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[73] [Anlage]

Die staatspolitische und staatsrechtliche Seite der hessischen Frage.

Die hessischen Verhältnisse haben die Frage, ob die kleinen und mittelkleinen deutschen Länder noch weiter ein eigenstaatliches Leben aufrecht erhalten können, wieder aufgerollt. In Hessen ist bereits der Gedanke einer Reichsprovinz erörtert worden3. In Schaumburg-Lippe hat sich die inzwischen zurückgetretene Regierung entschieden für den Anschluß des kleinen Landes an Preußen eingesetzt mit der Begründung, daß nur in einem Großbetrieb auf die Dauer eine kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Landes gesichert werden kann4. Die Frage der Neugliederung des Reichs, die in den letzten Jahren geruht hat, scheint wieder aufzuleben. Im gegenwärtigen Zeitpunkt dürfte es indessen nicht ratsam sein, von Reichs wegen in diese Entwicklung einzugreifen. Vielmehr wird zunächst die Neuregelung des Finanzausgleichs zwischen Reich, Ländern und Gemeinden abzuwarten sein. Namentlich empfiehlt es sich nicht, gegenüber Hessen jetzt von seiten des Reichs die Aufgabe der hessischen Selbständigkeit in die Erörterung zu ziehen. Denn es wird nicht abzustreiten sein, daß die finanziellen Schwierigkeiten Hessens zum Teil wenigstens auf die Besatzungsverhältnisse und deren Rückwirkungen zurückzuführen sind. Unter diesen Umständen wird nichts anderes übrig bleiben, als daß das Reich dem Lande Hessen finanziell hilft, die Folgen der Besatzung zu überdauern. Die Gewährung von Reichszuschüssen wird das Reich in die Lage versetzen, einen entsprechenden Einfluß auf die Gestaltung der hessischen Staats- und Finanzverhältnisse zu nehmen5. Die hessische Staatsregierung hat bereits zu erkennen gegeben, sich[74] einer weitgehenden Finanzkontrolle durch das Reich zu unterwerfen6. Nach den Erfahrungen einer solchen Finanzkontrolle wird dann später auch der Gedanke eines Zusammenschlusses mit anderen kleinen mitteldeutschen Ländern, gegebenenfalls der Plan einer Reichsprovinz, erörtert werden können.

3

Siehe dazu: Kahlenberg, Die Berichte Eduard Davids als Reichsvertreter in Hessen, Dok. Nr. 151, 153, 156 und 161.

4

Bei der Volksabstimmung über einen Anschluß Schaumburg-Lippes an Preußen am 6.6.26 hatte sich die Mehrheit der Wähler gegen einen Anschluß ausgesprochen. Daraufhin waren die vier parlamentarischen Mitglieder der schaumburg-lippischen Landesreg., die den Anschluß befürwortet hatten, am 14. 6. zurückgetreten.

5

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Stellungnahme des RMinbesGeb.: „Eine staatsrechtliche Veränderung des Landes Hessen muß für die Fortdauer der Besetzung außer Diskussion bleiben, weil sie innerpolitische Gegensätze schwerwiegender Art in das gesamte besetzte Gebiet bringen könnte. Dagegen wird jede Reichshilfe an die Forderung der Durchführung weitgehender Sparmaßnahmen in bezug auf den Behördenapparat zu knüpfen, auch eine wirksame Finanzaufsicht durch das Reich sicherzustellen sein. Jedoch müssen die kulturellen Einrichtungen Hessens namentlich auch aus Gründen der Abwehr der französischen Kulturbestrebungen wenigstens in ihren Hauptteilen (Universität, Technische Hochschule) nach Möglichkeit erhalten bleiben.“ (Anlage zum Schreiben des RFM vom 30. 7. an den StSRkei, R 43 I /2271 , Bl. 288–289).

6

Siehe dazu auch Dok. Nr. 66.

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