1.190.3 (bru2p): 3. Fall Borsig. (außerhalb der Tagesordnung).

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3. Fall Borsig. (außerhalb der Tagesordnung)14.

14

Aktennotizen des RWeMin, des RWiMin und des RFMin über diesen TOP der Ministerbesprechung befinden sich in R 2 /14968 , Bl. 203–218.

Geheimrat ClaußenClaußen trug vor, daß die Firma Borsig nach der letzten Zuwendung (von 1,2 Millionen), wie seinerzeit vorausgesehen und auch in den Ministerbesprechungen erörtert worden sei, weitere Mittel benötige15. Sie brauche einen Betrag von 800.000 RM in den nächsten Tagen.

15

Vgl. Dok. Nr. 370, P. 2.

Inzwischen sei die Revision des Werkes Tegel durch die Deutsche Revisions- und Treuhandgesellschaft vorgenommen worden. Das Ergebnis sei überraschend günstig16. Im ersten Halbjahr 1931 habe der Betrieb 1½ Millionen zugesetzt. Nach der jetzigen Lage sei damit zu rechnen, daß das Ergebnis im zweiten Halbjahr plus – minus 0 abschneidet. Der Auftragsbestand belaufe sich auf die beträchtliche Summe von 20 Millionen. Nach Ansicht des Direktors Susat von der Treuhandgesellschaft werde der Betrieb mit 1,8 Millionen über den Winter kommen, auch wenn die schlesische Transaktion17 nicht zustande[1559] komme. Man könne wohl sagen, daß, wenn keine weitere Verschlechterung der Wirtschaftslage eintrete, bei glatter Abwicklung der Geschäfte ein Verlust dieses Geldes nicht zu befürchten sei.

16

Die Revisions- und Treuhand-Gesellschaft übersandte am 17.8.31 dem RFM den Prüfungsbericht (R 2 /14968 , Bl. 201; vgl. R 2 /17239 ).

17

S. Anm. 20.

Das Reichswirtschaftsministerium halte daher, unter Aufrechterhaltung seines grundsätzlichen Standpunktes, daß Subventionen abzulehnen seien für den Fall, daß aus anderen, insbesondere den von dem Herrn Reichswehrminister vorzutragenden Gründen Borsig gestützt werden solle, eine Unterstützung der Borsig GmbH in der beantragten Form und den beantragten Grenzen für wirtschaftlich vertretbar18.

18

StS Trendelenburg hatte sich bereits in einem Schreiben vom 23.7.31 an den StS Rkei für eine Fortführung der Subventionierung der Borsigwerke ausgesprochen (R 43 I /2461 , Bl. 85–88).

Der Reichswehrminister trug folgende Gründe vor, die eine Unterstützung des Tegeler Werkes im öffentlichen Interesse notwendig machten.

Borsig habe eine sehr große Bedeutung für die Wehrfrage. Diese sei schwer zu ermessen im Hinblick darauf, daß die Rüstungsbetriebe im Westen im Ernstfalle eventuell ausscheiden müßten. Borsig würde im Ernstfalle z. B. 47% der leichten Geschütze liefern können und in ähnlichem Umfange anderen Heeresbedarf, vor allem Munition.

Das Reichswehrministerium habe 250 000 RM in das Werk investiert, die in Maschinen angelegt wären.

Die Unterstützung für die Belegschaft des Werkes würde im Falle der Schließung für ein Jahr schon mehr erfordern als 1,8 Millionen.

Auch die Firma Junkers würde zusammenbrechen, wenn Borsig nicht gehalten werde19.

19

Vgl. dazu Dok. Nr. 360.

Er bat daher das Kabinett, sich zur Zahlung der beantragten 0,8 Millionen RM an Borsig zu entschließen, wobei er sich bereit erklärte, diese Mittel auf den Haushalt des Reichswehrministeriums zu übernehmen. Er könne die Verantwortung hierfür aber nur tragen, wenn die zuständigen Ministerien sich bereit erklärten, auch über die Bewilligung dieser Summe hinaus die Borsig GmbH in ihren Sanierungsbestrebungen weitgehendst zu unterstützen. Voraussetzung der Zahlung an Borsig sei ferner, die Nachprüfung der von der A. Borsig GmbH gebotenen Sicherheiten durch das Reichsfinanzministerium.

Er schlug vor, zur Sicherung der an Borsig gezahlten Vorauszahlung die Reichskreditanstalt als Kontrollstelle in die Firma Borsig einzuschalten. Ferner sollten durch die Reichskreditanstalt die in Frage kommenden Banken angehalten werden, mit den an Borsig gegebenen Krediten stillezuhalten.

Der Reichsfinanzminister erklärte, daß er bei den Erörterungen über weitere Stützungsmaßnahmen für Borsig die von dem Herrn Reichswehrminister geltend gemachten Gesichtspunkte im Auge behalten werde.

Falls das Projekt Oberhütten-Borsigwerk O.S.20 zustandekomme, bestehe die Möglichkeit, daß für Tegel aus dem Verkauf des Borsigwerks eine Entlastung in Höhe von 5 Millionen RM eintrete.

20

S. Dok. Nr. 360, Anm. 14.

[1560] Das Reichsfinanzministerium sei bereit, in der Angelegenheit Oberhütten-Borsigwerke O.S. gegebenenfalls Opfer zu bringen. Er denke dabei an den Seehandlungskredit von 36 Millionen RM.

Gegen die von Borsig beantragte Vorauszahlung von 0,8 Mill. RM habe er keine Bedenken, falls der Reichswehrminister die Summe als Vorschuß für künftige Lieferungen zu Lasten seines Etats nehme.

Der Reichsverkehrsminister äußerte sich über die schwierige Lage, in die die Firma Junkers bei einem Konkurs der Borsig GmbH käme, da die von Borsig an Junkers gegebenen Kredite auf Wechsel liefen, deren Einlösung bei einem Konkurs von Borsig jederzeit gefordert werden könnte21.

21

In einem Schreiben an den RFM vom 29.7.31 hatte der RVM die Subventionierung der Borsigwerke befürwortet, da ein Konkurs von Borsig den Zusammenbruch der Junkerswerke nach sich ziehen würde. Dem Schreiben war eine Darstellung Ernst v. Borsigs über die finanziellen Verbindungen zwischen Borsig und Junkers beigefügt; danach waren die Junkerswerke seit 1929 bei Borsig mit 1,1 Mio. RM verschuldet. Im März 1930 habe ein Bankrott des Junkerskonzerns nur durch ein von Borsig betriebenes Moratorium abgewendet werden können. Wenn die Borsigwerke jetzt zusammenbrächen, wäre das Moratorium nicht mehr aufrechtzuerhalten, und Junkers müßte Konkurs anmelden (Schreiben des RVM an den RFM und Brief Brosigs an den RVM in R 2 /14968 , Bl. 81–84; Abschrift in R 43 I /2461 , Bl. 98–101).

Das Reichsverkehrsministerium stimme mit dem Reichswehrministerium in der Notwendigkeit einer Unterstützung der Borsig GmbH überein.

Der Reichsarbeitsminister erklärte gleichfalls Interesse an einer Erhaltung der Borsig GmbH.

Geheimrat ClaußenClaußen (Reichswirtschaftsmin.) äußerte Bedenken gegen eine weitere Belastung von Oberhütten aus der angeregten Transaktion, da Oberhütten außer dem Seehandlungskredit von 36 Mill. RM noch mit beinahe 30 Millionen RM Bankschulden belastet wäre und ferner im laufenden Jahre mit rd. 6 Millionen RM Verlust abschließen würde. Bei dieser Lage wäre es nicht tragbar, Oberhütten noch mit weiteren Bankschulden durch die Zusammenlegung mit Borsigwerk O.S. zu belasten. Natürlich könnten im Falle eines Konkurses letzten Endes Reich und Preußen als die an erster Stelle stehenden Gläubiger Oberhütten erwerben; allerdings würden dann die nachstehenden Bankengläubiger ausfallen, zu denen u. a. Danatbank und Dresdner Bank gehörten22.

22

Die gleichen Bedenken hatte StS Trendelenburg in einem Schreiben an den StS Rkei, den RWeM, RArbM und RFM vom 23.7.31 vorgebracht (R 43 I /2461 , Bl. 85–88).

Es wurde beschlossen, der Firma Borsig GmbH Tegel die beantragte weitere Vorauszahlung von 0,8 Millionen RM zu Lasten des Etats des Reichswehrministers zur Verfügung zu stellen.

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