1.123 (str2p): Nr. 237 Der Reichsfinanzminister an das Auswärtige Amt. 10. November 1923

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 5). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Stresemann I und II. Band 2Gustav Stresemann und Werner Freiherr von Rheinhaben Bild 102-00171Bild 146-1972-062-11Reichsexekution gegen Sachsen. Bild 102-00189Odeonsplatz in München am 9.11.1923 Bild 119-1426

Extras:

 

Text

RTF

Nr. 237
Der Reichsfinanzminister an das Auswärtige Amt. 10. November 1923

R 43 I /2440 , Bl. 284–285 Abschrift1

1

Die Abschrift, die dem RK mit der Bitte, sein Einverständnis zu erklären, zugeleitet worden war, wurde von ihm am 24.11.23 in den Geschäftsgang gegeben.

[Betrifft: Rentenmark und besetztes Gebiet.]

Ich bitte, an die an der Besetzung des Rheinlandes und des Einbruchsgebietes beteiligten Mächte umgehend folgende Mitteilung ergehen zu lassen2:

2

MinDir von Schubert vom AA hatte dem RFM bereits am 29.10.23 mitgeteilt, daß den Regierungen in Paris, Brüssel, London und Rom Mitteilung gemacht worden sei, sie möchten der VO über Einführung der Rentenmark keine Schwierigkeiten bereiten, entsprechend seien auch die Militärbefehlshaber unterrichtet worden. Bei den Verhandlungen ORegR Rondes mit der Rheinlandkommission solle gleichfalls diese Frage angesprochen werden (BA: R 2 /2438 ). Am 4.11.23 war durch den dt. Geschäftsträger in Paris der franz. Regierung eine Note über die Errichtung der Rentenbank und die Begründung für die Ausgabe einer Rentenmark übergeben worden. Die Note schloß: „Da durch die Verordnung die Sicherheit, die Bedürfnisse und der Unterhalt der Besatzungstruppen in keiner Weise berührt werden, es im Gegenteil auch im Interesse der Besatzungstruppen liegt, wenn durch die Schaffung eines wertbeständigen Zahlungsmittels die durch die ständige Senkung der Kaufkraft der deutschen Papiermark in der Bevölkerung verursachte Aufregung und Unruhe beseitigt wird und damit auch die Hemmungen aufhören werden, die bisher die Arbeitsintensität beeinträchtigt haben, bittet die Deutsche Regierung die Französische Regierung, ihren Vertreter in der Rheinlandkommission anweisen zu wollen, seinen Einfluß dahin geltend zu machen, daß diese Kommission die Verordnung in dem nach Maßgabe des Vertrages von Versailles besetzten Gebiete zuläßt und entsprechende Befehle an die Militärbefehlshaber in den außerhalb des Vertrages besetzten Gebietsteilen erläßt“ (BA: R 2 /2439 ).

[1022] Die Alliierten haben stets von der Deutschen Regierung die Ordnung der Währungsverhältnisse und die Herstellung des Gleichgewichts der Ausgaben und Einnahmen im Reichshaushalt gefordert. Zur Erreichung dieses Zieles ist die Deutsche Rentenbank errichtet worden. Auf Grund der Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank wird nach dem Inkrafttreten der Rentenmark die Diskontierung von Schatzwechseln bei der Reichsbank eingestellt3. Der Verzicht auf eine weitere Vermehrung der schwebenden Schuld bedingt die äußerste Einschränkung der Ausgaben, zumal bei der durch den Währungsverfall verursachten Krisis eine Vermehrung der Einnahmen nur [durch] ein allmähliches Ansteigen der auf Gold umgestellten Steuererträge zu erwarten ist. Dazu kommt, daß die besetzten Gebiete auch nach Einstellung des passiven Widerstandes der tatsächlichen Ausübung der deutschen Steuerhoheit entzogen geblieben sind. Liegt es somit außerhalb der finanziellen Möglichkeit, im Rahmen einer vernünftigen Etatswirtschaft Leistungen aufzubringen, welche über das Maß der unbedingten Lebensnotwendigkeiten des deutschen Volkes hinausgehen, so ergibt sich auch aus der Tatsache des Inkrafttretens der Rentenmark der unmittelbare Zwang, die bisher für Besatzungszwecke geleisteten Ausgaben auszusetzen4. Denn von dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rentenmark stehen der Deutschen Regierung nurmehr Rentenmarkbeträge zur Verfügung. Die Beschaffung von Papiermark entfällt fortan infolge der Einstellung der Schatzwechseldiskontierungen bei der Reichsbank. Die Verordnung über die Errichtung der Deutschen Rentenbank ist von der Rheinlandkommission im besetzten Gebiet bisher nicht zugelassen worden. Zahlungen in Rentenmark sind somit nach dem besetzten Gebiete nicht möglich. Aber auch wenn dieser Umstand nicht bestände, so ist es für die Reichsregierung unmöglich, ein Zahlungsmittel, mit dessen Hilfe eine Festigung der Währung angestrebt wird, in einem, noch dazu so großen Gebiet zu verwenden, aus dem das Reich nur geringfügige Einnahmen hat, und aus dem insbesondere die Rentenmark durch Steuern, Eingänge der Eisenbahn usw. nicht in den Reichsbesitz zurückkehrt. Es ist daher der Reichsregierung von dem bevorstehenden Zeitpunkt des Inkrafttretens der Rentenmark an tatsächlich unmöglich, noch weiter irgendwelche Zahlungen für Besatzungszwecke nach dem besetzten Gebiete zu machen5.

3

VO vom 15.11.23, RGBl., I, S. 963  ff.

4

S. hierzu auch Anm. 4 zu Dok. Nr. 264; aber auch Dok. Nr. 236.

5

Zum Fortgang s. Anm. 11 zu Dok. Nr. 267.

gez. Dr. Luther

Extras (Fußzeile):