2.94.1 (bru1p): Einheitliches Vorgehen bei Behandlung der neuen Notverordnungen im Ausschuß des Reichstags zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung.

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Einheitliches Vorgehen bei Behandlung der neuen Notverordnungen im Ausschuß des Reichstags zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung1.

1

Vgl. Dok. Nr. 92, P. 3.

Der Reichskanzler führte aus, daß nach seiner Ansicht eine Vertretung der Reichsregierung im Überwachungsausschuß lediglich durch Staatssekretär Zweigert in Betracht komme. Er warf die Frage auf, was geschehen werde, wenn die bayerischen Stimmen im Überwachungsausschuß fehlten. Nach seiner Ansicht sei dann Annahme eines Antrags der Opposition möglich, daß ein Mitglied der Reichsregierung im Ausschuß erscheinen solle.

Abgeordneter Staatssekretär z. D. Kempkes (Deutsche Volkspartei) erklärte es für zweckmäßig, die Zuständigkeit des Überwachungsausschusses zu bezweifeln. Nach seiner Auffassung dürften die Regierungsparteien sich an der Debatte nicht beteiligen, weil der Ausschuß nicht zuständig sei. Eventuell müsse der Ausschuß beschlußunfähig gemacht werden.

Abgeordneter Reichsminister a. D. Dr. Bell (Zentrum) erklärte, es müsse die Frage aufgeworfen werden, welchen Zweck die Beratung des Ausschusses haben solle. Es sei dann zu betonen, daß der Ausschuß weder für eine Zustimmung[360] zu der Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. Juli d. J. zuständig sei, noch für die Aufhebung der Verordnung2.

2

Die KPD-Abgg. Torgler, Pieck und Dahlem hatten den Antrag eingebracht, die NotVO mit sofortiger Wirkung aufzuheben; im Falle der Ablehnung sollte die NotVO für verfassungswidrig erklärt werden. Die SPD-Vertreter im Ausschuß hatten den Antrag eingebracht: „Die Verordnung vom 26. Juli 1930 widerspricht der Reichsverfassung“ (Drucks. des 1. RT-Ausschusses der IV. Wahlperiode Nr. 2 und 3, R 43 I /1870 , Bl. 281). In der Ausschußsitzung verlangten die Sozialdemokraten, daß die VO für verfassungswidrig erklärt werde, da sie parallel mit den ersten, auf Verlangen des RT wieder außer Kraft gesetzten VOen laufe (WTB Nr. 1577 vom 6.8.30, R 43 I /1870 , Bl. 282).

Staatssekretär Zweigert machte darauf aufmerksam, daß der Ausschuß sicherlich darüber debattieren werde, ob die Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. Juli der Reichsverfassung widerspreche.

Es bestand schließlich Übereinstimmung darüber, daß der Abgeordnete Reichsminister a. D. Dr. Bell im Namen der Regierungsparteien eine Erklärung dahingehend abgeben solle, daß der Ausschuß weder für eine Zustimmung zu der Verordnung des Reichspräsidenten vom 26. Juli d. J., noch für ihre Aufhebung zuständig ist3.

3

Der Ausschuß nahm mit 16 gegen 12 Stimmen den von Bell (Z), Scholz (DVP), v. Kendell (Landvolk), Meyer (DDP), Drewitz (WP) und Emminger (BVP) eingebrachten Antrag an: „Der Ausschuß erklärt sich zur Verhandlung der eingebrachten Anträge, die Notverordnung des Herrn Reichspräsidenten aufzuheben oder für verfassungswidrig zu erklären, für unzuständig“ (WTB Nr. 1577 vom 6.8.30, R 43 I /1870 , Bl. 282).

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