2.151 (ma11p): Nr. 151 Der Preußische Ministerpräsident an den Reichskanzler. 21. März 1924

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Nr. 151
Der Preußische Ministerpräsident an den Reichskanzler. 21. März 19241

1

Diesem Schreiben liegt folgende auszugsweise Abschrift aus dem Protokoll der Sitzung des PrStMin. vom 18. 3. bei: „Zu P. 1 der TO (Entmilitarisierung und Neutralisierung der Rheinlande) wurde Übereinstimmung dahin festgestellt, daß durch den MinPräs. an die RReg. herangetreten werden soll mit der Forderung, den Standpunkt zu vertreten, daß einer Lösung der Rheinlandfrage, durch die die Souveränität Preußens und des Reichs berührt wird, unter keinen Umständen zugestimmt wird.“

R 43 I /192 , Bl. 41

[Zum Plan einer Entmilitarisierung und Neutralisierung der Rheinlande]

In dem jüngst in der Presse veröffentlichten Brief des englischen Ministerpräsidenten an den französischen Ministerpräsidenten wird dem Völkerbund eine wichtige Rolle in der Frage der Befriedung Europas zugewiesen und die Schaffung „neutralisierter Gebietsstreifen zwischen gewissen Staaten“ zur Erörterung gestellt2. Überdies haben in der letzten Zeit zahlreiche Meinungsäußerungen mehr oder minder maßgebender ausländischer Persönlichkeiten und auch ausländische Presseorgane den Plan einer „Entmilitarisierung“ und „Neutralisierung“ der Rheinlande stark in den Vordergrund gerückt. Angesichts dieser Gedanken und Erörterungen beehre ich mich, namens der Preußischen Staatsregierung Sie, Herr Reichskanzler, ergebenst zu bitten, die Reichsregierung möge möglichst bald in ganz entschiedener Form die gesamte Öffentlichkeit wissen lassen, daß die Reichsregierung niemals und unter keinen Umständen irgendwelchen Plänen und Lösungen hinsichtlich der besetzten Gebiete zustimmen kann, durch welche die Rechte der Souveränität des Reichs oder Preußens beeinträchtigt werden, es sei denn, daß derartige Abmachungen auf Gegenseitigkeit beruhen, also die etwa entmilitarisierten oder neutralisierten Gebietsstreifen[482] sich nicht auf deutsches Land beschränken3. Die Preußische Staatsregierung läßt sich bei dieser Bitte, auf deren Erfüllung sie aus innenpolitischen wie außenpolitischen Gründen größten Wert legt, von der Erwägung leiten, daß es zu unabsehbarem Schaden führen kann, wenn den eingangs gekennzeichneten Gedankengängen ausländischer Staatsmänner, Politiker und Presseorgane nicht vor der Veröffentlichung der Berichte der Sachverständigen und vor den an diese Berichte sich anschließenden öffentlichen Erörterungen und diplomatischen Verhandlungen seitens der Reichsregierung energisch entgegengetreten wird. Da die besetzten Westgebiete ganz überwiegend preußisches Hoheitsgebiet sind, wird bei allen den Gegenkontrahenten des Versailler Vertrags gewährten, über die Bestimmungen des Vertrags hinausgehenden Zugeständnissen das Land Preußen ganz überwiegend der Leidtragende sein.

2

Das hier erwähnte Schreiben MacDonalds an Poincaré vom 21. 2. sowie die Antwort Poincarés vom 25. 2. sind in dt. Übersetzung abgedr. in „Die Zeit“ vom 4. 3.; s. auch Schultheß 1924, S. 167 ff. In seinem Schreiben vom 21. 2. führt MacDonald u. a. aus: Nach seiner Auffassung sei das Sicherheitsproblem kein rein französisches, sondern ein europäisches Problem. Vielleicht erlebe die Menschheit in zehn Jahren die allgemeine Abrüstung, zuvor müsse man aber das internationale Mißtrauen beseitigen. „Ob dieses Ziel teilweise erreicht werden kann durch regionale Entmilitarisierungs- und Neutralisierungsmaßnahmen, durch die Schaffung neutralisierter Gebietsstreifen zwischen gewissen Staaten unter gegenseitiger oder gar kollektiver Garantie und Überwachung oder aber auch durch irgendein anderes Mittel, das ist eine Frage, die sorgfältig im einzelnen erwogen werden muß. Das ist, glaube ich, eine Angelegenheit, in der der Völkerbund durch gleichzeitige Erörterung und eventuelle Aktion eine wichtige Rolle spielen könnte.“ (nach „Die Zeit“ vom 4. 3.).

3

Hierzu Randbemerkung Brachts: „Ist ja schon im RT geschehen! Ausführungen von Stresemann in Abschr. mitteilen!“ – Vgl. die diesbezügliche Erklärung Stresemanns in seiner Rede vor dem RT am 6. 3. (RT-Bd. 361, S. 12638 ).

Abschrift habe ich den Herren Reichsministern des Auswärtigen, des Innern und für die besetzten Gebiete sowie den am besetzten Gebiet beteiligten Landesregierungen übersandt4.

4

Mit Schreiben vom 24. 3. an den RAM bittet StS Bracht namens des RK um baldige Vorlage eines Antwortentwurfs auf das obige Schreiben des PrMinPräs. (R 43 I /192 , Bl. 42). Der Antwortentwurf des RAM vom 7. 4. ist als Dok. Nr. 167 abgedruckt.

Braun

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