1.12.1 (wir2p): [1. Beschluss des Devisenbeirats.]

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[1. Beschluss des Devisenbeirats2.]

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Mitglieder des Devisenbeirats bei der Devisenbeschaffungsstelle waren F. von Mendelssohn, Dr. Friedrich, Dr. Ritter, Schmidt, Ritscher, Mackencz, Bücher, Pohle (R 43 I /2444 , Bl. 257 f.). Der hier zur Debatte stehende Beschluß des Devisenbeirats geht aus dem Schreiben des StS Heinrici an den StSRkei vom 13.4.1922 hervor: „Der Devisenbeirat hat in seiner heutigen Sitzung nachstehenden Beschluß gefaßt: Um die für die dringend notwendigen Getreideeinkäufe benötigten Devisen zu beschaffen, hält es der Devisenbeirat für unabweisbar, daß das Reichsfinanzministerium die Erträge der Exportdevisen-Pflichtablieferungen, die ihm in der Höhe von etwa 80 Millionen Goldmark monatlich durch die Reichsbank überwiesen werden, statt sie für Reparationszahlungen zu reservieren, der Reichsgetreidestelle bis zur Höhe von 40 Millionen Goldmark monatlich zur Verfügung stellt. Der Devisenbeirat bittet, sich mit dieser Regelung, die dem in der Antwortnote an die Reparationskommission eingenommenen Standpunkt entspricht, vorläufig bis zum 15.5.22 einverstanden zu erklären. Zur Begründung dieses Beschlusses darf ich bemerken, daß bis zum Ende dieses Wirtschaftsjahres noch eine Einfuhr von 90 000 t Brotgetreide erforderlich ist. Die Devisenverpflichtungen, die bisher für die Getreideeinfuhren für dieses Wirtschaftsjahr eingegangen worden sind [sic], belaufen sich einschließlich der für die Einfuhr der restlichen 90 000 t erforderlichen Devisen auf insgesamt Goldmark 153 996 000,–. Für den Übergang vom Wirtschaftsjahr 1921/22 in das Wirtschaftsjahr 1922/23 sind zur Sicherstellung der Brotversorgung des deutschen Volkes 1 Million t Brotgetreide im Werte von 224 000 000,– Goldmark erforderlich. Hiervon sind bereits 125 000 t gekauft und der Gegenwert von 24 780 000,– Goldmark in den oben angegebenen Verpflichtungen enthalten. Darüber hinaus sind zur Deckung des laufenden Bedarfs weitere 500 000 t notwendig, für die weitere 112 000 000,– Goldmark bereitzustellen sind. Um diese für die Aufrechterhaltung der Brotversorgung im bisherigen Umfange unbedingt notwendigen Getreidemengen aus dem Ausland einführen zu können und die Reichsgetreidestelle instand zu setzen, die Käufe gegen Kasse vornehmen zu können, hat der Devisenbeirat bereits vor längerer Zeit beschlossen, aus den anfallenden Devisen der Reichsgetreidestelle für die Monate April, Mai bis Mitte Juni 100 Millionen Goldmark neben den Devisen zur Abdeckung der laufenden Verpflichtungen bereit zu stellen. Nach der augenblicklichen Devisenlage ist diese Bereitstellung aber nur möglich, wenn entsprechend dem heutigen Beschluß des Devisenbeirats die Exportdevisen, die bisher am Reichsfinanzministerium für die Reparationszahlungen durch die Reichsbank zugewiesen worden sind, bis zur Höhe von 40 Millionen Goldmark monatlich der Reichsgetreidestelle für ihre Getreidekäufe überwiesen werden. – Die Mitglieder des Devisenbeirats haben in gleicher Angelegenheit an ihre in Genua anwesenden Herren Chefs berichtet.“ (R 43 I /1376 , Bl. 88).

Der Reichskanzler verliest das Schreiben des Staatssekretärs Dr. Heinrici an den Staatssekretär in der Reichskanzlei und stellt zur Erörterung, ob nicht in Genua von der Brotversorgung in Deutschland gesprochen werden solle.

[708] Reichsminister Hermes hält das Letztere im Hinblick auf die noch viel schlimmere Ernährungslage in Rußland für bedenklich, man werde andererseits in der Frage der Brotversorgung etwas tun müssen, man dürfe den Brotpreis sich nicht frei entwickeln lassen. Mit der Reparationskommission müsse über das Thema gesprochen werden.

Der Reichskanzler bittet, dafür Sorge zu tragen, daß mit Rücksicht auf die am 15. Mai fällige Zahlung, die Frage der Brotversorgung ganz besonders stark in den Vordergrund gestellt wird.

Staatssekretär Hirsch macht darauf aufmerksam, daß, falls man dem Beschluß des Devisenbeirats beitrete und sich damit einverstanden erkläre, daß 40 Millionen Goldmark der Reichsgetreidestelle zur Verfügung gestellt würden, infolge der weiteren Verpflichtungen des Reichs für das Clearingverfahren u. a. am 15. Mai nicht werde gezahlt werden können. Die Frage, ob diese 40 Millionen Goldmark gegeben werden sollten, sei also identisch mit der Frage, ob man am 15. Mai zahlen wolle oder nicht.

Reichsminister Hermes möchte diese Frage jetzt nicht entschieden haben, sondern sie in Berlin zum Abschluß bringen.

Der Reichskanzler kommt nochmals auf die Frage zu sprechen, ob nicht in Genua auf die Frage der Brotversorgung eingegangen werden könne.

Reichsminister Hermes betont, daß dies von seiner Seite bisher schon zu verschiedenen Malen geschehen sei; sie offiziell erörtern, sei allerdings nicht opportun, da die Ernährungslage in Deutschland immerhin, vom mitteleuropäischen Standpunkt aus gesehen, noch bedeutend besser sei als die in Rußland. Er schlägt vor, die Sache später erneut aufzugreifen und Berlin zu beauftragen, die Frage der Brotversorgung im Zusammenhang mit der Zahlung am 15. Mai eingehend zu prüfen.

Reichsminister Rathenau schließt sich diesen Ausführungen an, es könne nach seiner Auffassung heute kein Beschluß gefaßt werden, durch den die Frage, ob am 15. Mai gezahlt werden solle oder nicht, präjudiziert würde.

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