2.19.4 (bru1p): 4. Aufgliederung des Westprogramms.

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4. Aufgliederung des Westprogramms.

Der Reichsminister für die besetzten Gebiete erläuterte seine Vorlage vom 10. April 193012 […].

12

In der Kabinettsvorlage vom 10.4.30 hatte der RMbesGeb. die 20 Mio RM für die Westhilfe folgendermaßen aufgegliedert: 1) 5,5 Mio RM zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion (davon 1,0 Mio RM für die landwirtschaftlichen Genossenschaften); 2) 2 Mio RM als Beihilfen zum Bau von Wasserleitungen in armen Gemeinden; 3) 5,8 Mio RM zur Förderung des Kleingewerbes; 4) 6,2 Mio RM zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse; 5) 0,5 Mio RM für die Umwandlung von Krediten an die Heilbädergemeinden in Kommunalanleihen. Die Kabinettsvorlage wandte sich gegen Forderungen des RFM, die Saargängerunterstützung, den Grenzzollbahnhof Kehl, die Genossenschaftsstützung und die Pfalzkredite allein oder vorwiegend aus dem Westhilfefonds zu finanzieren (R 43 I /201 , Bl. 9–13). MinR Vogels hatte zu der Kabinettsvorlage bemerkt, daß der Westfonds in erster Linie für einmalige Ausgaben, zur Deckung der Besatzungsschäden, verwendet werden müsse und – anders als die Mittel des Ostprogramms – grundsätzlich nicht Zwecken zugeführt werden dürfe, die eine Weiterbetreuung in späteren Jahren notwendig machten. „Die Finanzierung eines mehrjährigen Westprogramms würde unabweisbare Berufungen anderer Notgebiete des Reichs heraufbeschwören, denen sich der Reichsminister der Finanzen mit Recht schon jetzt widersetzt“ (R 43 I /201 , Bl. 14).

Er beantragte

a)

daß die für die Fortgewährung der Saargängerunterstützung über den Etatansatz von 3 Millionen hinaus notwendig werdenden Reichsmittel von schätzungsweise 5 Mill. RM nicht der Westhilfe zu entnehmen, vielmehr einem Nachtragshaushalt vorzubehalten seien;

b)

daß die zur Baureifmachung des Geländes für den Grenzzollbahnhof Kehl in Höhe von 2,1 Mill. RM erforderlichen Kosten ebenfalls nicht aus dem Westhilfefonds bestritten würden.

[56] Abweichend von der Vorlage erklärte er sich bereit, zur Stützung der notleidenden gewerblichen Genossenschaften in Grenzgebieten einen Betrag von 1,25 Mill. RM aus der Westhilfe flüssig zu machen13. Zur Frage der Pfalzkredite stellte er keinen Antrag14.

13

Siehe Dok. Nr. 25, P. 3.

14

Das RPMin. hatte 1926 der Pfälzischen Wirtschaftsbank einen 1930 rückzahlbaren Kredit in Höhe von 10 Mio RM gewährt; zur Verlängerung des Kredits s. neben R 43 I /201 , Bl. 12 auch R 43 I /658 , Bl. 136–221.

Der Reichsminister der Finanzen erwiderte, daß das Kabinett sich bereits in einer früheren Kabinettssitzung dahin schlüssig geworden sei, von einem langfristigen Westprogramm abzusehen. Wenn er heute bitte, an diesem Standpunkt festzuhalten, so sei es nach seiner Ansicht nur folgerichtig, wenn der Westhilfefonds für die vom Reichsminister für die besetzten Gebiete genannten einmaligen Aufwendungen herangezogen werde. An anderen Stellen sei hierfür nicht Vorsorge getroffen. Er bat dringend, an dem früheren Standpunkte des Kabinetts umsomehr festzuhalten, als er nach Erledigung der Saarverhandlungen mit größeren Aufwendungen im Etat für die Rückgliederung des Saargebiets zu rechnen haben werde15. Das schließe nicht aus, daß auch in späteren Jahren nochmals kleinere Beträge für den Westen im Etat vorgesehen würden. Ein starker Abbau sei aber notwendig.

15

Vgl. Dok. Nr. 10.

Der Reichsminister des Innern widersprach der Darstellung, daß das Kabinett früher einen förmlichen Beschluß auf Abbau der Leistungen für den Westen gefaßt habe. Ohne der Notwendigkeit eines Abbaus der Leistungen für den Westen widersprechen zu sollen, widerriet er auch heute einem ausdrücklichen Kabinettsbeschluß nach dieser Richtung, da es eines solchen Beschlusses, der unnötige Schwierigkeiten heraufbeschwören könne, nicht bedürfe.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft stellte die Frage, ob das Rheinministerium bereit sei, sein Ministerium bei der Verteilung der zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktions- und Absatzverhältnisse in der Westhilfe vorgesehenen Mittel von 5,5 Mill. RM mitwirken zu lassen.

Der Reichsminister für die besetzten Gebiete bejahte diese Frage.

Der Reichsverkehrsminister bedauerte, daß das Westprogramm keine Tariferleichterungen für das Aachener Kohlengebiet vorsehe. Er kündigte an, daß derartige Maßnahmen auf eine Reihe von Jahren hinaus notwendig werden würden.

Das Kabinett beschloß entgegen dem Antrag des Reichsministers der Finanzen, die für den Bau des Grenzbahnhofs Kehl erforderlichen 2,1 Mill. RM nicht aus der Westhilfe zu entnehmen.

Der Reichsminister der Finanzen bemerkte hierzu, daß unter diesen Umständen im kommenden Jahre wahrscheinlich über den vom Rheinminister in Aussicht gestellten Betrag von 0,8 Mill. RM hinaus weitere Ausgaben für den Grenzzollbahnhof Kehl nicht geleistet werden könnten, da besondere Mittel im Etat hierfür nicht vorgesehen seien. Der Frage der Fortgewährung der Saargängerunterstützung erklärte der Reichsminister der Finanzen einstweilen freien Lauf lassen zu wollen.

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