2.118.1 (bru1p): 1. Fortsetzung der Vorbereitung des Finanz- und Wirtschaftsplans der Reichsregierung.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 5). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II. Band 1 Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

1. Fortsetzung der Vorbereitung des Finanz- und Wirtschaftsplans der Reichsregierung.

Das Kabinett setzte die am 24. September unterbrochene Beratung fort1.

1

Vgl. Dok. Nr. 117.

V. Finanzierung der Arbeitslosenversicherung – Reform der Arbeitslosenhilfe.

Der Reichsarbeitsminister nahm Bezug auf die den Reichsministern zugegangenen schriftlichen Vorlagen vom 20. September 1930 und schlug vor, die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung vom 5. Oktober ab von 4½% auf 6½% zu erhöhen2.

2

S. Dok. Nr. 116, P. 1.

Sodann machte er anhand der Aufzeichnungen (Anl. 1) eingehende Ausführungen über die von ihm beabsichtigte Umgestaltung der Krisenfürsorge3. Als Hauptpunkte der Reform nannte er

3

Der Entw. des Erlasses über Personenkreis und Dauer der Krisenunterstützung hob die bisherige Beschränkung der Krisenfürsorge auf bestimmte Berufsgruppen auf und dehnte sie auf grundsätzlich alle Berufe aus. In Gemeinden mit 10 000 und mehr Einwohnern sollte die Krisenunterstützung den Angehörigen aller Berufsgruppen ohne besondere Zulassung gewährt werden. Die Vorsitzenden der Landesarbeitsämter wurden ermächtigt, für ihren Amtsbezirk oder Teile desselben Berufsgruppen zur Krisenunterstützung zuzulassen. Von der Unterstützung waren Angehörige der Berufsgruppen „Landwirtschaft“ und „häusliche Dienste“ sowie Arbeitslose unter 21 Jahren ausgeschlossen. Krisenunterstützung stand den Arbeitslosen zu, die aus der ALV ausgesteuert waren. Die Dauer der Unterstützung sollte höchstens 26 Wochen betragen, bei Erwerbslosen über 40 Jahren konnte sie bis zu 39 Wochen verlängert werden (R 43 I /1446 , Bl. 255–258).

a) Ausscheidung der Kurzanwärter aus der Krisenfürsorge,

b) Verschärfung der Bedürftigkeitsprüfung,

c) Anpassung der Unterstützungssätze an die Sätze der Wohlfahrtsfürsorge.

Die Reform soll durch Erlaß einer Verordnung erfolgen, die nach Möglichkeit bereits am 1. November d. J. in Kraft treten soll4. Er bezweifelte, daß es sich trotz der in Aussicht genommenen Reform ermöglichen lassen werde, in der Krisenfürsorge im Rechnungsjahr 1931 mit dem vom Reichsminister der Finanzen vorgesehenen Betrag von 400 Millionen durchzukommen.

4

Der VOEntw. regelte die Einzelheiten der Krisenfürsorge, vor allem die Anrechnung eigener Einkommen der Arbeitslosen auf die Unterstützung (R 43 I /1446 , Bl. 259–270). Zur Veröffentlichung des Erlasses und der VO über die Krisenfürsorge s. Dok. Nr. 122, P. 1.

[447] Der Reichsminister der Finanzen erwiderte, ohne Widerspruch des Reichsarbeitsministers zu finden, daß die Arbeitslosenversicherung im kommenden Rechnungsjahr bei einer Beitragshöhe von 6½ v.H. finanziell gesichert sein werde, so daß eine Belastung des Haushalts für die Zwecke der Arbeitslosenversicherung nicht in Frage komme. Es werde sogar ein Überschuß für die Krisenfürsorge bleiben.

Sodann stellte er die Aufwendungen für die Arbeitslosenfürsorge im Rechnungsjahr 1930 den im Rechnungsjahr 1931 für den gleichen Zweck vorgesehenen Mitteln gegenüber. Es wurde berechnet, daß die Arbeitslosenfürsorge im laufenden Rechnungsjahr insgesamt 2.270.000.000 Reichsmark erfordere.

Dieser Betrag setze sich wie folgt zusammen:

Versicherungsbeiträge

1296 Millionen RM

Zuschüsse des Reichs

434 Millionen RM

Darlehen des Reichs

140 Millionen RM

Krisenfürsorge

400 Millionen RM

insgesamt

2270 Millionen RM

Demgegenüber werden im Rechnungsjahr 1931

zur Verfügung stehen:

Aus 6½ v.H. Versicherungsbeiträgen

(1% = 260 Millionen) =

1690 Millionen RM

Zuschüsse des Reichshaushalts zur Krisenfürsorge

400 Millionen RM

insgesamt

2090 Millionen RM

Der Reichsminister der Finanzen meinte, daß man die Differenz zwischen 1930 und 1931 einstweilen ungedeckt lassen könne, weil man unbedenklich eine bescheidene Besserung der Wirtschaftslage für 1931 in Rechnung stellen dürfe.

Beschlüsse wurden nicht gefaßt.

Die Weiterberatung wurde auf den Nachmittag vertagt5.

5

S. Dok. Nr. 119.

Extras (Fußzeile):