1.220.4 (bru2p): 4. Vereinfachungen und Ersparnisse auf dem Gebiete der Rechtspflege.

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4. Vereinfachungen und Ersparnisse auf dem Gebiete der Rechtspflege.

Auf Vorschlag des Stellvertreters des Reichskanzlers und Reichsministers der Finanzen, der inzwischen den Vorsitz in der Sitzung übernommen hatte,[1695] trug Staatssekretär Dr. JoëlJoël die zwischen dem Reich und Preußen auf dem Gebiete der Justizreform noch vorhandenen Streitpunkte vor6.

6

Mit Schreiben vom 4.9.31 hatte der PrMinPräs. Braun dem RK einige Sparmaßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege vorgeschlagen (R 43 I /1213 , Bl. 10–14). Das RJMin. hatte nach eingehenden Besprechungen mit den pr. Ressorts am 12.9.31 einen entsprechenden NotVOEntw. mit einer Stellungnahme zu den Vorschlägen des PrMinPräs. vorgelegt, in der die strittigen Punkte zwischen dem RJMin. und Preußen dargelegt worden waren (R 43 I /1213 , Bl. 16–26).

a) Übertragung aller erstinstanzlicher, nicht vermögensrechtlicher Streitigkeiten, insbesondere auch der Ehesachen und aller vermögensrechtlichen Sachen mit einem 6 000 RM nicht übersteigenden Streitwerte an alle Einzelrichter.

Das Reichskabinett lehnte diese Übertragung ab, weil von einer derartigen Änderung eine Verschlechterung der Rechtspflege zu erwarten sei.

b) Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte bei Festsetzung der Wertgrenze von 800,– RM auf 1 000,– RM.

Das Reichskabinett erklärte sich hiermit einverstanden.

c) Erhöhung der Berufungssumme von 50,– RM auf 100,– RM und der Beschwerdesumme von 30,– RM auf 50,– RM.

Das Reichskabinett erklärte sich hiermit einverstanden.

d) Senkung der durch die Notverordnung vom 1. Dezember 1930 bereits um 10% gesenkten Gebühren der Rechtsanwälte in Armensachen in den Wertstufen bis zu 800,– RM um weitere 10%, in den höheren Wertstufen um weitere 15%.

Staatssekretär Dr. JoëlJoël äußerte schwerste Bedenken gegen eine derart weitgehende Gebührensenkung. Er führte aus, daß die Rechtsanwaltschaft mit den größten wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen habe. Die Schwierigkeiten würden durch eine derartige Vorschrift in starkem Maße vermehrt werden. Die politischen Folgen weiterer Proletarisierung der Rechtsanwaltschaft seien vorauszusehen. Wie die Geschichte lehre, würden viele Rechtsanwälte sich zu Führern der radikalen Parteien machen. Eine solche Entwicklung könne nicht im staatspolitischen Interesse liegen. Es sei auch zu bedenken, daß bei den jetzt gültigen Armenrechtsgebühren in den niedrigeren Wertstufen die Bürounkosten des Rechtsanwalts kaum gedeckt würden. Der Preußische Finanzminister erklärte, auf eine derartige Senkung der Gebühren großes Gewicht legen zu müssen. Sie würde nicht unerhebliche Ersparnisse für die Preußische Justiz zur Folge haben.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Reichsminister der Finanzen bezeichnete es als notwendig, diese Frage in Anwesenheit des Reichskanzlers eingehend zu erörtern7.

7

S. Dok. Nr. 476, P. 5.

e) Änderung der Vollstreckungsintervention im Beschlußverfahren.

Staatssekretär Dr. JoëlJoël äußerte schwere Bedenken gegen eine derartige Änderung.

Der Preußische Finanzminister erklärte, auf diese Änderung verzichten zu können.

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