2.63.1 (ma31p): 1. Begnadigung russischer Staatsangehöriger.

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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Text

RTF

1. Begnadigung russischer Staatsangehöriger2.

2

Über die Begnadigung Skoblewskis und die damit zusammenhängenden Probleme (vgl. zuletzt Dok. Nr. 58) hatte am 19. 7. um 12.30 Uhr eine Vorbesprechung zwischen Marx, Geßler, Schubert und Schleicher stattgefunden; siehe: ADAP, Serie B, Bd. II,2, Dok. Nr. 57.

Nach längerer Debatte wurde folgendes beschlossen3:

3

In einem Telegramm an Brockdorff-Rantzau berichtete Schubert über den Verlauf dieser Erörterung: Zunächst habe Geßler „seine übliche Rede“ gehalten, „in der er betonte, daß Freilassung Skoblewskis im jetzigen Augenblick unmöglich sei, weil sie Sicherheit des Staates und auch Sicherheit Armee und Marine gefährden würde“. Nachdem Geßler die Sitzung verlassen habe, um eine Reise anzutreten, habe Schubert die Gegenargumente des AA vorgetragen, mit dem Ergebnis, daß sich in der anschließenden Diskussion alle anwesenden Minister auf seine (Schuberts) Seite gestellt hätten. Es sei dann der – oben abgedruckte – Beschluß über die Modalitäten der Begnadigung Skoblewskis zustande gekommen; ADAP, a.a.O., Dok. Nr. 59 unter 3).

a) Die Angelegenheit kann nicht lediglich durch Ausweisung erledigt werden, sondern nur durch einen Gnadenakt des Herrn Reichspräsidenten, denn auch die Unterbrechung der Strafvollstreckung der Zuchthausstrafe auf Lebenszeit4 ist einem Gnadenakt gleichzustellen.

4

Hinsichtlich der im Fall Skoblewski verhängten Strafen siehe Dok. Nr. 50, Anm. 1.

b) Der dem Herrn Reichspräsidenten zu unterbreitende Gnadenakt soll dahin gehen, daß die Zuchthausstrafe des Skoblewski solange nicht vollstreckt wird, als er sich im Auslande befindet. Sollte er infolgedessen die deutsche Grenze jemals wieder überschreiten, würde die Vollstreckung der Zuchthausstrafe wieder aufleben.

c) Die an dritter Stelle vorgesehene Strafe, nämlich die Ausweisung, soll vollzogen werden.

d) Die genaue Formulierung des dem Herrn Reichspräsidenten vorzulegenden Gnadenaktes soll der Herr Reichsminister der Justiz im Benehmen mit den sonst beteiligten Reichsressorts noch endgültig feststellen.

e) Bevor dieser Kabinettsbeschluß ausgeführt wird, solle Herr Reichswehrminister Dr. Geßler noch gefragt werden, ob er bereit ist, diesem Kabinettsbeschluß wenn auch nicht zuzustimmen, so ihn doch hinzunehmen. Dieser Punkt soll durch die Reichskanzlei erledigt werden5.

5

Als Pünder am 20. 7. Geßler über diesen Beschluß telefonisch unterrichtete, erklärte Geßler, er sei „fest entschlossen, noch an demselben Tage, an dem dieser Beschluß des Kabinetts ein endgültiger sei, seinen Abschied einzureichen“. Auf den Hinweis Pünders, daß der Beschluß erst wirksam werden solle, wenn der RWeM bereit sei, ihn stillschweigend hinzunehmen, bat Geßler um erneute Vertagung der Angelegenheit. Er werde jedoch „unverrückbar für alle Zukunft an seinem völlig ablehnenden Standpunkt festhalten“ (ADAP, a.a.O., Dok. Nr. 58). Daraufhin drückte Stresemann in einem Schreiben an RK Marx vom 22. 7. sein Bedauern darüber aus, daß durch den Protest des RWeM die Durchführung der gegenseitigen Amnestie zwischen der Sowjetunion und Dtld. vorläufig in Frage gestellt sei. Er könne „unmöglich eine solche Entscheidung hinnehmen“ und müsse auf die Verantwortung hinweisen, „die das Reichskabinett auf sich nimmt, wenn es in dieser Frage den Beschlüssen seiner Mehrheit nicht Geltung zu verschaffen vermag“. Stresemann bat den RK, sogleich nach Rückkehr aus dem Urlaub eine außerordentliche Kabinettssitzung einzuberufen, um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen (ADAP, a.a.O., Dok. Nr. 63; vgl. auch Nr. 64 und 68). – Zur Entscheidung des Kabinetts siehe Dok. Nr. 67, P. 3 und Nr. 68, P. 2.

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