2.27.3 (lut1p): 3. Unterstützung der Deutschen Werke.

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3. Unterstützung der Deutschen Werke.

Nach Zuziehung des Staatssekretärs Fischer vom Reichsfinanzministerium wird alsdann die Frage behandelt, ob und in welchem Umfange es möglich sein werde, die Deutschen Werke1 weiterhin mit Geldmitteln zu unterstützen.

1

Deutsche Werke AG Berlin, reichseigenes, dem Reiche gegenüber rechtsunabhängiges Unternehmen, gegründet 1919 auf Beschluß der Nationalversammlung zum Zwecke der friedensmäßigen Umgestaltung und Weiterführung der ehemaligen Marine- und Heeresbetriebe (u. a. Kiel, Spandau). Das Aktienkapital der Dt. Werke befindet sich im Besitz der „Vereinigten Industrieunternehmungen AG“ (Viag), einer 1923 gegründeten Holdinggesellschaft für die reichseigenen Betriebe.

[104] Der Reichsminister der Finanzen und Staatssekretär Fischer erstatten eingehenden Vortrag über die gegenwärtige Finanzlage, deren Schwierigkeiten darin bestehen, daß sofort 7 Millionen Mark fälliger Schulden abgedeckt werden müssen und zur Fortführung des Betriebes in seinem bisherigen Umfange neben der Aufbringung von etwa mindestens 16 Millionen Betriebskapital ein monatlicher Zuschuß von etwa 1 Million Mark erforderlich sei. Nach Schätzung des Staatssekretärs Fischer werden in der nächsten Zeit etwa 40 Millionen Mark aufgewandt werden müssen, wenn die Belegschaften sämtlicher Betriebe der Deutschen Werke voll in Arbeit gehalten werden sollen. Werde ein Plan des Generaldirektors Henrich zum Bau eines Typenwagens im Wege der Bandproduktion aufgenommen, so würde wahrscheinlich noch ein weit höherer Betrag notwendig werden. Dieser Wagen werde zur Zeit für 4500 Mark verkauft, koste aber in Wahrheit etwa 8000 Mark; nur bei einer starken Produktion von 1500 Stück monatlich werden die Herstellungskosten sich voraussichtlich auf den gegenwärtigen Verkaufspreis herabsetzen lassen. Henrich empfehle dringend die Verfolgung dieses Planes und hoffe, von einer großen Zahl der Abnehmer Vorauszahlung des Kaufpreises zu erhalten. Sämtliche Anwesenden empfinden diesen Plan als Illusion.

Staatssekretär Geib hält auch nicht für vertretbar, die erforderliche Summe aus Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge2 aufzubringen.

2

S. dazu Anm. 7 zu Dok. Nr. 57.

Der Reichsminister der Finanzen regt an zu beschließen:

1.

sich nicht dafür stark zu machen, die Automobilpläne weiter zu verfolgen,

2.

wohl aber ihn zu ermächtigen, 12 Millionen, wozu die Mehrheitsparteien zu haben seien, zum Zwecke einer sachgemäßen Liquidierung der Deutschen Werke zur Verfügung zu stellen.

Der Reichskanzler weist darauf hin, daß es nicht zweckmäßig sei, die Verantwortlichkeit zu verschieben. Diese läge, da die Deutschen Werke sowohl wie die Viag nach dem Handelsgesetzbuch privatrechtlich aufgezogen seien, bei den Organen der Gesellschaften. Die Frage, ob liquidiert werden solle oder nicht, dürfe als solche die Reichsregierung nicht beschäftigen, sondern nur die Frage, ob und welche Mittel zur Verfügung gestellt werden könnten. Es müsse den Deutschen Werken auch überlassen bleiben, die Art ihrer Produktion und eventuell die Art der Liquidierung zu regeln. Für das Reich komme nur in Frage zu entscheiden, ob und welche Mittel es bereitstellen wolle. Auch andere Werke würden in Schwierigkeiten geraten; gäbe das Reich den Deutschen Werken Mittel, würden Berufungen von anderer Seite nicht ausbleiben.

Nachdem der Reichsminister der Finanzen mitgeteilt hatte, daß die Regierungsparteien für die Hergabe beträchtlicher Gelder nicht zu haben, wohl aber zur Bewilligung von Mitteln für eine sachgemäße und nicht überstürzte Liquidierung bereit seien3, wird beschlossen, daß von seiten des Reichs nur 12 Millionen[105] zur Verfügung gestellt werden sollten und daß sich aus diesem Beschluß die notwendigen Konsequenzen für den Aufsichtsrat und den Vorstand der Deutschen Werke und der Viag ergeben müßten. Aus dem Beschluß würde sich ergeben müssen, daß es nicht möglich sei, den Plan der Herstellung der Serienwagen weiter zu verfolgen, und daß die Frage der Liquidierung vom Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Werke und der Viag ernstlich erwogen werden müsse4.

3

Mit den Stimmen der Regierungsparteien nimmt der RT am 20. 3. eine Entschließung des 5. Ausschusses (Reichshaushalt) an, die RReg. zu ersuchen, „bei der Umstellung der Deutschen Werke alle Maßnahmen zu ergreifen, die bei möglicher Erhaltung der Arbeitsgelegenheit geeignet sind, die Reichsinteressen in vollem Umfange zu wahren.“ (RT-Drucks. Nr. 708, Bd. 399  und RT-Bd. 385, S. 1192 ).

4

Über die strukturellen Veränderungen, die bei den Dt. Werken im Jahre 1925 vorgenommen werden, waren Akten in R 43 I nicht zu ermitteln. Ausgeschieden werden zunächst die Marinewerften Kiel und Friedrichsort, aus denen eine selbständige „Deutsche Werke Kiel A.G.“ gebildet wird. Das Reich übernimmt das gesamte Aktienkapital der neuen Gesellschaft von den Dt. Werken zu einem Preis von 12 Mio RM. Dieser Kaufpreis wird gegen ein Darlehen des Reichs an die Dt. Werke von gleichfalls 12 Mio RM, das zur Sicherung der bei den Dt. Werken vorhandenen Produktionskapazität verwendet werden soll, verrechnet (s. die Ergänzung zum Haushaltsentwurf des RFMin. 1924, RT-Drucks. Nr. 896 (15.5.25), Bd. 400 ; vom RT bewilligt am 31.7.25, RT-Bd. 387, S. 3782 ). Die restlichen Unternehmen der Mitte 1925 in Liquidation gehenden Dt. Werke werden in der „Deutschen Industriewerke A.G.“, Berlin, zusammengefaßt. Holdinggesellschaft der beiden neuen Reichsunternehmen bleibt die „Vereinigte Industrieunternehmungen A.G.“ (Viag).

Zur Finanzierung der bei den „Deutschen Werken Kiel“ erforderlichen Investitionen und zur Sicherstellung der dortigen Arbeitsplätze werden 1925 vom Reiche weitere 10 Mio RM zur Verfügung gestellt (s. die Ergänzung zum Haushaltsentwurf des RFMin. 1925, RT-Drucks. Nr. 897 (13.5.25), Bd. 400 ; vom RT bewilligt am 23.1.26, s. RT-Bd. 388, S. 5117 ).

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