1.57.2 (ma12p): 2. Verhandlungen mit Bayern.

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2. Verhandlungen mit Bayern.

Der Reichsverkehrsminister berichtete über die Verhandlungen mit Bayern über die Eisenbahnfrage. Er teilte den Inhalt der getroffenen Abmachungen und der Beschlüsse der Bayerischen Regierung mit6.

6

In der Anlage zu diesem Kabinettsprotokoll befindet sich eine Abschrift folgender „Erklärungen der RReg. und der Bayer.Reg.“, München, 30.7.24: „1) Die RReg. wird sich bemühen zu erreichen, daß das Organisationskomitee [für die Errichtung der Dt. RB-Gesellschaft gemäß dem Dawesplan] das Abkommen vom 13. Februar 1924 [über den Sonderstatus der „Gruppe Bayern“ innerhalb der RB; vgl. Dok. Nr. 126, Anm. 11] vollständig oder in möglichst großem Umfange als nicht mit dem Reichsbahngesetz und der Gesellschaftssatzung in Widerspruch stehend erklärt. 2) Die RReg. wird sich mit allen ihr gegenüber der neuen Gesellschaft zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dafür einsetzen, daß die Bestimmungen des Februarabkommens von der Gesellschaft erfüllt werden, soweit dies im Rahmen des Gesellschaftszweckes überhaupt möglich ist. Insbesondere wird die RReg. für die Beibehaltung des Grundsatzes der Dezentralisation gemäß § 24 des Staatsvertrages [RGBl. 1920, S. 773 ] und gemäß den Bestimmungen des erwähnten Abkommens eintreten; sie wird sich auch dafür einsetzen, daß der Leiter der Gruppe Bayern Mitglied des Vorstands wird und daß seine Ernennung im Einvernehmen mit der Bayer. Reg. erfolgt. 3) Die RReg. wird als Mitglied des Verwaltungsrats der Dt. RB-Gesellschaft einen Bayern ernennen und sich wegen der Auswahl der Persönlichkeit mit der Bayer. Reg. verständigen. 4) Die RReg. wird sich bemühen, dafür Sorge zu tragen, daß die Verkehrs- und Wirtschaftsbedürfnisse Bayerns durch entsprechende Gestaltung der Tarife berücksichtigt werden, daß insbesondere das System der Staffeltarife beibehalten wird. […] 7) Die RReg. und die Bayer. Reg. werden in Gemeinschaft mit den anderen Ländern die bereits im Gange befindlichen Verhandlungen fortsetzen, um auch die Abfindungsfrage im Vereinbarungswege zu lösen. 8) Die Bayer. Reg. wird im Hinblick auf den außenpolitischen Notstand des Reiches der Durchführung der Neuregelung der Reichsbahnverhältnisse im gegenwärtigen Augenblick keine Schwierigkeiten bereiten. Sie behält sich jedoch vor, alle Rechte und Forderungen, die sich nach ihrer Anschauung für sie aus der Neugestaltung der Verhältnisse, aus der Nichterfüllung des Staatsvertrags oder sonstwie ergeben, geltend zu machen, wenn der Stand der Reparationsfrage dies gestattet und Umstände eintreten, die es ihr als notwendig erscheinen lassen.“

Diesen „Erklärungen“ ist beigefügt die folgende Aufzeichnung über das „Ergebnis der Besprechung mit Bayern am 30.7.1924“: „A) Es wurden die in der Anlage ersichtlichen ‚Erklärungen‘ formuliert. Zu dem Schlußsatz besteht noch eine Meinungsverschiedenheit darüber, ob es heißen soll ‚… und Umstände eintreten‘ oder ‚… oder wenn Umstände eintreten‘ (letzteres die bayer. Fassung). B) Außerdem soll in einer besonderen – womöglich nicht zu veröffentlichenden – Note an Bayern von der RReg. folgendes zugesagt werden: 1) Die RReg. wird sich bemühen, daß die Präsidenten der RB-Direktionen in Bayern im Einvernehmen mit der Bayer. Reg. ernannt werden. 2) Die RReg. wird sich angelegen sein lassen, daß die Rechte des Eisenbahnpersonals nach dem Staatsvertrag gewahrt werden. C) Wegen erweiterter Zuständigkeiten der Gruppe Bayern in Tarifsachen soll alsbald eine Verfügung ergehen. […]“

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, daß sich die getroffenen Abmachungen an sich wirtschaftlich und allgemein politisch nicht rechtfertigen[941] ließen. Ein anderer Ausweg, um zu einer Verständigung zu kommen, habe aber nicht bestanden. Für uneinlösbar halte er die Zusage, daß die Präsidenten der Eisenbahndirektionsbezirke Bayerns nur im Einvernehmen mit Bayern ernannt werden sollen.

Das Kabinett genehmigte das getroffene Abkommen mit Bayern <in dem Sinne, daß in der bayerischen Schlußerklärung „und“ anstatt „oder“ gesagt werden soll>7.

7

<…> Dieser Zusatz wurde auf Antrag des RVM vom 7. 8. (R 43 I /1049 , Bl. 398) nachträglich in das Protokoll aufgenommen.

Der Reichskanzler sprach dem Reichsverkehrsminister und dem Reichsminister der Finanzen seinen Dank für die Bemühungen um eine Verständigung in der Eisenbahnfrage mit Bayern aus.

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