2.80.1 (bru1p): 1. Stellungnahme zum Initiativantrag betreffend den Entwurf eines Pensionskürzungsgesetzes.

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[323] 1. Stellungnahme zum Initiativantrag betreffend den Entwurf eines Pensionskürzungsgesetzes.

Der Reichsminister der Finanzen berichtete im Sinne der anliegenden schriftlichen Aufzeichnung über die Behandlung des Antrages Dr. Breitscheids und Genossen Nr. 2214 der Reichstagsdrucksachen, betreffend den Entwurf eines Gesetzes über Kürzung der Versorgungsbezüge1. Er fügte hinzu, daß die Vertreter der SPD im Haushaltsausschuß auf schnellste Verabschiedung des Antrages bestünden und daß daher eine sofortige Stellungnahme der Reichsregierung im Ausschuß erforderlich sei. Er schlug vor, damit einverstanden zu sein, daß er im Ausschuß namens der Reichsregierung sowohl gegen die Anrechnung von Privatvermögen zur Kürzung der Versorgungsgebührnisse, wie auch insbesondere gegen den Pensionshöchstbetrag nachdrücklichst in ablehnendem Sinne Stellung nimmt.

1

Der von der SPD-Fraktion am 27.6.30 eingebrachte GesEntw. sah vor, daß einem Ruhegehaltsempfänger, der neben seinen Versorgungsgebührnissen ein Privateinkommen bezog, die Pension um die Hälfte des Betrages gekürzt werden sollte, um den als gesamte Privateinkommen den Betrag von 6000 RM jährlich überstieg (Art. 1). Der Pensionshöchstbetrag sollte maximal 80% des letzten Einkommens betragen und durfte den Betrag von 12 000 RM jährlich nicht überschreiten (Art. 2; GesEntw. in RT-Bd. 443 , Drucks. Nr. 2214 ). In der 1. Lesung hatte der Haushaltsausschuß des RT im Art. 1 des SPD-Antrags das „Privateinkommen“ durch „Arbeitseinkommen“ ersetzt und schwere Bedenken gegen Art. 2 erhoben (Anlage zum Protokoll vom 16.7.30 in R 43 I /1445 , Bl. 180).

Der Reichsverkehrsminister erklärte, daß nach seiner Meinung der Antrag Dr. Breitscheid und Genossen die Untergrabung des Berufsbeamtentums bedeute und daß die Reichsregierung sich daher gegen den Antrag aufs äußerste wehren müsse.

Der Reichsjustizminister erklärte, daß der Antrag letzten Endes früher geäußerten Forderungen der Wirtschaftspartei entspreche2. Er habe den Antrag stets für falsch gehalten und könne sich auch heute nicht mit ihm identifizieren. Gleichwohl bitte er, es ihm zu ersparen, daß er sich mit Rücksicht auf seine Beziehungen zur Wirtschaftspartei ausdrücklich gegen den Antrag stelle.

2

Vgl. dazu die Entschließung der Wirtschaftspartei vom 19.2.29 (RT-Bd. 434 , Drucks. Nr. 829 ).

Der Reichskanzler führte aus, daß er die Bedenken des Reichsministers der Finanzen gegen den Antrag teile. Er empfehle, bei der Bekämpfung des Antrages nach Möglichkeit eine Taktik zu wählen, durch die verhütet werde, daß der Antrag schon jetzt im Plenum zur Abstimmung komme. Zu diesem Zwecke müsse man den Antrag auf breiter Front bekämpfen und vor allen Dingen danach trachten, daß er nicht auf die Verhältnisse im Reich beschränkt, vielmehr auf Länder und Gemeinden ausgedehnt werde.

Demgegenüber wies Staatssekretär Dr. Schäffer darauf hin, daß das Ziel der Sozialdemokraten gerade dahin gehe, die Entscheidung des Plenums jetzt zu erzwingen. Der Ausschuß habe auch gewünscht, daß die Reichsregierung zur Frage des verfassungsändernden Charakters im Ausschuß authentisch Stellung nehme.

[324] Staatssekretär Joël erklärte, daß der Antrag zweifellos verfassungsändernd sei und zu seiner Annahme einer Zweidrittelmehrheit im Reichstag bedürfe.

Der Reichsminister des Innern und der Reichsminister der Justiz erklärten sich bereit, im Ausschuß zur Frage des verfassungsändernden Charakters des Antrages persönlich Stellung zu nehmen.

Der Reichsminister der Finanzen wurde ermächtigt, namens der Reichsregierung im Sinne seiner Vorschläge gegen den Antrag sachlich Stellung zu nehmen3.

3

Zum Beschluß des Haushaltsausschusses vom 17.7.30 s. RT-Bd. 443 , Drucks. Nr. 2414 .

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