1.120.1 (mu22p): [Finanzprogramm.]

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[Finanzprogramm.]

Der Reichskanzler forderte die Parteiführer auf, die Stellungnahme ihrer Fraktionen zum Finanzprogramm der Reichsregierung bekannt zu geben.

Abgeordneter Breitscheid erwiderte, daß die Beratungen seiner Fraktion noch nicht abgeschlossen seien. Er könne aber schon jetzt sagen, daß seine Fraktion zwar das Sofortprogramm mitmachen werde, daß aber eine Festlegung auf die 14 Einzelpunkte des Finanzprogramms nicht möglich erscheine. Die Sozialdemokratie wünsche dringend, daß eine Krisis vermieden werde; sie sei daher bereit, der Reichsregierung für die Weiterarbeit an dem Finanzprogramm ihr Vertrauen auszusprechen2.

2

Siehe zur Haltung der SPD W. Keil, Erlebnisse eines Sozialdemokraten II, S. 360.

Der Abgeordnete Zapf erklärte, daß seine Fraktion sich noch nicht dazu entschließen könne, der Reichsregierung für das Finanzprogramm in der vorliegenden Form ihr Vertrauen auszusprechen. Die Fraktion habe starke Bedenken gegen die Trennung des Gesamtprogramms in ein Sofortprogramm und ein Definitivprogramm. Die Zustimmung zum Sofortprogramm ohne bindende Garantien für die Durchführung des endgültigen Programms sei für seine Fraktion eine Unmöglichkeit.

Der Abgeordnete Brüning erklärte, daß sich seine Fraktion mit dem Finanzprogramm weitgehend einverstanden erklären könne unter der Voraussetzung, daß auch die übrigen Regierungsparteien ihre Zustimmung gäben.

Der Abgeordnete Haas erklärte, daß die Beratungen seiner Fraktion noch nicht abgeschlossen seien. Er hoffe jedoch von der weiteren Debatte, daß es gelingen werde, zum mindesten in Einzelpunkten zu einer Einigung zu kommen.

Der Abgeordnete Leicht erklärte, daß seine Fraktion das Sofortprogramm voll unterstütze, daß sie auch bereit sei, der Reichsregierung ein Vertrauensvotum für die außenpolitischen Verhandlungen auf der Haager Konferenz zu geben, daß es ihr aber unmöglich sei, den 14 Punkten des Gesamtprogramms zuzustimmen3.

3

Die Mitglieder der BVP-Fraktion enthielten sich am 14. 12. bei der Abstimmung über die Vertrauenserklärung der Stimme (RT-Bd. 426, S. 3591 ).

[1247] Der Reichskanzler stellte auf Grund dieser Äußerungen fest, daß es bisher nicht gelungen sei, die Fraktionen hinter die Regierung zu bringen. Die Reichsregierung halte gleichwohl an ihrem Programm fest und bestehe auf ihrer Forderung der unveränderten Annahme durch die Parteien.

Da auch die weitere Aussprache zu keiner weiteren Annäherung der entgegengesetzten Standpunkte führte, erklärte der Reichskanzler, daß das Reichskabinett über die durch die Haltung der Fraktionen geschaffenen Lage Beschluß fassen werde4. Er ließ den Parteiführern jedoch keinen Zweifel daran, daß der Beschluß der Reichsregierung höchstwahrscheinlich dahin gehen werde, daß diese trotz der negativen Haltung der Fraktionen mit dem Finanzprogramm vor den Reichstag treten werde, um die Entscheidung in offener Feldschlacht herbeizuführen.

4

Siehe Dok. Nr. 377.

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