Vereinbarung der beteiligten Behörden des Reichs, Preußens und Berlins sind Regeln für einen Zivilalarm aufzustellen. a) Es ist eine Liste derjenigen Dienststellen und Beamten aufzustellen, die im Falle des Zivilalarms jederzeit telephonisch erreichbar sein müssen. b) In den beteiligten Amtsstellen ist der Telephondienst für den Fall des Zivilalarms entsprechend zu regeln. c) Die Post läßt die betreffenden Leitungen bevorzugt bedienen. d) Der Nachtdienst in den in Frage kommenden Ministerien, Polizeipräsidien, Pressestellen, Magistraten usw. ist im voraus zu regeln. Die Liste muß hierüber Angaben enthalten. e) Alle beteiligten Stellen befinden sich im Besitz der Liste und ihrer Ergänzungen. 3. Automobildienst. a) Im voraus ist ein Verfahren festzulegen, durch das im entscheidenden Zeitpunkt die Regierung für wichtige Aufgaben in den Besitz einer größeren Zahl von Lastkraftwagen und Personenkraftwagen gelangen kann. […] 4. Besondere Lichtversorgung der Reichsbehörden. Trotz der unter 1 getroffenen Vorsichtsmaßnahmen ist erneut zu versuchen, eine besondere Kraftanlage für die Lichtversorgung der Regierungsgebäude im Hauptregierungsviertel zu schaffen. Mit der Durchführung dieses Programms wird zu 1, 2 und 3 b das Reichsministerium des Innern und zu 3 a und 4 das Reichsschatzministerium federführend beauftragt. Über das Ergebnis ist im Kabinett zum ersten jeden Monats ohne besondere Aufforderung bis zur Durchführung zu berichten.“ (R 43 I /2120 , Bl. 79-81).

Das Kabinett stimmt nach längerer Beratung den Vorschlägen der Vorlage mit folgenden Änderungen zu:

Zu 1c: Es wurde der Wunsch ausgesprochen, daß mit den Gewerkschaften auf jeden Fall schon in normalen Zeiten über den Umfang des Notnetzes verhandelt werden soll; die Entscheidung soll der zuständigen Behörde zustehen.

Zu 3a: Die Vorsorge für die Bereitstellung der Automobile übernimmt an Stelle des Schatzministeriums das Reichspostministerium.

Zu 4: Vom Postministerium wird der Anschluß der Telegraphenämter, vom Wehrministerium der Anschluß des Wehrministeriums und vom Verkehrsministerium der Anschluß der Bahnhöfe an die besonderen Kraftanlagen gewünscht, der jedoch wegen der großen Zahl und der Entfernung auf einzelnen Bahnhöfen[575] von einander nicht gut durchführbar sein wird. Da es zweifelhaft bleibt, ob diese Wünsche erfüllt werden können, wird betont, daß die Hauptsache die Sicherung der Notstandsversorgung für alle beteiligten Behörden auf dem zu 1) gegebenen Wege sei. Daneben soll versucht werden, mindestens das engere Regierungsviertel in der Wilhelmstraße mit einer kleineren Kraftanlage zu versehen.

Die weitere Veranlassung übernimmt zu 4) das Reichsschatzministerium, im übrigen – abgesehen von der Bereitstellung der Automobile, die das Reichspostministerium vorbereiten wird – das Reichsministerium des Innern9.

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Siehe Dok. Nr. 285, P. 8.

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