2.212.1 (ma31p): Deutsch-französische Handelsvertragsverhandlungen.

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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Deutsch-französische Handelsvertragsverhandlungen.

Ministerialdirektor Posse trug den Stand der Verhandlungen mit Frankreich vor1 und empfahl den Abschluß eines Provisoriums, nach dem die mit Frankreich getroffenen Vereinbarungen durch das Zugeständnis eines Kontingents von insgesamt 70 000 hl Wein zu den Sätzen des deutsch-italienischen[662] Handelsvertrages2 sowie auf französischer Seite durch Zulassung von Kontingenten deutscher Maschinen, Chemikalien und Textilien erweitert werden. Das Provisorium solle bis 30. Juni gelten. Inzwischen sei zu hoffen, daß die Verhandlungen über den endgültigen Handelsvertrag günstig fortschreiten und daß insbesondere auch von anderen Ländern gegen den neuen französischen Zolltarif Stellung genommen wird mit dem Ziele, die Hinausschiebung des Inkraftsetzens für längere Zeit zu erreichen.

1

Siehe dazu: ADAP, Serie B, Bd. IV, Dok. Nr. 258; Bd. V, Dok. Nr. 2 und 34.

2

Im dt.-ital. Handelsvertrag vom 31.10.25 (RGBl. II, S. 1020 ) war ein Zollsatz von 32 RM für Rotwein und von 45 RM für Weißwein (je dz) festgelegt worden.

Der Reichsverband der deutschen Industrie habe zunächst gewisse Bedenken gegen das in Aussicht genommene Provisorium gehabt, weil darin bereits Zugeständnisse in der Weineinfuhr gemacht seien, und weil kleinere Industrien keine Berücksichtigung fänden. Er habe sich aber mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten, die durch den vertragslosen Zustand für das Saargebiet entständen und die Gefahr eines Zerschlagens des Eisenpaktes mit dem Abschluß einverstanden erklärt. Es sei kein Zweifel, daß die Franzosen das geltende Abkommen zum 1. April kündigen würden3, wenn der Vertrag nicht rechtzeitig zustande käme. Sie seien innerpolitisch in dieser Richtung gebunden. Eine rasche Entscheidung sei bei dieser Sachlage erforderlich.

3

Vgl. Dok. Nr. 186, Anm. 15.

Der Herr Reichskanzler stellte die Frage zur Diskussion, ob jetzt bereits mit Sachverständigen des Weinbaues und der Industrie über den Stand der Verhandlungen beraten werden solle. Vorsorglich seien Vertreter dieser Erwerbszweige bereits ins Reichskanzlerhaus gebeten4.

4

Siehe dazu den Vermerk Feßlers vom 28.3.27 (R 43 I /1120 , Bl. 38–39).

Reichsminister Dr. Stresemann sprach sich dagegen aus, daß Sachverständige zu der Chefbesprechung zugezogen würden. Eine Beruhigung der Beteiligten werde sich daraus kaum ergeben.

Der Reichsminister der Finanzen schloß sich dieser Ansicht an, hielt es aber für zweckmäßig, jetzt mit den Parteiführern Fühlung zu nehmen.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hielt dagegen auch eine Besprechung mit den Parteiführern im gegenwärtigen Augenblick nicht für zweckmäßig; mit ihnen solle erst gesprochen werden, wenn die Verhandlungen bis kurz vor den Abschluß geführt seien, da anderenfalls mit Berufungen und Unzuträglichkeiten zu rechnen sei.

Auch der Reichswirtschaftsminister sprach sich in diesem Sinne aus.

Daraufhin wurde davon abgesehen, die Sachverständigen zur Beratung zuzuziehen oder jetzt bereits Besprechungen mit den Parteiführern ins Auge zu fassen. Eine vertrauliche Unterrichtung der Parteiführer solle nicht ausgeschlossen sein5.

5

Im Anschluß an diese Chefbesprechung beschäftigte sich das Kabinett mit dem Stand der dt.-frz. Handelsvertragsverhandlungen (Dok. Nr. 213, P. 1). Eine Besprechung mit dem Interfraktionellen Ausschuß der Regierungsparteien über dieses Thema fand am 31. 3. statt (Dok. Nr. 216).

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