1.134.3 (wir2p): 3. Außerhalb der Tagesordnung: Überschichtenabkommen.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 2). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Wirth I und II (1921/22). Band 2Bild 146III-105Bild 183-L40010Plak 002-009-026Plak 002-006-067

Extras:

 

Text

RTF

3. Außerhalb der Tagesordnung: Überschichtenabkommen.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns macht Mitteilungen über die Wirkung des Überschichtenabkommens im Ruhrgebiet und die Stimmung in den Kreisen der dortigen Bergarbeiterschaft. Er betont, daß die Unionisten mit aller Macht gegen das Verfahren der Überschichten und gegen die Gewerkschaften agitierten. Insbesondere würden in der Presse der Unionisten heftige Artikel gegen das Überschichtenabkommen veröffentlicht5. Da durch diese Hetze die Durchführung[1087] des Abkommens erheblich beeinträchtigt werde, frage er sich, ob man gegen die Treibereien nicht mit Artikel 48 der Reichsverfassung vorgehen könne, oder ob die gegenwärtigen polizeilichen Handhaben ausreichten.

5

In einem Schreiben vom 9.9.1922 an den RK weist auch das Generalsekretariat des Gesamtverbandes der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands (Baltrusch) auf die Hetze gegen das Überschichtenabkommen hin: „Mir ist aus zuverlässigster Quelle mitgeteilt worden, daß die Unionisten, die Kommunisten und auch die Unabhängigen im Ruhrgebiet in geradezu hochverräterischer Weise gegen die Durchführung des Überschichtenabkommens in den Arbeitermassen hetzen, so daß das Abkommen unter Umständen praktisch gefährdet wird. An dieser Hetze beteiligen sich vornehmlich außer den Führern und Vertrauensleuten der vorgenannten Organisationen einige kommunistische Zeitungen, allen voran das ‚Ruhr-Echo‘ und die ‚Kommunistische Dortmunder Arbeiterzeitung‘. Diese Hetze hat eine solche Wirkung auf den Zechen, daß die dadurch fanatisierten radikalen Belegschaftsmitglieder die Bergarbeiter buchstäblich verprügeln, die Überstunden leisten wollen. – M. E. gibt es zwei Mittel, die dieses äußerst gefährliche Treiben eindämmen können. Die Reichsregierung müßte durch einen offiziösen Artikel in der vernünftig gebliebenen Presse der Bergreviere noch einmal mit aller Dringlichkeit die Gründe herausstellen, die für die Durchführung des Überstundenabkommens unbedingt sprechen. Außerdem müßte sie dafür sorgen, daß die schlimmsten Hetzblätter für eine längere Zeit einfach verboten werden. Der ruhige Teil der Bergarbeiterschaft verstehe überhaupt nicht,daß dies nicht schon geschehen ist.“ (R 43 I /2172 , Bl. 169 f.).

Staatssekretär Freund (Preuß. Ministerium des Innern) bemerkt kurz, daß er bereits einen bewährten höheren Polizeibeamten nach Dortmund geschickt habe, um an Ort und Stelle Erkundigungen über die Treibereien der Unionisten einzuziehen und die dagegen zu treffenden Maßnahmen dort zu erörtern.

Die Debatte wird nicht eröffnet.

Der Herr Reichskanzler schlägt vor, daß am Montag nachmittag [11.9.22.] eine Chefbesprechung über diese Frage stattfinden sollte; zu dieser Chefbesprechung sollten der Preußische Herr Ministerpräsident sowie der Minister des Innern und der Preußische Handelsminister, ferner die Reichsstaatskommissare für öffentliche Ordnung und die beteiligten Reichsminister geladen werden6.

6

In der Chefbesprechung vom 11.9.1922 wird beschlossen, besondere polizeiliche Maßnahmen zunächst nicht einzuleiten (R 43 I /2172 , Bl. 172 f.). Das Überschichtenabkommen setzt sich Mitte September durch (Schultheß 1922, S. 113).

Extras (Fußzeile):