1.123.5 (lut2p): 5. Vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit den früher regierenden Fürstenhäusern.

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Die Kabinette Luther I und II (1925/26), Band 2.Das Kabinett Luther I Bild 102-02064Reichspräsident Friedrich Ebert verstorben Bild 102-01129Hindenburgkopf Bild 146-1986-107-32AStresemann, Chamberlain, Briand Bild 183-R03618

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5. Vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit den früher regierenden Fürstenhäusern.

Das Kabinett nahm zu dem Entwurf der Regierungsparteien7 und zu dem Gutachten des Reichsministeriums des Innern und Reichsjustizministeriums8[1127] vorläufig keine Stellung, sondern beschloß, erst nach Beendigung der ersten Lesung des Entwurfs der Regierungsparteien im Rechtsausschuß des Reichstags die Frage wieder zu behandeln9. Die Vertreter der beteiligten Ressorts sollen regelmäßig an den Sitzungen des Rechtsausschusses teilnehmen, um über rechtliche Fragen ihre persönliche, nichtamtliche Auffassung mitzuteilen. Auf politische Fragen soll sich die Auskunft der Regierungsvertreter nicht erstrecken.

7

Der vom RIM mit Schreiben vom 11. 2. übersandte GesEntw. der Koalitionsparteien und der WV über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Ländern und den früher regierenden Fürstenhäusern (Rechtsausschuß-Drucks. Nr. 161 vom 2.2.26) sieht u. a. vor: Es wird ein Reichssondergericht unter Vorsitz des Reichsgerichtspräsidenten gebildet, das in der Besetzung von neun Mitgliedern entscheidet. Der RPräs. ernennt den Stellvertreter des Vorsitzenden und sechs Mitglieder. Zwei Mitglieder – je eines auf Vorschlag des Landes und der anderen Partei – werden vom Reichsgerichtspräsidenten berufen. Das Reichssondergericht ist zuständig u. a. 1) für alle Auseinandersetzungen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht bereits durch ein nach 1918 erlassenes Gesetz oder durch rechtskräftige Urteile, Verträge und Vergleiche erledigt sind, 2) für Streitigkeiten aus Aufwertungsansprüchen, 3) für Streitigkeiten, die sich daraus ergeben, daß eine Partei die Nichtigkeit eines über die Auseinandersetzung beschlossenen Vertrages geltend macht (R 43 I /2206 , Bl. 95-104, hier: Bl. 96f).

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Dieses Gutachten ist dem Schreiben des RIM vom 11. 2. (vgl. Anm. 7) als Anlage beigefügt. Es untersucht u. a. die Frage, ob die Regelung der Auseinandersetzung zwischen Ländern und Fürstenhäusern, wie sie in den Anträgen der DDP und der KPD (vgl. Anm. 13 zu Dok. Nr. 277) vorgeschlagen wurde, überhaupt durch Reichsgesetz geschehen könne. Es betont die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung, die von Bayern und Württemberg bestritten werde, sehr nachdrücklich und bemerkt dazu: Die Vorschriften des Art. 105 Satz 2 RV („Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.“) und des Art. 109 Abs. 1 RV („Alle Deutschen sind vor dem Gesetze gleich.“) „stehen einer Sonderregelung der Auseinandersetzung zwischen Ländern und Fürstenhäusern nicht entgegen. Beide Vorschriften wenden sich nach der ständig von der Reichsregierung vertretenen Auffassung nicht an den Gesetzgeber, sondern lediglich an die Exekutive und an Stellen, die sich Eingriffe in die Exekutive anmaßen.“ Das Gutachten wendet sich sodann der Frage zu, ob eine reichsgesetzliche Regelung mit Art. 153 Abs. 2 Satz 1 RV („Eine Enteignung kann nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden.“) in Einklang stehe. Es weist darauf hin, „daß das Reichsgericht die Enteignung nur dann als zum Wohle der Allgemeinheit erfolgt ansieht, wenn die Enteignung nicht Selbstzweck, nicht lediglich Vermögensverschiebung ist, sondern einen über den durch die vorgenommene Rechtsentziehung an sich und ohne weiteres hinausgehenden Zweck verfolgt“, und fährt dann fort: Es komme hiernach darauf an, ob durch die Enteignung privaten Eigentums „nur eine Vermögensverschiebung zu Gunsten des Staates erreicht werden soll – dann wäre das Gesetz verfassungsändernd – oder ob außer den durch die Vermögensentziehung ohne weiteres und unmittelbar erreichten Vorteilen ein anderes, selbständiges, dem Wohle der Allgemeinheit dienendes Ziel erstrebt wird. Als solches selbständiges Ziel kann es nicht angesehen werden, daß die durch die Verschiebung erzielte Verbesserung der Finanzlage des Staates diesen instand setzt, in erhöhtem Maße zum Wohle der Allgemeinheit tätig zu werden. Sonst würde restlos jede Vermögensverschiebung zugunsten des Staates als verfassungsmäßig zulässige Enteignung angesehen werden müssen, da die Staatsgelder entsprechend den Aufgaben des Staates naturgemäß bestimmt sind, zum Wohle der Allgemeinheit verwendet zu werden. Das Privateigentum würde bei einer solchen Auslegung im Verhältnis zum Staate jedes Schutzes entbehren, was sicherlich dem Geiste der Reichsverfassung widerspricht.“ Vgl. auch das Gutachten des RIM vom 20. 4. (Anm. 10 zu Dok. Nr. 343).

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Zum Fortgang s. Dok. Nr. 298, P. 7.

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