2.214.3 (mu21p): 3. Außerhalb der Tagesordnung: Interpellation der deutschnationalen Reichstagsfraktion, betreffend die Reparationsverhandlungen.

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3. Außerhalb der Tagesordnung: Interpellation der deutschnationalen Reichstagsfraktion, betreffend die Reparationsverhandlungen.

Staatssekretär Dr. Pünder verlas den vom Reichstagsabgeordneten Graf Westarp übersandten Wortlaut der deutschnationalen Interpellation5.

5

Am 29. 5. hatten sich in Paris die Sachverständigen auf einen Zahlungsplan geeinigt, der die Annuitätenziffer Youngs von 2050 Mio RM zum Inhalt hatte. Nach Ansicht der DNVP überstieg diese Summe die deutsche Leistungsfähigkeit und berücksichtigte lediglich die Interessen der Gläubigernationen. Weiterhin wurde von der DNVP die Meinung vertreten, daß es sich um ein in ein Sachverständigengutachten gekleidetes politisches Abkommen handele. Die RReg. wurde gefragt, ob sie bereit sei, die Pariser Vereinbarungen abzulehnen, und ob sie dafür gesorgt habe, daß der RAM in Madrid keine Vereinbarungen im Sinne der Pariser Verhandlungen treffe (RT-Drucks. Nr. 1060, Bd. 436 ).

Es bestand Einvernehmen im Reichskabinett darüber, daß eine Aussprache im Plenum des Reichstags über die Reparationsfrage vor Abschluß der Verhandlungen in Paris und Vorlage des Berichts der Sachverständigen in Berlin nicht erfolgen könne. Ein Reichstagsbeschluß, der die deutschnationalen Wünsche ablehne, könne ungünstig auf die Verhandlungen einwirken, da die Gläubigermächte aus ihm schließen könnten, der Reichstag sei bereits jetzt zur Annahme der Pariser Vorschläge bereit6. Gegen vertrauliche Verhandlung der Reparationsfrage im Auswärtigen Ausschuß wurden keine Bedenken geäußert.

6

Schacht hatte in einer Pressekonferenz am Vortage „sehr prononziert“ erklärt, daß bei der Frage der Unterzeichnung die Delegierten sich in der Beurteilung der Lage irren könnten. Danach hatte er mit den Worten geschlossen: „Was kann man in Paris machen, wenn zu Hause dreihundert Abgeordnete unterzeichnen wollen“ (Telegramm des RegR Wingen vom 30. 5.; R 43 I /287 , Bl. 183-185).

Der Reichsminister der Finanzen berichtete, daß auch er im Haushaltsausschuß von deutschnationaler Seite aufgefordert sei, demnächst bei Beratung des Haushalts der Kriegslasten zur Reparationsfrage Erklärungen abzugeben.

Er, der Reichsminister der Finanzen, habe erklärt, daß er vor dem Verhandlungsabschluß in Paris und der Beratung im Auswärtigen Ausschuß zu diesem Gegenstand keine Erklärung abgeben könne.

Das Reichskabinett erklärte sich damit einverstanden, daß dem Vorsitzenden der deutschnationalen Reichstagsfraktion entsprechend geantwortet werden solle7.

7

Am gleichen Tag wurde Graf Westarp mitgeteilt, die RReg. halte die Pariser Besprechungen für noch nicht abgeschlossen und spreche sich daher gegen ihre Behandlung im Plenum des RT aus (Schreiben des StSRkei; R 43 I /277 , Bl. 386). Aus Paris telegraphierten die Sachverständigen, sie bäten dringend, „die innerpolitischen Auseinandersetzungen bis zum Abschluß der Arbeiten zu vertagen“. Sie würden nur ihrem Gewissen folgend ohne Rücksicht auf äußere Einflüsse unterschreiben. Der RReg. stehe frei, das von den Sachverständigen unterzeichnete Gutachten zu ratifizieren oder nicht (Telegramm Nr. 443 vom 3. 6.; R 43 I /277 , Bl. 384). In der Ältestenratssitzung am 3. 6. vertrat Pünder den Standpunkt des RKab. und erklärte, daß eine Orientierung in der Sitzung des Auswärtigen Ausschusses erfolgen werde, an der der RK und der RAM teilnehmen würden. In Madrid werde keine politische Konferenz über die Pariser Besprechungen stattfinden. Eine Aussprache über die Pariser Verhandlungen im RT könne mit den Verhandlungen über den Etat des AA verbunden werden; die Entscheidung hierüber liege bei der RReg. Die Koalitionsparteien stimmten den Ausführungen des StSRkei zu, während sich die DNVP vorbehielt, weiteres in der Plenumssitzung evtl. bei den Beratungen über den Haushalt des RWiM zu unternehmen. Dazu stellte der RTPräs. fest, daß sich bei diesen Verhandlungen keine Regierungserklärung oder Abstimmung erzwingen lasse (Vermerk Pünders vom 3. 6.; R 43 I /277 , Bl. 379-383). Graf Westarp kündigte in einem Telefongespräch mit Pünder einen Vorstoß in der Debatte des Plenums am 3. 6. an. Siehe hierzu RT-Bd. 424, S. 1988  ff., 2039 f.

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