2.233.8 (feh1p): 8. Ausfuhrsperre gegen Polen.

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8. Ausfuhrsperre gegen Polen8.

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Zur Vorgeschichte s. Dok. Nr. 93, Dok. Nr. 96 und Dok. Nr. 106, P. 5.

Staatssekretär Dr. Hirsch wies im einzelnen auf die Gründe hin, die es notwendig erscheinen ließen, die Ausfuhrsperre gegen Polen abzubauen. Die durch die Sperre erhofften Zugeständnisse seien seiner Ansicht nach nicht erreicht worden9. Die deutsche Industrie erleide auf die Dauer erhebliche Einbußen infolge der Konkurrenz der fremden Industrien. Die Sperre widerspreche außerdem dem Friedensvertrag10, auch ließe sie sich nicht ganz durchführen, da Transporte über Oberschlesien immer möglich wären11. Insbesondere würde unsere Kaliindustrie getroffen, die im Schleichwege Kali nicht ausführe, dafür aber zusehen müsse, wie französisches Kali nach Polen von Deutschland durchgelassen werden müsse. Er stelle daher den Antrag, den Reichswirtschaftsminister zu ermächtigen, die Ausfuhrsperre nach Polen im Einklang mit den Erfordernissen der deutschen Wirtschaft schrittweise abzubauen. Der Reichsminister des Auswärtigen gab zu, daß die Erwartungen des Auswärtigen Amts, durch den Druck der Ausfuhrsperre die Polen gefügiger zu machen, bis zu einem gewissen Grade getäuscht seien. Er wies aber auf eine Reihe von Punkten hin, die man durch den Druck der Ausfuhrsperre erreicht hätte. Er widerriet einem Abbau im Augenblick, zumal er die Absicht habe, mit Rücksicht auf die jetzige Lage – auch wegen Oberschlesien – mit Polen zu einem Generalabkommen zu gelangen unter Zuziehung von Frankreich. Er erklärte es für taktisch falsch, vorher die Waffe der Ausfuhrbeschränkung aus der Hand zu geben. Nachdem Ministerialdirektor Behrendt noch einige Einzelheiten berichtet[644] und den jetzigen Zeitpunkt für einen Abbau als den ungeeignetsten bezeichnet hatte, worin er von Staatssekretär Dr. Müller unterstützt wurde, wies Staatssekretär Dr. Hirsch noch einmal auf die Schäden hin, die durch die Vertagung einer Beschlußfassung eintreten würden. Der Reichspostminister trat dem Vertreter des Reichswirtschaftsministeriums grundsätzlich bei, glaubte aber aus diplomatischen Gründen der Aufhebung der Ausfuhrsperre zur Zeit nicht zustimmen zu sollen. Da ein Teil der anderen Herren Minister zeitweise den Sitzungssaal verlassen hatte, setzte der Herr Reichskanzler diesen Beratungsgegenstand von der Tagesordnung ab12.

9

Es handelte sich hier um dt.-poln. Verhandlungen über die Wahrung der dt. Interessen in den an Polen abgetretenen Gebieten. Dabei war versucht worden, die poln. Seite durch die Ausfuhrsperre zu einem Entgegenkommen in verschiedenen Fragen zu bewegen.

10

Nach Art. 264 Abs. 2 VV war es Dtld. verboten, gegenüber einem all. oder ass. Land eine Ausfuhrsperre zu errichten, die nicht auch in gleicher Weise gegenüber irgendeinem anderen Land angewendet wurde.

11

Am 12.2.1921 war zwischen der Alliierten Kommission in Oberschlesien und Polen ein Wirtschaftsabkommen geschlossen worden, nach dem Polen nach Oberschlesien Brotgetreide und Kartoffeln liefern sollte und dafür in Oberschlesien hergestellte industrielle Erzeugnisse wie Maschinen, Maschinenteile, Röhren, Kessel und Eisenbahnmaterial erhalten sollte. Die dt. Ausfuhrsperre gegen Polen war seitdem vielfach dadurch umgangen worden, daß dt. Waren auf dem Wege über Oberschlesien nach Polen ausgeführt wurden (Schreiben des RWiM an das AA, Abschrift an den StSRkei, am 27.4.1921, R 43 I /119 , Bl. 39).

12

Die Ausfuhrsperre nach Polen kam erneut in der Kabinettssitzung vom 16.4.1921 auf die TO, doch wurde die Entscheidung darüber erneut vertagt. Siehe dazu weiter den Band „Das Kabinett Wirth“ dieser Edition.

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