2.242.1 (bru1p): Entwürfe von Gesetzen a) über Hilfsmaßnahmen für die notleidenden Gebiete des Ostens, b) zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung, c) über die Abwicklung der Aufbringungsumlage und die Neugestaltung der Bank für Deutsche Industrieobligationen.

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Entwürfe von Gesetzen
a) über Hilfsmaßnahmen für die notleidenden Gebiete des Ostens,
b) zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung,
c) über die Abwicklung der Aufbringungsumlage und die Neugestaltung der Bank für Deutsche Industrieobligationen1.

1

Vgl. Dok. Nr. 241.

[Das Kabinett beschloß einige redaktionelle Änderungen und Erläuterungen des Osthilfegesetzentwurfs. Die Beschlüsse sind im Protokoll in 15 Punkten aufgegliedert.]

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft gab eine Erklärung zu Protokoll ab (Anlage)2.

2

Zu diesem Punkt ist am Rande maschinenschriftlich vermerkt: „(Dieser Punkt ist nicht im Auszug zu übersenden, er ist nur für die Akten bestimmt)“. Der an die Reichsministerien und an das PrStMin. versandte Auszug enthielt Punkt 15 nicht (Durchschrift des gekürzten Auszugs aus dem Protokoll in R 43 I /1807 , Bl. 320–323). In seiner Erklärung bedauerte der REM, daß die Wiedereinführung des abgelaufenen Vollstreckungsschutzes im Osthilfegebiet abgelehnt worden sei. Die Gläubiger könnten nur beruhigt werden, wenn die in Aussicht genommenen Maßnahmen unverzüglich im ganzen Osthilfegebiet in Angriff genommen und mit allergrößter Beschleunigung durchgeführt würden. Das Kabinett müsse über den Antrag der Reg. von Mecklenburg-Schwerin entscheiden, ob für ihr Gebiet der Vollstreckungsschutz im Wege der NotVO eingeführt werden solle. Außerdem forderte der REM eine umfassende Lastensenkung für das Osthilfegebiet (Ungezeichneter „Entwurf einer Protokollnotiz für die Kabinettssitzung über die Osthilfe“ (Durchschrift), R 43 I /1448 , Bl. 152–154).

Der Reichskanzler stellte fest, daß die Erklärung nur für das Kabinett bestimmt und absolut vertraulich zu behandeln sei.

Im Verlauf der Aussprache, in der der Reichsminister Treviranus die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes erläutert hatte, hat der Reichsverkehrsminister die Streichung des § 6 verlangt, weil die Fürsorge für die Verkehrseinrichtungen Sache der Länder und, soweit es sich um Wasserstraßen handelt, die Mittel für die einzelnen Zwecke ausgeworfen seien3.

3

§ 6 des OsthilfegesEntw. bestimmte, daß bei der Verwendung der Reichshaushaltsmittel für den Ausbau des Land- und Wasserstraßennetzes, den Ausbau und die Erhaltung des Kleinbahnnetzes sowie die Verbesserung der Hafenanlagen und der Elektrizitätsversorgung das Osthilfegebiet vorwiegend berücksichtigt werden sollte (R 43 I /1807 , Bl. 236).

[867] Staatssekretär Dr. Trendelenburg wies darauf hin, daß die Belastung der Industrie mit der Aufbringungsumlage die Wettbewerbsverhältnisse stark beeinflusse, insbesondere auf dem Gebiete der Kohle.

Der Reichskanzler sprach sich dafür aus, daß die Industrieobligationen im Osthilfegebiete, insbesondere auch in Niederschlesien, wegfallen4.

4

Vgl. dazu Dok. Nr. 241.

Wegen der Unterstützung Bayerns aus Osthilfemitteln erklärte der Reichspostminister daß die Grenzgebiete mindestens ebenso notleidend seien wie die Ostgebiete Preußens; ihre Berücksichtigung im Osthilfegesetze werde nicht gefordert, es müsse aber etwas für sie geschehen5. Hierzu wies der Reichsarbeitsminister auf die Zuwendungen hin, die in die bayerischen Ostgrenzgebiete für Siedlungszwecke gelangt seien.

5

Der bayer. Gesandte v. Preger hatte dagegen in einem Schreiben an den RK vom 23.1.31 den Antrag gestellt, die bayer. Ostgrenzgebiete in das neue Osthilfegesetz mit einzubeziehen (R 43 I /1807 , Bl. 62).

Die Forderung des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft ging auf Bestimmung der Elbe als Grenze für die Osthilfegebiete.

Der Reichsminister der Finanzen lehnte jede weitere Ausdehnung der Osthilfemaßnahmen unter Hinweis auf die Lage der Reichsfinanzen ab.

Der Reichskanzler stellte fest, daß der Reichspostminister die bayerischen Ansprüche wegen einer Berücksichtigung der Ostgrenzgebiete angemeldet habe. Er wies darauf hin, daß auch Württemberg mit Ansprüchen erschienen sei6 und hielt ebenfalls die Bestimmung der Elbe als Grenze der Osthilfe für unmöglich. Er wäre für eine Ausdehnung der Lastensenkung, falls die erforderlichen Mittel vorhanden wären. Die Stimmung im Westen und Süden Deutschlands dürfe nicht verkannt werden. Der Reichslandbund habe gegen den Reichsminister der Finanzen und den Reichswirtschaftsminister Erklärungen abgegeben, die als unfair zu bezeichnen wären7.

6

Nicht ermittelt.

7

Nicht ermittelt. Vgl. Dok. Nr. 240, Anm. 9.

Hinsichtlich der Siedlung forderte der Reichsarbeitsminister den Ankauf möglichst geeigneten Landes, die Festsetzung des Betrages, der für neue Siedlungen in Frage komme in den Ausführungsbestimmungen und die Mitwirkung der Siedlungsbank. Er wies auf die Gefahr der Steigerung der Bodenpreise hin.

Der Reichsminister der Finanzen hielt es für möglich, Zwischenwirtschaften dadurch zu vermeiden, daß dem früheren Besitzer bei Verkauf von Teilen seines Gutes die Bewirtschaftung weiter anvertraut werde.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft und der Preußische Wohlfahrtsminister hielten ein Steigen der Bodenpreise nicht für vorliegend.

Der Reichskanzler sprach sich gegen die Festsetzung fester Quoten für neue Siedlungen und andere Zwecke aus. Reichsminister Treviranus erklärte sich bereit, mit dem Reichsarbeitsminister auf das engste zusammenzuarbeiten.

Bei der Besprechung der Bestimmungen über die Haftungsverbände brachte der Preußische Finanzminister erneut Bedenken gegen ihre Einrichtung vor8.[868] Er wies auf die Notwendigkeit hin, die Betriebsüberwachung weiter durch die betriebswirtschaftlichen Abteilungen der Landstellen vornehmen zu lassen.

8

S. auch Dok. Nr. 241.

Der Reichskanzler wies demgegenüber mit Nachdruck darauf hin, daß bei der Chefbesprechung am 13. Februar, an der der Preußische Ministerpräsident teilgenommen hat, Einvernehmen über die Errichtung der Haftungsverbände erzielt worden sei. Er wandte sich entschieden dagegen, daß von der Preußenkasse weiter Schwierigkeiten gemacht würden.

Zum Aufbringungsabbaugesetzentwurf sprach sich Staatssekretär Trendelenburg dafür aus, daß die Reichsregierung zur Wahrung der öffentlichen Interessen bei der Bank für deutsche Industrieobligationen nur einen Kommissar bestimme und daß die landwirtschaftlichen Mitglieder des Aufsichtsrats durch die Generalversammlung gewählt und nicht vom Aufsichtsrat kooptiert werden9.

9

Nach § 11 Abs. 6 des GesEntw. über die Abwicklung der Aufbringungsumlage und die Neugestaltung der Bank für Industrieobligationen sollten drei Mitglieder vom Aufsichtsrat aus den Kreisen der Landwirtschaft gewählt werden (R 43 I /1807 , Bl. 261).

Auf Wunsch des Reichsbankvizepräsidenten erklärte er sich bereit, darauf hinzuwirken, daß der Vertreter der Reichsbank im Aufsichtsrat der Gesellschaft in den engeren Ausschuß gewählt und daß dies in der Geschäftsordnung festgelegt werden soll. Er sagte zu, daß vor Emissionen mit der Reichsbank Fühlung genommen und daß die Satzung rechtzeitig mit ihr besprochen werde.

Der Preußische Finanzminister machte Bedenken wegen des Geschäftsbereichs der Bank geltend, der eine Konkurrenz mit der Rentenbank-Kreditanstalt und der Preußenkasse zur Folge haben könne.

Hierzu erklärte Staatssekretär Dr. Trendelenburg, daß Nebengeschäfte der Bank im Rahmen ihrer gesamten Aufgaben notwendig wären und daß auch aus Gründen ihrer Geltung der Rahmen der Geschäfte nicht zu eng gesteckt werden möchte10.

10

Zum Fortgang der Beratungen über den OsthilfegesEntw. s. Dok. Nr. 258.

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