1.97.3 (ma12p): 3. Politische Lage.

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3. Politische Lage.

Der Reichskanzler führte aus, daß die Abgeordneten Curtius und Zapf ihm eine Resolution der Deutschen Volkspartei überbracht hätten, die eine Einbeziehung der Deutschnationalen in die Regierung verlange7. Er habe seinerzeit bereits erklärt, daß er nach der Londoner Konferenz es für seine Pflicht halte, an eine Erweiterung des Kabinetts heranzugehen. Er werde nunmehr von Amts wegen versuchen, eine Erweiterung nach rechts und nach links zu versuchen. Zu diesem Zweck habe er zunächst für morgen eine Parteiführerbesprechung der Mittelparteien vorgesehen8. Daran würden sich dann die weiteren Verhandlungen anschließen. Er stellte ausdrücklich fest, daß von der Regierung keinerlei Verpflichtung in der Angelegenheit eingegangen sei. Man müsse bei der Frage in Betracht ziehen, daß eine einseitige Erweiterung nach rechts eine scharfe Opposition der Sozialdemokratie zur Folge haben würde. Die Sozialdemokraten seien nicht zu unterschätzende Gegner, denn eine Opposition, bei der beispielsweise Löbe die Führung übernehme, könne zu einer Auflösung des Reichstags führen zu einer für die Regierung sehr unangenehmen Zeit. Ferner sei ein Eintritt der Deutschnationalen außenpolitisch gesehen eine schwere Belastung. In Amerika würde man wohl daraus keine für Deutschland nachteiligen Schlüsse ziehen; anders läge es aber in Frankreich und England. Erschwerend komme in Betracht, daß die Presse der Rechten ständig weiter gegen die jetzige Politik hetze. Eine große Koalition sei, das müsse man wohl feststellen, unmöglich, da weder die Volkspartei noch das Zentrum – zum großen Teil – eine solche wünschte. Ebenso sei die kleine Koalition nicht zu verwirklichen. Falls die Deutschnationalen an ihrer Absicht, in die Regierung einzutreten, festhielten, müsse von ihnen eine Erklärung für die Öffentlichkeit verlangt werden, die vor allem den Satz enthalte, daß an dem außenpolitischen Kurs der Regierung nichts geändert werde.

7

Die Entschließung der RT-Fraktion der DVP vom 25. 9., die dem RK am gleichen Tage übergeben wurde, ist abgedr. in „Die Zeit“ vom 26. 9.; auch in Schultheß 1924, S. 91 f.

8

S. Dok. Nr. 310.

Der Reichsminister des Auswärtigen trat im großen und ganzen der Auffassung des Reichskanzlers bei und berichtete eingehend über die Schritte der Deutschen Volkspartei. Man müsse einen ernsthaften Versuch unternehmen, die Deutschnationalen zur Mitarbeit zu bringen. Wenn dieser Versuch scheitere, dann bliebe allerdings nur die Auflösung. Er stellte dann noch die Frage, ob eine Beteiligung der Minister an den morgen beginnenden Parteiführerbesprechungen gewünscht werde.

[1075] Der Reichskanzler erwiderte, daß er diesen Wunsch begrüße und die Minister bitte, teilzunehmen.

Der Reichsminister des Innern betonte, daß nach seinen Erkundigungen die Auffassung, die Deutschnationalen wollten eine Sabotage im Kabinett betreiben, falsch sei, sie seien im Gegenteil zu positiver Mitarbeit bereit.

Der Reichswirtschaftsminister erklärte, daß die Mehrheit der Demokraten nicht für Einbeziehung der Deutschnationalen sei. Auf alle Fälle müsse die Regierung den eventuellen Zeitpunkt der Auflösung des Reichstages selbst bestimmen.

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