2.11.1 (bru1p): Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Landwirtschaft.

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Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Landwirtschaft1.

1

Der GesEntw. zum Schutze der Landwirtschaft (mit Anschreiben des REM an StS Pünder vom 4.4.30), der Änderungen des Zolltarifgesetzes vom 22.12.29 (RGBl. I, S. 227 ) vorsah, entsprach dem agrarpolitischen Programm des REM (s. Dok. Nr. 1). Den geplanten Zollerhöhungen lag ein Teil der von Schiele und Genossen eingebrachten RT-Anträge zugrunde (vgl. RT-Bd. 440 , Drucks. Nr. 1770 , 1773, 1774, 1778, 1781, 1825, 1826, 1829, 1830, 1833, 1834, 1837, 1838, 1841, 1845, 1846, 1849, 1850). GesEntw., Begründung und Referentenvortrag des MinR Feßler in R 43 I /2543 , Bl. 12–36.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft gab ein umfassendes Bild der Lage der Landwirtschaft und der Konkurrenzverhältnisse auf dem[24] Weltmarkte. Über die Verschuldung der deutschen Landwirte ließ er die als Anlage beigefügte Karte verteilen2.

2

Hier nicht abgedruckt. Die Karte gab „Die Verschuldung der deutschen Landwirtschaft am 1. Januar 1928 in den Finanzamtsbezirken“ graphisch wieder (veröffentlicht im Sonderheft zu „Wirtschaft und Statistik“ Nr. 7, 1929, Kartenbeilage 3).

Nach seinen Ausführungen erlöst die Landwirtschaft aus ihren Produkten jährlich rund 3 Milliarden RM weniger als sie bei ausgeglichener Volkswirtschaft erlösen müßte. Dem Agrarindex von 164% stände ein Produktionsindex von 150% gegenüber. Von der gesamten Weltausfuhr an Getreide entfielen 80% auf die überseeischen Länder, deren Anbaufläche sich fortgesetzt erweitere. Wegen der weit fortgeschrittenen Mechanisierung sei dort der Lohnaufwand wesentlich niedriger als in Deutschland, wo er 40% der Gestehungskosten betrage. So könne Kanada den Weizen mit 8 RM für den Zentner anbieten. Dort und in den Vereinigten Staaten sei der Weizenpreis um 25% gesunken. In Deutschland betrage der Rückgang nur 8%, weil der Preis durch den Zoll und den Vermahlungszwang gestützt worden sei.

Australien werde bald seine Weizenanbaufläche um 3 Millionen Hektar erweitern. Argentinien und Kanada arbeiteten in gleicher Richtung. Sehr stark sei die Konzentrationsbewegung in diesen Ländern. Der kanadische Pool umfasse 140 000 Mitglieder und etwa die Hälfte des Weizenhandels der Welt. Er besitze 4 Millionen Tonnen, die Vereinigten Staaten von Amerika 2 Millionen.

Alle europäischen Länder – mit Ausnahme der Freihandelsländer England, Belgien, Holland und Dänemark – hätten sich gegen diese übermächtige Konkurrenz geschützt. Frankreich habe hohe Weizenzölle und den Vermahlungszwang, Spanien Kontingente und den Vermahlungszwang, ähnlich Italien, die Schweiz habe feste Übernahmepreise, Norwegen ein Getreidemonopol. Selbst England erwäge einen Schutz seiner Erzeugung und studiere deswegen die deutschen Maßnahmen.

Deutschland müsse bei dieser Sachlage zu labilen Zöllen für landwirtschaftliche Erzeugnisse übergehen und auch das Einfuhrscheinsystem soviel wie möglich beweglich gestalten.

Die Aufwendungen für Einfuhrscheine3 hätten stark geschwankt wegen der verschiedenen Ernteausfälle. Sie hätten betragen

3

Durch Einfuhrscheine wurde ursprünglich (Ges. vom 14.4.1894, RGBl., S. 335 ) der Getreideexport vom Staat subventioniert. Der Einfuhrschein war eine Bescheinigung, die bei der Ausfuhr von Getreide über einen bestimmten Wert ausgestellt und bei der Einfuhr einer entsprechenden Menge Getreide zum vollen Wert von der Zollkasse in Zahlung genommen wurde. Mit Hilfe des Einfuhrscheins konnte der Getreideerzeuger Getreide zu Weltmarktpreisen exportieren, zugleich aber durch den Verkauf des Einfuhrscheins an einen Getreideimporteur einen Preis (nämlich den Weltmarktpreis zuzüglich des Getreidezolls) erzielen, der dem Inlandspreis ungefähr entsprach. Das Einfuhrscheinsystem wurde später auch auf andere landwirtschaftliche Produkte ausgedehnt.

1926

37

Millionen

1927

21,6

Millionen

1928

61,9

Millionen

1929 rund

90

Millionen.

[25] Bei der Änderung des Systems sei ein übermäßiges Anschwellen der Ausgaben für die Einfuhrscheine nicht zu befürchten4. Im Gegenteil könne mit Ersparnissen gerechnet werden. Denn durch die Verringerung der Einfuhr an Futtermitteln (Mais, Gerste) werde eine entsprechende Steigerung der Verfütterung von Roggen erzwungen. Er rechne mit einer Ausfuhr bei Roggen von höchstens 100 000, bei Hafer 200 000 und bei Gerste 50 000 Tonnen5. Die Aufwendungen für Einfuhrscheine würden dann bei einem Stande von 60 und 65 RM 21,5 Millionen betragen, bei einer Erhöhung des Einfuhrscheinwertes auf 100 RM 35 Millionen.

4

Nach Art. 2 des GesEntw. sollte die Wertbestimmung der Einfuhrscheine bei der Ausfuhr von Getreide und Hülsenfrüchten, von Erzeugnissen aus Getreide und Hülsenfrüchten sowie von lebenden Schweinen, Schweinefleisch und Schweineschinken in luftdicht verschlossenen Behältern geändert werden. Ferner war die Möglichkeit der Erteilung von Einfuhrscheinen bei der Ausfuhr von Rindvieh, Rindfleisch, Schafen, Schaffleisch und Erzeugnissen aus Kartoffeln vorgesehen (R 43 I /2543 , Bl. 12).

5

Das Statistische Jahrbuch für das Deutsche Reich gibt für 1930 den Export von 240 000 t Roggen, 405 256 t Hafer und 51 223 t Gerste an (50. Jg. (1931), S. 183 f.).

Die Ausfuhr an deutschem Weizen gehe stark zurück, weil er wegen des Vermahlungszwanges im Inland aufgekauft würde6. Sie habe in den letzten Monaten des Jahres 1929 ungefähr nur 1/10 der Mengen des Jahres 1928 betragen.

6

Nach dem Ges. über die Vermahlung von Inlandsweizen vom 4.7.29 (RGBl. I, S. 129 ) mußten die Mühlen, die bisher ausländischen Weizen vermahlen hatten, in der Zeit vom 1.8.29–31.7.30 in Deutschland erzeugten Weizen vermahlen, dessen Anteil an der Gesamtmenge vermahlten Weizens mindestens 30% betragen mußte. Durch Verordnungen des RFM vom 3.10.29 (RGBl. I, S. 151 ) und vom 29.11.29 (RGBl. I, S. 208 ) war der Anteil an Inlandsweizen auf 45% bzw. 50% heraufgesetzt worden.

Die Verwendung der Getreideernte in Deutschland sei wesentlich ein Transportproblem. Die Fracht betrage von Ostpreußen nach Mannheim mit der Bahn 40 RM die Tonne, auf dem Wasserwege 17 RM, während die Fracht von New York nach Mannheim nur 7 RM koste.

Die Ausdehnung des Einfuhrscheinsystems auf Vieh und Fleisch würde auch keine übermäßigen Ausgaben machen. Nach der Weltmarktlage würden höchstens 100 000 Schweine ausgeführt werden können. Sie würden eine Aufwendung von 2,4 Millionen RM erforderlich machen. Denselben Betrag würde die Ausfuhr von 20 000 Rindern kosten, 1,2 Millionen RM die Ausfuhr von Schafen.

So rechne er bei der Getreideausfuhr mit einer Ersparnis von insgesamt 54 Millionen gegenüber dem Jahre 1929. Wenn die Ausfuhr von Vieh und Fleisch insgesamt 10 Millionen kosten würde, so wäre immer noch eine Ersparnis von 44 Millionen zu verzeichnen. Hinzu kämen die Zollsteigerungen, die bei der Einfuhr von 2 Millionen Tonnen Weizen bei 15 RM Zoll 50 Millionen, bei Gerste 25 Millionen ausmachen würden.

Der Fleischverbrauch der Bevölkerung sei 1929 1 Kilogramm höher gewesen als 1913. Die Rindviehpreise seien unauskömmlich (105% des Index), die Schweinepreise hätten sich im allgemeinen günstig entwickelt, die Schweineeinfuhr nehme aber zu. Sie habe im Juli 1929 7000 Stück, im Januar 1930 34 000[26] und im Februar mehr als 25 000 Stück betragen. Sie käme hauptsächlich aus Memel, Danzig und Litauen. Er rechne mit einer Einfuhr von insgesamt 300 000 Stück im Jahre, wenn die Einfuhr aus Polen hinzu trete, mit nahezu 700 000.

Gleichwohl wolle er den polnischen Handelsvertrag nicht gefährden7. Die Schweinezölle müßten aber den praktischen Bedürfnissen angepaßt werden. Bei den Schwankungen durch die automatische Regelung, die jetzt gelte, dürfe es nicht bleiben.

7

Gemeint ist das Wirtschaftsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Polen vom 17.3.30 (RT-Bd. 442 , Drucks. Nr. 2138 ). Zu den dt.-poln. Handelsvertragsverhandlungen vgl. diese Edition, Das Kabinett Müller II Dok. Nr. 265, P. 6; ferner Dok. Nr. 20, P. 2; Dok. Nr. 24, P. 2; Dok. Nr. 105, P. 1. Auf der Sitzung des RT-Ausschusses für Handelspolitik am 12. und 13.3.30 hatte der Abg. Schiele den Antrag gestellt, den Handelsvertrag nicht zu unterzeichnen, sondern neu zu verhandeln. Der Antrag war aus Gründen der Geschäftsordnung nicht zugelassen worden (Aufzeichnung des MinDir. Ritter vom 13.3.30, R 43 I /1109 , Bl. 93).

Das Gefrierfleischkontingent müsse aufgehoben werden8. Auf 38 deutschen Märkten würden im Jahre 1,5 Millionen Rinder abgesetzt. 628 000 Stück seien fremden Ursprungs, Gefrierfleisch, frisches Fleisch und lebende Tiere zusammengerechnet. Deswegen müsse auch § 12 des Fleischbeschau-Gesetzes wieder in Kraft treten9. Bei einem Bestande von 18 Millionen Rindern in Deutschland müsse mit der Einfuhr von 300 000 aus Dänemark gerechnet werden, auch wenn der Zoll wesentlich gesteigert würde. Sie seien das Abfallprodukt der dänischen Milchwirtschaft. Der Rindviehpreis stände auf 89% der Vorkriegspreise. Auch die Erbsen, die Fette, Milch, Eier, Kartoffeln und ihre Produkte müßten im Preise steigen. Wenn der Butterzoll in Kraft trete, der mit Finnland vereinbart sei10, müsse eine starke Zunahme der Einfuhr von frischer Milch befürchtet werden, wenn ihr kein Zollschutz gewährt würde. Wegen des Eierzolls müsse mit Italien und Jugoslawien verhandelt werden11. Die Aussichten seien günstig. Auch bei dem Kampfzoll von 25 RM seien erhebliche Eiermengen aus Polen eingeführt worden12.

8

Das Gesetz über zollfreie Einfuhr von Gefrierfleisch vom 30.3.28 gestattete eine jährliche zollfreie Einfuhr von 50 000 t Gefrierfleisch (RGBl. I, S. 133 ).

9

Der § 12 des Fleischbeschauungsgesetzes vom 3.6.1900 (RGBl., S. 354 ), der die Einfuhr von Würsten und Fleisch in luftdicht verschlossenen Büchsen verboten hatte, war durch die Bekanntmachung vom 4.8.14 (RGBl., S. 350 ) außer Kraft gesetzt worden. Durch Verordnung vom 26.1.20 (RGBl., S. 136 ) blieb die Bekanntmachung vom 4.8.14 auch weiterhin gültig.

10

Im Zusatzabkommen zum dt.-finnischen Handelsvertrag wurde der Zollsatz für 1 dz Butter auf 50,– RM festgesetzt (Ges. vom 26.7.30, RGBl. II, S. 993 ).

11

Verhandlungen mit Jugoslawien über den Eierzoll waren in den Akten der Rkei nicht zu ermitteln. Nach einer Aufzeichnung des RAM vom 9.7.30 hatte der REM die Aufhebung der niedrigen Agrarzölle gegenüber Italien gefordert. Aus handelspolitischen Erwägungen hielt der RAM lediglich Verhandlungen über die Aufhebung der Zollbindung für Eier und Zwiebeln für aussichtsreich. Im dt.-ital. Handelsvertrag vom 31.10.25 (RGBl. II, S. 1020 ) war der Zollsatz für 1 dz Eier auf 5 RM festgesetzt worden, während sich der autonome Eierzoll auf 30 RM belief (Schreiben des RAM in R 43 I /1097 , Bl. 201–206).

12

Die Kampfzölle, die 1925 nach dem Scheitern der dt.-poln. Handelsvertragsverhandlungen eingeführt worden waren, sollten entsprechend dem Schlußprotokoll des dt.-poln. Handelsvertrages künftig fortfallen (RT-Bd. 442 , Drucks. Nr. 2138 ). 1925 hatte Dtld aus Polen Eier im Wert von 30,4 Mio. RM, 1926 im Wert von 29,3 Mio. RM eingeführt (RT-Bd. 442 , Drucks. Nr. 2138 , Denkschrift Anlage 2).

[27] Bis zur Heraufsetzung des Zolls müsse der Geflügelzucht verbilligtes Futter auf dem Wege über das Maismonopol geliefert werden13; sonst sei zu befürchten, daß die mühsam aufgebaute Produktionssteigerung zugrunde ginge. Einer eigenen Erzeugung von 500 Millionen stände immer noch eine Einfuhr von 300 Millionen RM gegenüber.

13

§ 1 des MaisGes. vom 26.3.30 (RGBl. I, S. 88 ) bestimmte, daß der im Inland erzeugte oder aus dem Ausland eingeführte Mais nur durch die Reichsmaisstelle in den Verkehr gebracht werden durfte.

Der Kartoffelbau sei schwer notleidend, er habe im letzten Jahre etwa 170 Millionen verloren. Vor dem Kriege seien 5 Millionen Tonnen technisch verarbeitet worden. Die Menge sei auf 2 Millionen zurückgegangen. Flocken, Stärke und Spiritus müßten gefördert werden. 550 000 dz Stärke könnten in Deutschland nicht abgesetzt werden. Die Kartoffeltrocknung als Ersatz für Mais und Roggen müsse gesteigert werden.

Auch zur Hilfe für den notleidenden Weinbau seien Maßnahmen möglich. Den Parteien müsse anheimgestellt werden, die entsprechenden Anträge für Wein, Tabak, Holz und Kleie, Stärke, Zuckerrüben, Futterrüben, Stroh und Hopfen einzubringen.

Die Maßnahmen der Zollpolitik müßten durch die Marktstützung ergänzt werden in Fortsetzung der Maßnahmen des Notprogramms vom März 192814. Er rechne von dem Dreimilliardenverlust der Landwirtschaft die Hälfte auf unzulängliche Zölle; die andere auf mangelnde innerwirtschaftliche Maßnahmen. Die genossenschaftliche Hilfe käme da in erster Linie in Frage.

14

Das im § 4 des Ges. über die Feststellung des Reichshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1928 vom 31.3.28 (RGBl. II, S. 209 ) verkündete Notprogramm ermächtigte den RFM u. a., Mittel für die Umschuldung verschuldeter landwirtschaftlicher Betriebe bereitzustellen und Garantien für die Verbesserung landwirtschaftlicher Absatzorganisationen zu übernehmen.

Die Preise der Landwirtschaft sollten nicht übersteigert, nur die Unzulänglichkeit solle beseitigt werden.

Mit der Förderung der Landwirtschaft hängt das Arbeitslosenproblem und die Bevölkerungspolitik auf das engste zusammen.

Der Reichskanzler dankte dem Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft für seine eingehende Darstellung. Er stellte zunächst das Einfuhrscheinsystem, Artikel 2, sowie Artikel 3 und 4 und die Anlage zur Debatte15.

15

Zum Einfuhrscheinsystem und Art. II s. Anm. 4. Art. 3 ermächtigte den REM entsprechend der Preisentwicklung Zollsätze für Getreide, Hülsenfrüchte und Schweine herauf- oder herabzusetzen. Art. 4 der Vorlage setzte den Art. 2 des Ges. über Zolländerungen bei Weizen und Hafer vom 26.3.30 (RGBl. I, S. 87 ) und den Art. 2 des Ges. über Zolländerungen bei Gerste vom 26.3.30 (RGBl. I, S. 87 ) außer Kraft (R 43 I /2543 , Bl. 13).

Der Reichsminister der Finanzen sah in dem geplanten Einfuhrscheinsystem eine Gefahr für den Etat. Bisher hätten die Ermächtigungen der Reichsregierung zugestanden16. Federführend sei das Reichsfinanzministerium gewesen. Die praktische Durchführung der Maßnahmen werde auch in Zukunft beim Finanzministerium liegen, das die Zollverwaltungen anzuweisen hätte. Er trete dafür ein, daß es bei der bisherigen Zuständigkeit verbleibe; dann[28] werde der Einfluß des Reichsministers der Finanzen ausreichend gewahrt sein. Materiell bedeute die Erweiterung des Einfuhrscheinsystems möglicherweise eine übermäßige Belastung der Reichskasse. Sie habe 1929 für Einfuhrscheine über 100 Millionen ausgegeben. Wenn der Wert des Einfuhrscheins von 6 auf 6,50 RM für den dz erhöht würde, könnte trotz der optimistischen Annahme des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft die Belastung über diesen Betrag hinaus steigen. Ob die errechneten Ersparnisse eintreten würden, sei ihm immerhin noch zweifelhaft. Gleichwohl wolle er gegen die vorgeschlagene Regelung keinen Einspruch erheben. Allerdings sei eine Verärgerung der Ausfuhrländer zu befürchten, wenn das System der Ausfuhrprämien übersteigert werde.

16

Nach dem GesEntw. Art. 2 war nur der REM, im Einvernehmen mit dem RFM, ermächtigt, die Wertbestimmung der Einfuhrscheine festzusetzen (R 43 I /2543 , Bl. 12).

Der Reichswirtschaftsminister teilte die Bedenken des Reichsministers der Finanzen, insbesondere hinsichtlich der Schwierigkeiten mit dem Auslande. Er trat dafür ein, daß die Ausfuhr nicht mit Rücksicht auf die hohen Transportkosten im Inland gesteigert werde. Der Weltmarkt dürfe nicht noch mehr zerrüttet werden, als es bereits der Fall sei. Der Transport werde den inneren Arbeitsmarkt beleben.

Die Reichsminister müßten die Mitverantwortung für die Einzelregelungen tragen. Die Schätzungen seien bedenklich. Wenn der Handel eingeschaltet würde, könnte nach der Marktlage die Ausfuhr gesteigert und später die Einfuhr wieder erhöht werden.

Schweden sei zugesichert worden, das Dumping mit Hafer nicht fortzusetzen17.

17

In einem Votum des MinDir. Ernst vom RFMin. vom 28.4.30 wurden schriftliche und mündliche Zusicherungen an Schweden über eine Kontingentierung der dt. Haferausfuhr erwähnt: R 43 I /2543 , Bl. 178–179.

Gegen die Ausdehnung des Einfuhrscheinsystems wolle er gleichwohl keinen Widerstand leisten.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft erklärte sich damit einverstanden, daß „die Reichsregierung“ für die Regelungen zuständig sei.

Der Reichsarbeitsminister befürchtete von einer Steigerung der Einnahmen der Landwirtschaft um 3 Milliarden eine starke Auswirkung auf die Preise der Verbraucher. Diese sei um so bedenklicher, weil schon bei den europäischen Staaten die Belastung mit Steuern und der Wert ihrer Valuta sehr verschieden sei. Die Kapitalflucht stehe damit im Zusammenhang.

Die rasche Umstellung des landwirtschaftlichen Schutzes könne schwierige gesamtpolitische und handelsvertragliche Auswirkungen haben. Der Export werde verringert bei Steigerung der Lebenshaltungskosten, die Arbeitsgelegenheiten würden reduziert. Eine Lohnbewegungswelle sei zu befürchten. Die Sozialdemokratische Partei sei politisch nicht mehr gebunden. Die Freien Gewerkschaften hätten freie Hand.

Dann würde zwar die Landwirtschaft gestärkt werden, aber die Gesamtwirtschaft nicht gewinnen. Die Förderung des Körnerbaues werde Auswirkungen auf den kleinen Landwirt, die Veredelungswirtschaft auf Mietserhöhungen und die Regelung der Aufwertungshypotheken haben18.

18

Vgl. dazu Dok. Nr. 33, P. 3 und Dok. Nr. 43, P. 3.

[29] Der Reichskanzler bat, diese Fragen zur Zeit nicht im einzelnen zu erörtern.

Es entspann sich dann eine kurze Debatte über die Indexfrage, in der der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft darauf hinwies, daß die Löhne seit 1926 um 20% gestiegen, die Agrarprodukte dagegen im Preise um 20% gefallen seien.

Der Reichswirtschaftsminister erhoffte eine allmähliche Angleichung der Indizes. Der für Fertigwaren sei von 150 auf 140, der von Rohstoffen von 150 auf 130 zurückgegangen, der der landwirtschaftlichen Erzeugnisse von 110 auf 116 gestiegen. Es wäre erwünscht, den Gesamtindex auf 130 zu stabilisieren.

Der Reichsarbeitsminister erwiderte darauf, daß ein Vergleich der Stundenlöhne in den einzelnen Jahren nicht überzeugend sei, da zur Zeit 3 Millionen Erwerbslose und eine große Zahl von Kurzarbeitern von hohen Stundenlöhnen keinen Vorteil zögen; 13–14 Millionen Deutsche würden zur Zeit aus öffentlichen Kassen unterstützt.

Der Reichskanzler hielt es für nötig, das Erwerbslosenproblem gerade von der Seite der Landwirtschaft an anzugreifen. Würde sie gestützt, so wäre es auch möglich, das gegenwärtige Lohnniveau zu halten.

Der Reichsminister des Auswärtigen sprach sich dafür aus, daß die großen Fragen der Wirtschaftspolitik, der Reparationen, der Kassensanierung, der Landwirtschaft, des Ostprogramms und des Etats in ihrem Zusammenhang während der Sommerpause des Reichstags erörtert würden. Grundsätzlich sei es notwendig, sich möglichst weitgehende Bewegungsfreiheit zu wahren. Auch er hoffe darauf, daß sich die Preissysteme treffen werden. Im übrigen möchte der Opposition so viel als möglich entgegengekommen werden. Auch sei die Gefahr von Schwierigkeiten mit anderen Staaten, soweit angängig, zu vermeiden.

Zu Artikel 3 Ziffer 1–5 der Anlage drehten sich die Auseinandersetzungen im wesentlichen um den Weizenpreis und die Regelung des Futtergerstezolls19.

19

Ziffer 1–5 der Anlage zum GesEntw. ermächtigten den REM, die Zollsätze für Roggen, Weizen, Gerste, Hafer und Erbsen entsprechend der Preisentwicklung herauf- oder herabzusetzen. Als Jahresdurchschnittspreise wurden für Weizen 260 RM je t, für Roggen 230 RM je t festgesetzt (R 43 I /2543 , Bl. 16).

Der Reichswirtschaftsminister hielt an seiner bisherigen Auffassung fest, daß es zweckmäßig sei, statt die Futtermittelzölle zu erhöhen, die Abnahme ausländischer Futtermittel mit der Verpflichtung der Abnahme von Roggen zu belasten. Er befürchtete von der Steigerung der Futtermittelzölle schwere Kämpfe. Die Masse der Bevölkerung werde dagegen sein. Es bestehe die Gefahr, daß die Sozialdemokratische Partei im Verein mit den Viehzüchtern die Beschlüsse der Regierung überrennen würde. Ob die Regelung auf Grund des § 48 durchgeführt werden könne, sei nach der Verfassung zweifelhaft. Die Kosten der Schweinemast würden derart steigen, daß die Schweinezölle nicht mehr ausreichend wären. Auch die Hühnerzucht wäre gefährdet, wenn ihr nicht billiges Futter zur Verfügung gestellt würde.

[30] Demgegenüber trat der Reichsminister für die besetzten Gebiete für die vorgeschlagene generelle Ermächtigung ein. Die gewerbliche Mast müsse durch die Erhöhung der Futtermittelpreise zurückgedrängt werden, um die Lage der gesamten übrigen Landwirtschaft zu heben. Auch der Reichsverband der Deutschen Industrie vertrete diesen Standpunkt20.

20

In einer Eingabe an den StSRkei vom 8.4.30 forderte der RdI die Einschränkung der nicht landwirtschaftlichen Schweinehaltung im Westen zugunsten der landwirtschaftlichen Schweinehaltung im Osten, weshalb eine verstärkte Verfütterung der Kartoffel und die Aufhebung der bisherigen Differenzierung der Gerstenzölle nicht zu umgehen sei (R 43 I /2543 , Bl. 67).

Der Reichsminister des Auswärtigen trat dafür ein, daß der Richtpreis von 260 RM beim Weizen gestrichen werde. Der Weizenpreis könne wesentlich verteuert und in Wechselwirkung dann der Futtermittelpreis wieder herabgesetzt werden.

Dafür traten auch der Reichsminister der Finanzen der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft und der Reichsarbeitsminister ein. Diese Regelung wurde als Basis für den Beschluß angesehen, die Beimahlung von Roggen- zu Weizenmehl fallen zu lassen.

Das Ziel der Verhandlungen mit den Fraktionsführern sollte demnach sein, Streichung des Richtpreises von 260 RM für Weizen und des Artikel 5 des Entwurfs (Beimahlungszwang)21.

21

S. dazu Dok. Nr. 13.

Mit dem Erbsenzoll erklärten sich die Minister einverstanden22.

22

S. Anm. 19.

Die Verhandlungen gingen dann auf die übrigen Punkte der Anlage über. Sie beschäftigten sich eingehend mit den Zöllen für Schweine und Schweinefleisch (Ziffer 7 und 8)23.

23

Ziffer 7 der Anlage zum GesEntw. sah die Streichung der Anmerkung zu Tarifnr. 196 (Schweinezölle) vor (Ges. vom 22.12.29, Anlage 24, RGBl. I, S. 227 ). Ziffer 8 ermächtigte den REM, die Zollsätze für Schweine und Schweinefleisch herab- oder heraufzusetzen. Als Jahresdurchschnittspreis sollte der Preis von 75 RM je Zentner Lebendgewicht gelten (R 43 I /2543 , Bl. 16–17).

Der Reichsminister des Auswärtigen fürchtete von der vorgeschlagenen Regelung eine Gefährdung des deutsch-polnischen Handelsvertrages. Dieser sei auf der bisherigen Basis abgeschlossen24. Wenn die Regelung auch nicht vertraglich festgelegt sei, so sei doch fraglich, ob sich die Polen an den Vertrag weiter gebunden halten würden, wenn der Regierung nun hinsichtlich der Bemessung des Schweinezolles freie Hand gelassen würde. Der Reichsverband der Deutschen Industrie würde auch die Garantie in Frage gestellt sehen, die er für die Abnahme der polnischen Schweine übernommen habe25. Er trat dafür ein, daß die bisherige Regelung bleibe, aber der Richtpreis von 70 auf 75 RM erhöht würde.

24

Zum Zeitpunkt der Paraphierung des dt.-poln. Handelsvertrages galten noch die Schweinezölle des Gesetzes vom 22.12.29 (RGBl. I, S. 227 ).

25

Über eine Abnahmegarantie des RdI war in den Akten der Rkei nichts zu ermitteln. Zur Abnahmegarantie des Jahreskontingents von 200 000 polnischen Schweinen durch dt. Fleischfabriken s. diese Edition, Das Kabinett Müller II, Dok. Nr. 365, P. 6.

In ähnlichem Sinne sprach sich der Reichsminister der Finanzen aus. In besonderen Fällen könne der Schweinezoll auf 35 oder 36 RM erhöht werden.

[31] Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft verwahrte sich entschieden gegen den Vorwurf der Torpedierung des deutsch-polnischen Handelsvertrages, der ihm von der Industrie gemacht worden sei26. Die Freiheit der Regierung in der Bemessung des Schweinezolls sei erwünscht, um bei den schwankenden Gestehungskosten im Auslande die Konkurrenz abzuwehren. Schließlich könne er sich aber auch mit dem Gegenvorschlage unter gewissen Voraussetzungen einverstanden erklären.

26

In den Akten der Rkei nicht ermittelt.

Der Reichswirtschaftsminister hielt die Wirkung der Schweinezölle für ziemlich gering. Der sicherste Schutz sei die Tatsache, daß beim Sinken der Preise die Einfuhr unmöglich würde. Die Transportkosten zuzüglich Zoll würden mit den Gestehungskosten das Inlandpreisniveau überschreiten. Deswegen sehe er keine Bedenken gegen die vorgeschlagene Freiheit des Kabinetts.

Schließlich würde aber, um den Bedenken des Reichsministers des Auswärtigen zu begegnen, dessen Vorschlag mit dem Zusatze angenommen, daß der Zoll für Schweine auf 36 RM erhöht werden kann, wenn durch eine besondere starke Einfuhr das Preisniveau bedroht wird.

Entsprechend der Formulierung dieser Bestimmung soll auch Artikel 1 des Entwurfs geändert werden.

Die Milchzollfrage wurde zurückgestellt27.

27

Zum Schutz der grenznahen, insbesondere der ostpreußischen Milchwirtschaft sollte auf die bisher zollfreie Einfuhr von Frischmilch ein Zollsatz von 5 RM für 1 dz erhoben und für pasteurisierte Milch der Zollsatz von 5 RM auf 8,50 RM erhöht werden (R 43 I /2543 , Bl. 17).

Der Reichswirtschaftsminister äußerte wegen der besonderen Verhältnisse in Süddeutschland Bedenken. Die Einfuhr frischer Milch könne nur in Ausnahmefällen Bedeutung gewinnen.

Hinsichtlich der Heraufsetzung des Eierzolls wurden Bedenken geltend gemacht, ob es möglich sein würde, die Verteilung billiger Futtermittel an die Geflügelzüchter ordnungsmäßig durchzuführen. Bei 91 Millionen Hühnern sei die Lage so unübersichtlich, daß Korruptionserscheinungen zu befürchten seien.

Der Reichsminister des Innern regte an, ob statt des starren Zolls von 40 RM nicht zweckmäßig ebenfalls eine Ermächtigung der Reichsregierung festgesetzt werden könnte.

Demgegenüber hielt der Reichsminister des Auswärtigen die vorgeschlagene Festsetzung handelspolitisch für günstig, weil dieser Zoll in Verhandlungen herabgesetzt werden solle.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft sagte zu, sich wegen der Verteilung billigen Futters an die Geflügelzüchter mit den Organisationen in Verbindung zu setzen. Er sei bereit, der Geflügelzucht sehr weit entgegenzukommen.

Gegen die Heraufsetzung des Mehlzolles in der vorgeschlagenen Weise äußerte der Reichsarbeitsminister sehr starke Bedenken28. Bei hohen Weizenzöllen wirke sich die Schutzspanne noch mehr aus, als bei niedrigen. Die Konsumgenossenschaften[32] hätten bei den Großmühlen schlimme Erfahrungen gemacht, wenn diesen eine gewisse Monopolstellung eingeräumt würde.

28

Die Einfuhr von Mehl sollte mit dem doppelten Zollsatz für Weizen + 1,50 RM belegt werden (R 43 I /2543 , Bl. 17).

Auch der Reichswirtschaftsminister erwartete im Reichstag starke Widerstände gegen die vorgeschlagene Regelung.

Der Reichsminister des Innern regte wieder eine Ermächtigung der Reichsregierung an, die aber der Reichswirtschaftsminister nicht für möglich hielt, da dann eine zweifache Ermächtigung der Reichsregierung beim Weizen und Mehl gleichzeitig in Frage käme.

Schließlich wurde auf Vorschlag des Reichskanzlers beschlossen, die vorgeschlagene Regelung zunächst in einer Besprechung mit den Parteiführern zur Debatte zu stellen29.

29

Die Frage des Mehlzolls wurde auf der Fraktionsführerbesprechung vom 8.4.30 (Dok. Nr. 13) nicht berührt.

Der Reichsverkehrsminister trat sehr entschieden für eine Erhöhung des autonomen Weinzolles ein. Der gute Jahrgang 1929 sei kaum abzusetzen. Das Weingesetz müsse rasch durchgebracht werden30.

30

Der GesEntw. ermächtigte die Reichsregierung, den Zollsatz für Wein zur Herstellung von Schaumwein nach Lage der Marktverhältnisse herauf- oder herabzusetzen (R 43 I /2543 , Bl. 18). Zum Entw. eines WeinGes. s. RT-Bd. 442 , Drucks. Nr. 2155 .

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hielt es für geboten, alles zu vermeiden, was geeignet sei, die Wünsche nach Steigerung der autonomen Zollsätze anzuregen. Gleichwohl wurde dem Vorschlage des Reichsverkehrsministers stattgegeben.

Den übrigen in der Anlage des Entwurfs enthaltenen Vorschlägen wurde zugestimmt.

Die Aufhebung der Zwischenzölle für Schweinespeck und Schmalz – Artikel 6 – begründete der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft damit, daß es sich um veraltete Bestimmungen handele, die noch aus der Zeit der Fettknappheit stammten31. Die Schmalzpreise betrügen nur 101% des Friedenspreises.

31

Die seit 1925 (RGBl. I, S. 261 ) und 1927 (RGBl. I, S. 180 ) ermäßigten Zölle für Schweinespeck und Schmalz sollten künftig wegfallen. (R 43 I /2543 , Bl. 14).

Der Reichsarbeitsminister äußerte gegen die Aufhebung der Zwischenzölle Bedenken. Schmalz sei das Fett der Ärmsten.

Auch der Reichskanzler hielt es für fraglich, ob die Aufhebung in der Zentrumsfraktion durchzubringen sein werde. Bei Neuwahlen würde die Verteuerung von Speck und Schmalz eine große Bedeutung gewinnen.

Die Entscheidung wurde zurückgestellt. Dasselbe geschah hinsichtlich der Gefrierfleischfrage.

Der Reichsminister des Auswärtigen wies auf die Gefahren hin, die durch die Aufhebung des Gefrierfleischkontingents im Handelsvertrag mit Argentinien entstehen würden32.

32

In der Eingabe an den StSRkei vom 8.4.30 betonte der RdI, daß durch die Aufhebung des Gefrierfleischkontingents der dt. Export nach Argentinien, der einen Wert von 370 Mio. RM erreicht habe, gefährdet sei. Argentiniens schwierige währungspolitische Lage könne nur durch den Gefrierfleischexport einigermaßen überwunden werden. Obendrein seien die dt. Exporte nach Argentinien durch die in den letzten Monaten angeknüpften besonderen Beziehungen zwischen England und Argentinien schwer gefährdet (R 43 I /2543 , Bl. 64–65).

[33] Der Reichsarbeitsminister bezweifelte, ob der Ersatz des Gefrierfleischs durch dänisches Frischfleisch technisch durchführbar wäre. Nur dann könne er sich mit der Aufhebung des Kontingents einverstanden erklären.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hielt es für möglich, Frischfleisch über die Seegrenzschlachthäuser33 hereinzubringen und an Stelle des Gefrierfleischs zu verteilen. Allerdings würde die Einführung einer Fleischkarte notwendig sein.

33

Seegrenzschlachthäuser verarbeiten über See eingeführte lebende Tiere und unterstehen daher einer besonderen veterinärpolizeilichen Aufsicht. 1927 bestanden Seegrenzschlachthäuser in Kiel, Flensburg, Altona, Hamburg, Rostock-Warnemünde, Lübeck und Wismar: vgl. diese Edition, Das Kabinett Müller II, Dok. Nr. 39, Anm. 3.

Ministerialdirektor Ernst hatte aus Gründen der Meistbegünstigung Bedenken gegen eine Zollermäßigung für dieses Frischfleisch.

Der Reichsminister der Finanzen erklärte, daß er nicht in der Lage sei, Mittel zum Ausgleich der Benachteiligungen zur Verfügung zu stellen, die sich aus der Aufhebung des Kontingents ergeben. Es wären 32 Millionen erforderlich.

Zu Artikel 9 des Entwurfs äußerte der Reichsminister der Finanzen Bedenken gegen die Zweckbestimmung für die Mehrerträge an Zolleinnahmen aus der Gerste34. Er erklärte sich bereit, zur Marktstützung und Marktbereinigung mitzuhelfen.

34

Die Mehrerträge aus der Zollerhöhung für Gerste (Ges. vom 26.3.30, RGBl. I, S. 87 ) sollten dem REM zur „Marktstützung und Marktbereinigung sowie zur Förderung des Absatzes landwirtschaftlicher Erzeugnisse“ zur Verfügung gestellt werden (R 43 I /2543 , Bl. 14–15).

Zu Artikel 10 erklärte sich der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft damit einverstanden, daß das Auswärtige Amt bei den grundsätzlichen Entscheidungen über die Ankaufspolitik der Reichs-Maisstelle beteiligt wird35.

35

Die Errichtung einer Reichsmaisstelle war durch § 9 des Maisgesetzes vom 26.3.30 (RGBl. I, S. 88 ) beschlossen worden.

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