1.101.5 (wir2p): IV. Hoheitsrechte der Länder.

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IV. Hoheitsrechte der Länder.

Graf Lerchenfeld betonte, daß es von großer Bedeutung sei, eine Erklärung zu bekommen, die eine gewisse Bestimmung darüber brächte, daß in Hoheitsrechte der Länder ohne deren Zustimmung nicht eingegriffen werden dürfte. Er überreichte die Anlage 67. Drei Wege gäbe es, um nach dieser Richtung hin etwas zu erreichen. Der erste sei die Einführung einer entsprechenden Verfassungsbestimmung. Nachdem jedoch der Herr Reichskanzler gestern ausgeführt habe, daß nach Lage der politischen Verhältnisse im Reich eine solche nicht zu erzielen sein würde, müsse man hiervon vielleicht Abstand nehmen. Der zweite Weg sei der einer Interpretation der Verfassung durch eine authentische Deklaration. Der dritte Weg, den man gehen könnte, sei der, daß die augenblickliche Regierung eine solche Deklaration erlasse, der eine besondere Bedeutung beigelegt würde, wenn die maßgebenden Parteien des Reichstags durch ihre Parteihäupter sich der Deklaration anschließen würden. Vielleicht würde der letztere Weg gangbar sein.

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Siehe Dok. Nr. 338 Anm. 11.

Der Reichskanzler erwiderte, daß, wenn die Reichsregierung eine solche Erklärung abgebe, sie nicht nur Bayern gegenüber abgegeben werden könnte, sondern allen Ländern [gegenüber]. Er glaube, daß es zweckmäßig sei, eine solche Erklärung dann im Reichstag zu wiederholen. Was den Inhalt anlange, so könne sie vielleicht noch weitergehend, etwa dahin gefaßt werden, daß die bisherigen Eingriffe in die Hoheitsrechte der Länder, wie sie vorgekommen seien, gewisse Lebensnotwendigkeiten des Reichs hätten sichern müssen; daß[1004] ferner, nachdem diese in gewissem Sinne gesichert seien, die Reichsregierung nicht beabsichtige, durch weitere gesetzliche Vorlagen in die Hoheitsrechte der Länder einzugreifen. Er für seine Person sei zu einer solchen politischen Erklärung bereit. Nach seiner Auffassung sei es für die bayerische Auffassung im Sinne der gemäßigten Haltung wichtig, im Reichstag Boden zu gewinnen. Er selbst sei Badener, und er wolle nur bemerken, daß er seiner Zeit bei der Verreichlichung der Reichsfinanzverwaltung selbst lebhaft dagegen gekämpft habe. Er sei bereit, die politische Erklärung auch im Namen der Reichsregierung abzugeben und hinzuzufügen, daß die Erklärung im Reichstag wiederholt werden würde und der Reichstag vor die Vertrauensfrage gestellt werde. Hierbei wolle er darauf hinweisen, daß nach Art. 56 der Reichsverfassung der Reichskanzler die Richtlinien der Politik bestimme. Diese Erklärung solle eine bedeutsame werden, damit in ganz Süddeutschland ein vollster Erfolg erzielt werde. Er glaube, daß auch die Sozialdemokratie in den süddeutschen Ländern für eine solche Erklärung Verständnis haben werde. Im Reich würde er mit den entsprechenden Parteien Fühlung nehmen, glaubte, daß auch die Sozialdemokratie dafür zu bekommen sein werde. Jedenfalls sei dieser Weg besser als der einer Verfassungsänderung, bei dem eine Niederlage gewiß sein würde.

Der bayerische Minister des Innern betonte nochmals den Standpunkt, daß eine endgültige Sicherung nur durch eine Änderung der Verfassung erreicht werden könne. Vielleicht könne man wenigstens in der Erklärung noch darauf hinweisen, daß die Verfassung insoweit ergänzungsbedürftig sei.

Es wurde sodann beschlossen, daß um 3 Uhr die zuständigen Herren Reichsminister die politische Erklärung vorbereiten, um 4 Uhr die Einzelbesprechung wegen der 3 Gesetze mit den bayerischen Herren stattfinden und daß um 5 Uhr die Plenarverhandlung wieder beginnen soll.

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