2.93 (wir1p): Nr. 90 Der Reichsschatzminister an den Reichsminister des Innern. 13. September 1921

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[264] Nr. 90
Der Reichsschatzminister an den Reichsminister des Innern. 13. September 1921

R 43 I /2305 , Bl. 119 Abschrift1

1

Bauer übersandte die vorstehende Abschrift dem RK zur Kenntnisnahme.

[Betrifft: Reichskommissariat für öffentliche Ordnung]

Der Bericht des Reichskommissars für öffentliche Ordnung vom 6.9.1921 enthält wiederum lediglich Angaben über die Bedrohung der öffentlichen Ordnung von links her2. Ich bin der Meinung, daß die Ereignisse der letzten Wochen deutlich genug gezeigt haben, daß gegenwärtig die Bedrohung der öffentlichen Ordnung durch die Rechtsradikalen erheblich stärker ist als von links her3. Bezüglich der Treibereien von rechts her wird aber lediglich festgestellt: „Die Gefahr eines Rechtsputsches besteht nach wie vor nicht.“ Worauf sich dieses Urteil stützt, geht aus dem Bericht nicht hervor. Daß weitverzweigte Organisationen der Rechtsradikalen vorhanden sind, die den Zweck verfolgen, die gegenwärtige Staatsform eventuell mit Gewalt über den Haufen zu rennen, steht außer Zweifel. Diese Organisationen aufzuspüren und ihre Tätigkeit zu überwachen, scheint mir viel wichtiger zu sein, als Berichte über Vorgänge zusammenzustellen, die fast sämtlich durch die Presse verbreitet worden sind. Das Ihnen unterstehende Reichskommissariat für öffentliche Ordnung scheint mir sehr einseitig aufgezogen zu sein4.

2

In R 43 I nicht ermittelt.

3

Vgl. auch die RT-Sitzung vom 30.9.21, RT-Bd. 350, S. 4629  ff.

4

Der RIM antwortet darauf mit Schreiben vom 19.9.21, das wiederum in Abschrift in den Akten der Rkei liegt u. a.: „Der Reichskommissar wendet seine Aufmerksamkeit in gleicher Weise der Bewegung, die von rechts, wie der, die von links die Staatsregierung stürzen will, zu. Die Überwachung der Rechtsbewegung ist aber um deswillen sehr viel schwieriger, weil es keine Partei ist, die offen für den gewaltsamen Sturz der Reichsregierung eintritt, wie dies in vielen Fällen seitens der kommunistischen Parteien geschieht, sondern weil es kleine Verschwörercliquen sind, die die Fäden sehr straff in der Hand halten, so daß nur eine gute und gewissenhafte Polizei diesen Dingen auf die Spur kommen kann. Irgendeine Polizei steht aber dem Reiche zurzeit überhaupt nicht zur Verfügung, der Reichskommissar ist auch hier lediglich auf die Meldungen der Länder angewiesen. Es wird dabei nicht verkannt, daß die unteren Polizeibehörden vielfach noch einseitig gegen links und die Art des von den Kommunisten angewandten Kampfes eingestellt sind, während ihnen die Schulung zum Kampf gegen die in ihrem Wesen ganz anders aufgebauten Kampforganisationen der Rechten zurzeit noch fehlt. Ich werde jedoch darauf hinwirken, daß in dieser Richtung eine Besserung eintritt.“ (R 43 I /2305 , Bl. 124 f.).

gez. Bauer.

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