2.124.5 (bru1p): 3. Politische Lage.

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3. Politische Lage.

Der Reichskanzler erklärte, daß es bei der Veröffentlichung der Verlautbarung über das Sanierungsprogramm der Reichsregierung ausschlaggebend auf eine gute Information der Presse ankomme, und daß er daher den Kabinettsmitgliedern dringend nahelege, die Journalisten der verschiedenen Parteirichtungen am kommenden Tage zu Sonderbesprechungen zusammenzubitten.

Dieser Vorschlag wurde gebilligt und eine Einigung über die von den einzelnen Kabinettsmitgliedern zu unterrichtenden Pressevertreter herbeigeführt.

Der Reichskanzler bemerkte, daß die Presse dringend ersucht werden müsse, sich zu dem Regierungsprogramm rein sachlich einzustellen, und daß sie sich bemühen müsse, davon abzusehen, die Möglichkeiten politisch-parlamentarischer Kombinationen zu erörtern. Die Presse müsse einsehen lernen, daß es im Augenblick sich ausschließlich um sachliche Aufgaben handele, die gelöst werden müßten, weil es ohne Lösung dieser Aufgaben unmöglich sei, den zur Überwindung der schweren Lage unentbehrlichen Überbrückungskredit im Auslande sicherzustellen. Das Entscheidende sei das Programm selbst, nicht die taktischen Fragen der Regierungsbildung.

Sodann beabsichtige er, am Mittwoch9 die Einzelaussprachen mit den Führern der in der Regierung vertretenen Parteien aufzunehmen und ihnen[470] die Notwendigkeit klar zu machen, daß sich die bisherigen regierungstreuen Parteien zu einer Art Notblock zusammenschließen müßten, und daß sie es möglichst unterlassen müßten, spontan mit Gruppen rechts und links des Blocks über taktische Fragen zu verhandeln.

9

1.10.30. Zu den Besprechungen des RK mit den Parteien s. Dok. Nr. 130, P. 2 und Dok. Nr. 135.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft meinte, daß diese Besprechungen einen möglichst wenig parlamentarisch-taktisch gefärbten Charakter haben müßten. Der Zusammenhalt der bisher hinter der Regierung stehenden Parteien müsse so behandelt werden, daß die Zusammengehörigkeit zu einer Gemeinschaft möglichst als natürliche Selbstverständlichkeit erscheine.

Der Reichskanzler stimmte diesen Ausführungen grundsätzlich zu. Er stellte in Aussicht, daß er die Kabinettsmitglieder am kommenden Tage abends nochmals zu einer Besprechung über die politische Lage zusammenbitten werde, um die aufgeworfenen Fragen zu vertiefen. Auf Grund seiner Unterhaltung mit dem Reichsbankpräsidenten, der seinerseits die Stimmung in den maßgeblichen Finanzkreisen Amerikas sondiert habe, halte er es für geboten, daß die Reichsregierung mit ihrem Reformprogramm baldigst an den Reichstag gelangen. Das Kabinett werde daher danach streben müssen, den Zusammentritt des Reichstags zu beschleunigen. Aus der Kritik der Öffentlichkeit über das Regierungsprogramm werde sich bald ergeben, auf welche Gruppen sich die Reichsregierung bei der Durchbringung ihres Programms werde stützen müssen. Er nehme an, daß die Klärung bis Sonntag, den 5. Oktober, erfolgt sein werde. Dann aber dürfe weitere Zeit mit unfruchtbaren Kombinationen in der Presse nicht mehr verloren werden, vielmehr müsse alsdann entschlossen gehandelt werden. Die weitere Beratung wurde daraufhin auf den folgenden Tag vertagt10.

10

Die Fortsetzung der Beratung über die politische Lage fand erst am 4. 10. statt: Dok. Nr. 130, P. 2.

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