1.245.1 (bru2p): 1. Fortsetzung der Beratung über den Entwurf der dritten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen.

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1. Fortsetzung der Beratung über den Entwurf der dritten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen.

Bekämpfung des politischen Terrors.

Der Reichsminister des Innern wies auf die grundsätzliche Bedeutung der Frage hin, ob die KPD zu verbieten sei1. Die Konsequenz eines derartigen Verbots wäre die Ungültigkeitserklärung sämtlicher kommunistischer Mandate und das Verbot der Auslegung kommunistischer Listen zu den Wahlen. Nachdem in einer kürzlich abgehaltenen Besprechung mit den Ministerpräsidenten der Länder diese sich gegen ein allgemeines Verbot der KPD geäußert hätten, halte er, der Reichsminister des Innern, gleichfalls ein Verbot für nicht möglich.

1

Vgl. zu dieser Forderung Dok. Nr. 443, Anm. 2.

Die Länder, mit Ausnahme Bayerns, verlangten ein Demonstrations- und Uniformverbot für das ganze Reich2. Er habe diesem Wunsch jedoch in dem Entwurf nicht Rechnung getragen.

2

Vgl. dazu Dok. Nr. 236.

Staatssekretär ZweigertZweigert erläuterte im einzelnen den Entwurf einer Verordnung zur Bekämpfung des politischen Terrors3.

3

Dieser, der Rkei am 24.9.31 zugeleitete NotVOEntw. enthielt neben strafverschärfenden Bestimmungen über den Hochverrat Strafvorschriften über die Herstellung und die Verbreitung illegaler Schriften, die Umgehung von Zeitungsverboten, die Benutzung von Räumlichkeiten zu staatsgefährlicher Betätigung und die Teilnahme an verbotenen oder nicht angemeldeten Versammlungen oder Aufzügen; § 7 des VOEntw. ermächtigte die Polizei, Personen, die auf frischer Tat bei Waffendelikten festgenommen waren, mit richterlicher Genehmigung bis zur Hauptverhandlung in Polizeigewahrsam zu nehmen (R 43 I /2701  a, Bl. 205–210).

Staatssekretär Dr. JoëlJoël erklärte sich mit dem Entwurf einverstanden. Er wies im übrigen darauf hin, daß der Oberreichsanwalt ein Verbot der KPD wünsche4.

4

S. Dok. Nr. 443, Anm. 2.

Der Reichswehrminister erklärte, daß er dem Entwurf grundsätzlich zustimme und führte im übrigen aus, daß er die Verhängung des militärischen Ausnahmezustandes zur Zeit für nicht notwendig halte.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Reichsminister der Finanzen erklärte, daß ein Uniformverbot ausgesprochen werden müßte.

Staatssekretär Dr. WeismannWeismann führte aus, daß die Preußische Regierung[1771] mit dem Entwurf einverstanden sei. Über die Frage eines Verbots der Kommunistischen Partei sei das Preußische Kabinett sich noch nicht schlüssig geworden. Die kommunistische Gefahr sei auf jeden Fall sehr groß. Kürzlich habe er erfahren, daß die Komintern Deutschland jetzt als reife Frucht betrachte.

Bei der Erörterung der Einzelheiten des Entwurfs wurden Bedenken gegen die Überschrift des § 7 sowie gegen die Fassung des ersten Absatzes dieses Paragraphen und gegen die Fassung der Nr. 1 des § 8 von verschiedenen Seiten geäußert. Das Reichsministerium des Innern wird neue Fassungen entwerfen5.

5

Vgl. dazu Dok. Nr. 502.

Das Reichsministerium des Innern wird ferner die Frage einer Ermächtigung für die Reichsregierung zum Erlaß eines Uniformverbots prüfen und eine Erweiterung der Verbotsmöglichkeiten von Filmen in Erwägung ziehen, um Filme, wie „Der Weg ins Leben“ verbieten zu können6.

6

Der sowjetische Spielfilm „Der Weg ins Leben“ von 1931 schildert das Treiben verwahrloster Jugendlicher kurz nach dem Bürgerkrieg und ihre Resozialisierung durch kollektive Arbeit. Die Figur des Erziehers erinnert an den sowjetischen Pädagogen Makarenko. Der Film wurde am 8.9.31 von der dt. Filmzensur freigegeben.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers und Reichsminister der Finanzen wies darauf hin, daß für derartige Filme unbedingt Verbotsmöglichkeiten geschaffen werden müßten. Die Jugend werde durch derartige Filme vollkommen radikalisiert.

Staatssekretär Dr. WeismannWeismann erklärte, daß Preußen diesen Bestrebungen gegenüber sich nicht ablehnend verhalten werde.

Der Reichsminister des Innern berichtete kurz über die von ihm gemeinsam mit den beiden christlichen Kirchen in die Wege geleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Gottlosenpropaganda.

Entwurf einer Verordnung über Kapitelherabsetzungen in erleichterter Form.

Staatssekretär Dr. JoëlJoël trug den Inhalt der Vorlage des Reichsministers der Justiz vom 29. 9. d. Js. […] vor7.

7

Der Entw. befindet sich in R 43 I /1082 , Bl. 311–314.

Er führte aus, daß die Ziele des Entwurfs unter anderem in einer Wiederherstellung der Bilanzklarheit, der Vermeidung der Anmeldung der Überschuldung und der Schaffung von Möglichkeiten für die Wiederaufnahme einer Dividendenausschüttung beständen.

Staatssekretär Dr. TrendelenburgTrendelenburg erklärte sich mit dem Entwurf in allen Einzelheiten einverstanden.

Ministerialdirektor Dr. ZardenZarden stimmte dem Entwurf gleichfalls zu. Er bezeichnete es als notwendig, in einer Presseveröffentlichung auf die Zusammenhänge zwischen dieser Verordnung und den Bilanzierungsvorschriften über Bilanzierung in erleichterter Form hinzuweisen.

Das Reichskabinett stimmte dem Entwurf des Reichsministers der Justiz zu. Die Vornahme redaktioneller Änderungen bleibt dem Reichsminister der Justiz überlassen8.

8

S. die 3. NotVO zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6.10.31, 5. Teil, Kapitel II (RGBl. I, S. 556 ).

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