2.148.2 (bru1p): 2. Reichshaushaltsplan 1931.

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2. Reichshaushaltsplan 1931.

Der Reichsminister der Finanzen trug den wesentlichen Inhalt der den Reichsministern zugegangenen Vorlage vom 23. Oktober 1930 vor6. Im wesentlichen führte er folgendes aus:

6

Die Haushaltsvorlage des RFM enthielt eine Aufstellung der Ausgabenvoranschläge der einzelnen Ressorts für 1931 und eine Schätzung der voraussichtlichen Steuereingänge. Der Ordentliche Haushalt schloß in der Einnahme mit 10 657 832 090 RM und in der Ausgabe mit 10 660 832 090 RM ab; der Außerordentliche Haushalt war mit rd. 168 Mio RM in der Einnahme und mit rd. 238 Mio RM (1930: rd. 283 Mio RM) in der Ausgabe veranschlagt. Der Fehlbetrag von 70 Mio RM sollte durch eine Anleihe aufgebracht werden. Der vorgesehene Zuschuß von 150 Mio RM an den Ordentlichen Haushalt sollte durch den Verkauf von Reichsbahnvorzugsaktien gewonnen werden. Außerdem waren in der Vorlage die Meinungsverschiedenheiten mit den anderen Ressorts aufgeführt (Umdruck der Vorlage vom 23.10.30 in R 43 I /881 , Bl. 353–364).

Fehlbetrag von 3 Millionen.

Er erklärte, daß er abweichend von der schriftlichen Vorlage beabsichtige, den Fehlbetrag von 3 Millionen nicht durch Kürzung der Polizeikostenzuschüsse7, sondern durch Forterhebung der durch die Notverordnung vom 26. Juli eingeführten Tantiemesteuer abzudecken8. Er bitte jedoch, daß gleichwohl die in Aussicht genommenen Verhandlungen mit den Ländern über die Herabsetzung der Polizeikostenzuschüsse durchgeführt werden möchten.

7

Der Fehlbetrag von 3 Mio RM im Ordinarium sollte durch Absetzung des gleichen Betrages bei dem mit 195 Mio RM veranschlagten Zuschuß zu den Polizeikosten der Länder abgedeckt werden. Zunächst sollte in der RR-Vorlage der Minderbetrag durch Höherschätzung der Steuern verschwinden; die Kürzung des Polizeikostenzuschusses sollte während der RR-Beratung durchgesetzt werden (R 43 I /881 , Bl. 353). Mit Schreiben vom 29. 10. teilte der RK den Regierungschefs der Länder mit, daß die RReg. durch „äußerste Notlage“ gezwungen sei, für 1931 den Reichszuschuß zu den Polizeikosten der Länder in Höhe von 195 Mio RM zu kürzen (Entw. in R 43 I /2694 , Bl. 244–245).

8

Nach der NotVO von 26.7.30 wurde die Tantiemesteuer bis zum 31.3.31 erhoben (1. Abschnitt, 2. Titel: „Reichshilfe der Personen des öffentlichen Dienstes“, § 2 Absatz 5, RGBl. I, S. 311 ).

Diesen Vorschlägen stimmte das Reichskabinett zu.

Dienstprämien der Arbeiter nach 25jähriger Dienstzeit.

Der Reichsminister der Finanzen schlug vor, an der bisherigen Regelung über die Zahlung von Dienstprämien an Arbeiter nach 25jähriger Dienstzeit festzuhalten9.

9

RFM Moldenhauer hatte in einem Schreiben vom 19.4.30 die Beseitigung der bisherigen Dienstprämien ab 1.7.30 vorgeschlagen, da die Alters- und Hinterbliebenenversorgung der invalidenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer eingeführt und durch die Versicherung bei der Zusatzversorgungsanstalt des Reichs und der Länder seit dem 17.9.28 der Pensionsversorgung der Beamten wesentlich angenähert worden sei (R 43 I /2646 , Bl. 136). Gegen den Wegfall der Dienstprämien hatten sich das AA, der RWeM, der RArbM und der RPM ausgesprochen (Schreiben des RFM vom 13.6.30, R 43 I /2646 , Bl. 152–153). Im Kabinett war dieses Problem bisher nicht behandelt worden.

Das Kabinett stimmte diesem Vorschlage zu.

[552] Ablieferung der Reichspost.

Der Reichspostminister erklärte, daß es der Reichspost trotz größter Anstrengung nicht möglich ist, die in dem Etat als Überschüsse eingesetzten Ablieferungen aufzubringen10. Im Rechnungsjahr 1930 müsse die Reichspost mit einem Fehlbetrag von 120 Millionen rechnen. Sie könne die Einhaltung der Ablieferungsbeträge für 1930 nur dadurch möglich machen, daß sie eine Anleihe von 50 Millionen RM aufnehme. Es sei aber bei der gegenwärtigen Geschäftslage unmöglich, zuzugestehen, daß auch im nächsten Jahre wiederum 145 Millionen RM an Überschüssen vorgesehen werden. Die Summe müsse nahezu halbiert werden. Dagegen sei die Reichspost bereit, die durch die 6%ige Gehaltskürzung freiwerdenden Beträge von 62 Millionen RM dem Reichsetat zuzuführen.

10

Nach § 8 des Reichspostgesetzes vom 18.3.24 (RGBl. I, S. 287 ) in der Fassung vom 15.7.26 (RGBl. I, S. 410 ) mußte die RP eine Rücklage von 100 Mio RM aus den Überschüssen und Zinseinnahmen bilden. Nach Erreichung dieser Rücklage sollten die Überschüsse und die Zinsen der Rücklage unverkürzt der Reichskasse zufließen. Der Haushaltsplan des RFM rechnete mit einer Überweisung der RP von 145 Mio RM und – wegen der 6%igen Kürzung der Beamtengehälter – mit zusätzlichen 62 Mio RM (R 43 I /881 , Bl. 356).

Der Reichsminister der Finanzen erwiderte, daß er unmöglich auf die Zuschüsse der Post in der im Etatsentwurf vorgesehenen Höhe verzichten könne, da er keine Möglichkeit sehe, die Ausfälle auf andere Weise abzudecken.

Eine Einigung wurde nicht erzielt.

Der Reichsminister der Finanzen und der Reichspostminister erklärten sich bereit, die Frage nach der Sitzung unter sich nochmals besprechen zu wollen. Das Ergebnis dieser Aussprache soll dem Reichskabinett in der nächsten Sitzung mitgeteilt werden11.

11

S. Dok. Nr. 149, P. 1.

Einzelplan des Reichsministeriums des Innern.

Der Reichsminister der Finanzen ging auf die in der schriftlichen Vorlage zusammengestellten noch nicht bereinigten Meinungsverschiedenheiten zu diesem Einzelplan ein12. Er hielt an den von ihm vorgeschlagenen Kürzungen fest.

12

Die Kürzungen des RFM am ordentlichen Haushalt des RIMin. in Höhe von rund 2,7 Mio RM betrafen vorwiegend die Förderung kultureller und wissenschaftlicher Einrichtungen (u. a. Dt. Gemeinschaft zur Erhaltung und Förderung der Forschung, Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Schul-, Erziehungs- und Volksbildungswesen, Dt. Hochschule für Politik, Förderung der Theaterkultur, Notstände der Kunst, Studentische Wirtschaftshilfe). Die Aufstellung der zwischen RFM und RIM strittigen Posten befindet sich in R 43 I /881 , Bl. 354–355.

Der Reichsminister des Innern erklärte, hierzu seine Zustimmung als Ressortminister nicht geben zu können.

Auf Grund der Aussprache beschloß das Reichskabinett, den vom Reichsminister der Finanzen vorgeschlagenen Gesamtkürzungsbetrag von 2,7 Millionen auf 2,5 Millionen herabzusetzen. Die Verteilung dieser Gesamtsumme von 2,5 Millionen auf die einzelnen Positionen soll dem Reichsminister des Innern überlassen bleiben.

[553] Gegen den Beschluß stimmte der Reichsernährungsminister, Reichsminister Treviranus und der Reichsminister des Innern Dr. Wirth. Letzterer erklärte, daß er den Beschluß nur durchführen könne, wenn u. a. auch eine erhebliche Kürzung der Zuschüsse des Reichs an das Deutsche Rote Kreuz eintrete.

Das Kabinett nahm hiervon Kenntnis.

Einzelplan des Reichsarbeitsministers.

Ordentlicher Haushalt.

Der Reichsarbeitsminister erklärte, daß er sich mit der vom Reichsminister der Finanzen geforderten Streichung von 4 Millionen zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung durch Gewährung von Einrichtungskrediten und von 1 Million für Kinderspeisung nicht ohne weiteres abfinden könne. Ferner äußerte er lebhafte Bedenken dagegen, daß die knappschaftliche Pensionsversicherung im kommenden Rechnungsjahre nur mit 6 Millionen abgefunden werden soll13.

13

Der RFM hatte die Streichung der Mittel zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung und der 1 Mio RM für die Kinderspeisung mit der Finanzlage des Reiches begründet. Überdies sei die Kinderspeisung Aufgabe der Länder; mittellose Siedler neu anzusetzen, erscheine auch vom Siedlungsstandpunkt als nicht unbedenklich (R 43 I /881 , Bl. 355).

Die Aussprache führte zu keinem abschließenden Ergebnis.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte sich bereit, die Frage nochmals mit dem Reichsarbeitsminister im kleinen Kreise zu besprechen.

Außerordentlicher Haushalt.

Bisher Kap. I Tit. 1. Der Reichsarbeitsminister nahm Bezug auf die Zusagen des Reichsministers der Finanzen anläßlich der Aufstellung des Haushaltsplans 1930, den für die landwirtschaftliche Siedlung zum Gesamtbetrag von 250 Millionen RM fehlenden Betrag im Haushaltsjahr 1931 einzusetzen. Er erklärte, daß mit Rücksicht auf die Lage des Haushalts der Betrag für dieses Jahr gestrichen werden könne, wenn er im Laufe der nächsten Jahre allmählich eingesetzt werde, und der Reichsminister der Finanzen zusichere, für den Fall, daß bei der Umwandlung von Zwischenkrediten in Dauerkredite Schwierigkeiten eintreten, er die zur Fortführung der Siedlung durch Gewährung von Zwischenkrediten vorläufig notwendigen Mittel zur Verfügung stellen werde. Der Reichsminister der Finanzen erklärte sich hiermit einverstanden, soweit die Kassenmittel des Reichs ihn hierzu in Stand setzen würden14.

14

Im Rechnungsjahr 1926 war mit der Förderung des landwirtschaftlichen Siedlungswerks in dünn bevölkerten Gebieten begonnen worden. Die Gesamtsumme sollte 250 Mio RM betragen (RR-Drucks. 1926, Bd. 2, Nr. 181): HaushaltsgesEntw. für 1927 VII RArb.Min. Ao. Haushalt: II. Ausgabe, Kap. I Titel 2, S. 88/89). Im Haushalt 1930 war der fünfte Teilbetrag in Höhe von 49 900 000 RM eingesetzt worden (Haushaltsplan 1930, VII RArbMin. Ao. Haushalt II. Ausgabe, Kap. I Titel 1, S. 92/93). Für 1931 hatte der RArbM 39 751 Mio RM für landwirtschaftliche Siedlung eingesetzt (R 43 I /881 , Bl. 355).

Bisher Kap. I. Tit. 2. Förderung des Kleinwohnungsbaues. Der Titel soll gestrichen bleiben. Die Frage soll bei der Weiterbehandlung des Wohnungsbauprogramms 1931 zur Erledigung gebracht werden15.

15

Der RArbM hatte 150 Mio RM zur Förderung des Kleinwohnungsbaus eingesetzt. Der RFM hatte diesen Titel gestrichen, da nach dem Wirtschafts- und Finanzplan der RReg. der Kleinwohnungsbau im Jahre 1931 in Höhe von 400 Mio RM aus den Mitteln der Hauszinssteuer bestritten werden sollte (R 43 I /881 , Bl. 355–356).

[554] Der Reichskanzler schloß die Aussprache mit der Feststellung, daß der Reichshaushaltsplan 1931 einschließlich des Entwurfs eines Reichshaushaltsgesetzes in der vom Reichsminister der Finanzen vorgelegten Fassung die Billigung des Kabinetts erhalten habe, und daß nach Bereinigung der vorstehend genannten offenen Punkte die Weiterleitung an den Reichsrat und Reichstag erfolgen könne16.

16

Der RFM übersandte am 31.10.30 dem RR den ReichshaushaltsGesEntw. für 1931 zusammen mit den Gesetzentwürfen über Gehaltskürzungen und Ausgabenbegrenzungen: RR-Drucks. 1930, Bd. 4, Nr. 173. Dem RT wurde der HaushaltsGesEntw. am 28.11.30 übersandt (RT-Bd. 448 , Drucks. Nr. 311 ).

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