1.94 (vpa2p): Nr. 223 Aufzeichnung des Staatssekretärs Meissner über eine Besprechung des Reichspräsidenten mit dem Vorsitzenden der BVP Schäffer am 19. November 1932, 17 Uhr

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[987] Nr. 223
Aufzeichnung des Staatssekretärs Meissner über eine Besprechung des Reichspräsidenten mit dem Vorsitzenden der BVP Schäffer am 19. November 1932, 17 Uhr1

1

Abgedr. auch bei Goßweiler, Karl Dietrich Brachers „Auflösung der Weimarer Republik“, in: ZfG 6 (1958), S. 552 f.; Ursachen und Folgen, Bd. VIII, Dok. Nr. 1908 e; Hubatsch, Hindenburg und der Staat, Dok. Nr. 95.

NL Schleicher 31, Bl. 24–25 Durchschrift2

2

Von Meissner am 19. 11. an RWeM v. Schleicher „zur vertraulichen Kenntnisnahme“ übersandt (NL Schleicher  31, Bl. 23). Die Aufzeichnung nicht bei den Akten der Rkei.

[Präsidialkabinett der „nationalen Konzentration“; Beseitigung des Dualismus Reich–Preußen; Kanzlerschaft Hitlers?]

Auf die Darlegung des Herrn Reichspräsidenten3 und die Frage, ob die Bayerische Volkspartei zu der vom Herrn Reichspräsidenten versuchten nationalen Konzentration bereit sei, erwiderte

3

Vgl. Anm 3 zu Dok. Nr. 218.

Schäffer: Ich kann die grundsätzliche Bereitwilligkeit der Bayerischen Volkspartei aussprechen, alles zurückzustellen, um dieses Ziel der nationalen Konzentration zu erreichen. Wir würden eine Zusammenfassung weitester Volksschichten zu einer nationalen Einigung, die eine Rechtsentwicklung garantieren würde, begrüßen und hierfür alle Opfer bringen, auch in personeller Beziehung.

Der Herr Reichspräsident Ich möchte betonen, daß ich bei dieser nationalen Konzentration von dem Gedanken des Präsidialkabinetts nicht abweichen will; auch möchte ich an der Beseitigung des Dualismus zwischen Reich und Preußen festhalten.

Herr Schäffer: Es ist für uns ganz selbstverständlich, daß der Herr Reichspräsident allein das Recht hat, den Kanzler auszuwählen und daß dies ein Mann seines persönlichen Vertrauens sein muß. Wir würden nie einen Namen vorschlagen, ohne zu wissen, daß er das Vertrauen des Herrn Reichspräsidenten hat. In der Frage des Dualismus Reich–Preußen hat es in der letzten Zeit Schwierigkeiten gegeben. Aber wenn der Weg gefunden wird, im Benehmen mit den anderen Ländern und auf verfassungsmäßigem Wege diesen Dualismus zu beseitigen, so wird unsere Zustimmung dazu nicht fehlen.

Auf eine Frage, wie sich die Bayerische Volkspartei zu der Person Hitlers und seinem Anspruch auf die Kanzlerschaft stellt, erwiderte

Schäffer: Ich selbst beurteile den Charakter und die Person Hitlers nicht ungünstig. Die Gefahr liegt weniger in der Person Hitlers als in seiner Umgebung. Diese Umgebung könnte, wenn er zuviel Macht hat, ihn anreizen, die Macht einseitig auszunützen. Die Idee einer Parteidiktatur ist in seiner Umgebung zu stark. Hitler persönlich hat zweifellos etwas gelernt. Um diese in seiner Umgebung liegende Gefahr zu bannen, müßten Gegengewichte und starke[988] Persönlichkeiten in die Regierung mit eingebaut sein, die einen Mißbrauch der Macht verhindern. Meine politischen Freunde würden von einer Kanzlerschaft Hitlers nicht sehr erfreut sein4, aber um der Einigung willen würden wir alle persönliche Fragen zurückstellen. Jedenfalls dürfte die nationale Konzentration nicht an der Frage der Person scheitern.

4

Über die Haltung der BVP zur NSDAP und Hitler s. Schönhoven, Zwischen Anpassung und Ausschaltung, in: HZ 224 (1977), S. 346 ff.

Dauer etwa 15 Minuten.

Für die Richtigkeit der Niederschrift:

Meissner

Staatssekretär

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