1.38.3 (mu22p): 3. Deutsch-polnische Handelsvertragsverhandlungen.

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3. Deutsch-polnische Handelsvertragsverhandlungen.

Vortragender Legationsrat Eisenlohr trug den Antrag des Auswärtigen Amts auf Zustimmung zu Verhandlungen mit Polen wegen des Abschlusses eines de facto-Meistbegünstigungsabkommens vor. Es solle in erster Linie die Stimmung in Polen für Deutschland verbessern. Das Abkommen solle so begrenzt sein, daß es als Verwaltungsmaßnahme nicht der Ratifizierung durch den Reichstag bedürfe und möglichst in kurzer Frist auf diplomatischem Wege[946] zustande gebracht werde10. Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft fordere den Einbau des Holzabkommens in die Vereinbarung. Es sei nicht zweckmäßig, dem zu entsprechen, da dann die Zustimmung des Reichstags zur Aufrechterhaltung der Schnittholzzölle erforderlich sei11.

10

In der Vorlage des AA, die in Übereinstimmung mit dem RWiMin., dem RFMin., dem REMin. und Hermes eingebracht worden war, hieß es: „Der deutsche Delegationsführer soll ermächtigt werden, demnächst mit dem polnischen Delegationsführer über die sofortige gegenseitige Gewährung einer de facto meistbegünstigten Zollbehandlung im beiderseitigen Warenverkehr zu verhandeln unter der Bedingung, daß die von den beiderseitigen Eisenindustrien am 21.12.28 abgeschlossene Vereinbarung gleichzeitig in Kraft gesetzt wird. […] Die Gewährung der beiderseitigen de facto-Meistgegünstigung müßte zur selbstverständlichen Folge haben, daß die Zollkriegsmaßnahmen beiderseits aufgehoben werden. Die ganze Abrede würde unter der Voraussetzung zu treffen sein, daß binnen einer bestimmten Zeit ein Handelsvertrag zustande kommt“ (7. 9.; R 43 I /1108 , Bl. 263 f., hier: Bl. 263 f.).

11

Zum Holzabkommen siehe Schultheß 1929, S. 406.

Die Verhandlungen über den endgültigen Handelsvertrag würden durch das Zwischenabkommen nicht berührt. Nur wegen der Kohlen kämen Zugeständnisse in Frage, die bei den Verhandlungen über einen umfassenden Handelsvertrag eine Rolle spielten. Es sei darum nicht unbedingt geboten, daß Reichsminister a. D. Hermes die Zwischenverhandlungen führe. Anscheinend wolle er allerdings gern selbst diesen vorläufigen Abschluß herbeiführen. Wieweit dem die Schwierigkeiten entgegenständen, die sich aus dem Schriftwechsel der Bauernführer mit dem Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft12 ergäben, entziehe sich der Beurteilung der Referenten.

12

Nicht ermittelt.

Ministerialdirektor Dr. Posse trug die Stellungnahme des Reichswirtschaftsministeriums zu dem Vorschlage des Auswärtigen Amts vor. Das Zustandekommen eines endgültigen Handelsvertrages würde allerdings auf absehbare Zeit durch den Abschluß des vorläufigen Abkommens hinausgeschoben werden. Deshalb müßten die Niederlassungsbestimmungen gleichzeitig geregelt werden. Das Holzabkommen möchte schon wegen der Einfuhrkontingente bestehen bleiben, die Polen dem Reich zugestanden habe.

Der Reichsminister der Finanzen sprach sich für den Vorschlag der beiden Reichsministerien aus. Es sei allerdings bedauerlich, daß ein Vertrag auf breiterer Basis in nächster Zeit nicht geschlossen werden könne. Polen würde wenig Interesse an dem kleinen Vertrag haben. Deswegen müsse mit äußerster Vorsicht vorgegangen werden. Politische Gesichtspunkte seien in den Vordergrund zu rücken. In drei bis vier Tagen müßte festgestellt werden, ob es möglich sei, den kleinen Vertrag zustande zu bringen. Das Auswärtige Amt müsse die Verhandlungen führen. Delegationsverhandlungen würden die Lage unnütz erschweren. Es sei im übrigen fraglich, ob nicht gegebenenfalls ein Wechsel in der Führung der Delegation eintreten müsse, nachdem der gegenwärtige Delegationsführer die Politik des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft angegriffen habe.

Auf Grund der Aussprache erklärte der Vorsitzende, das Kabinett nehme von den Vorschlägen des Auswärtigen Amts und des Reichswirtschaftsministeriums Kenntnis. Die Durchführung der Vorschläge solle ressortmäßig erledigt[947] werden. Die Frage der Delegationsführung müsse auf sich beruhen bleiben13.

13

Die Reaktion von Hermes auf diesen Beschluß siehe in Dok. Nr. 301.

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