1.183.3 (bru3p): 3. Deutsch-sowjetische Wirtschaftsverhandlungen.

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3. Deutsch-sowjetische Wirtschaftsverhandlungen.

Generalkonsul Schlesinger erläuterte die Kabinettsvorlage des Auswärtigen Amtes […] und die Vorschläge für einen Handelsabschluß mit Sowjet-Rußland, zu denen der Reichswirtschaftsminister seine Zustimmung bereits erteilt habe. Danach handele es sich im wesentlichen um die Abnahme von 100 000 t russischen Weizen und ferner von Getreide aus der Ernte 1932 sowie um zollvergünstigte Abnahme von ungereinigten Linsen und Futtererbsen gegen die Zustimmung der Sowjet-Regierung zu dem Präferenzvertrage mit den Donauländern8.

8

Das AA hatte mit Schreiben vom 5.3.32 der Rkei das Protokoll über die dt.-sowj. Wirtschaftsverhandlungen vom 22.12.31 als Kabinettssache vorgelegt. Schreiben mit den Protokollen der Verhandlungskommissionen als Anlage R 43 I /140 , Bl. 297–356; siehe auch ADAP, Serie B, Bd. XX, Dok. Nr. 9).

[2372] Staatssekretär von Bülow wies darauf hin, daß die beschleunigte Erledigung der Vorlage von großer Bedeutung sei im Hinblick auf die Verhandlungen mit Ungarn und Rumänien, die in allernächster Zeit weitergeführt werden sollten9.

9

Die Verhandlungen sind nicht mehr in der Amtszeit Brünings aufgenommen worden; vgl. aber Dok. Nr. 610 und Dok. Nr. 693.

Der Reichswirtschaftsminister schloß sich dem Wunsch auf Beschleunigung der Angelegenheit an und bat, das Kabinett möge seine Zustimmung in Form einer Ermächtigung zu dem Abschluß mit Rußland unter den betreffenden Voraussetzungen erteilen.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft erklärte, es sei ihm nicht leichtgefallen, den Vorschlägen des Auswärtigen Amtes zuzustimmen und zwar namentlich, weil es sich bei dem Weizenabschluß um eine Bruttoeinfuhr handle und dazu noch für längere Dauer. Der deutsche Bedarf an Weizen lasse sich aber sehr schwer im voraus übersehen. Es sei nicht ausgeschlossen, daß infolge Förderung des Weizenanbaues im nächsten Jahre der Bedarf an ausländischem Weizen in Deutschland vielleicht ganz wegfalle. Deswegen empfehle er den Abschluß mit Rußland möglichst nur für ein Jahr zu tätigen, sonst werde es gegebenenfalls sehr schwerfallen, den Weizenmarkt zu manipulieren. Erwünschter wäre ihm eigentlich, wenn die Bindung überhaupt nur prozentual erfolge. In Zukunft werde er jedenfalls Wert darauf legen müssen, daß Abschlüsse mit Rußland sich auf den effektiven Bedarf stützen.

Was die Holzeinfuhr aus Rußland angehe, müsse er bei dieser Gelegenheit schon ankündigen, daß er künftighin den Wunsch vertreten werde, daß Deutschland zu Kontingenten übergehe10. Die Abschlüsse mit Rußland seien zur Zeit noch so umfangreich, daß die Zellulose-Industrie darunter außerordentlich leide.

10

Vgl. hierzu auch Dok. Nr. 694, P. 7.

Der Reichswirtschaftsminister bat, daß das Kabinett sich noch vor Ostern mit den allgemeinen Fragen der Zollpolitik beschäftigen möge, und zwar nach der Besprechung, die deswegen am anderen Tage (18. März) vormittags mit der Reichsbank stattfinden werde.

Der Reichskanzler sagte eine solche Besprechung für den nächsten oder übernächsten Tag zu11.

11

Vgl. Dok. Nr. 699, P. 4.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft erklärte sodann noch, auch bezüglich der zollbegünstigten Einfuhr von ungereinigten Linsen und Futtererbsen Bedenken gegen das Russengeschäft zu haben. An Erbsen bestehe in Deutschland ein derartiger Überfluß, daß sie vielfach unter dem Gestehungspreis abgegeben werden müßten. Es wäre deswegen erwünscht, wenn den Russen gegenüber eine möglichst kurze, etwa halbjährliche, Kündigung des Abschlusses durchgedrückt werden könnte.

Der Reichswirtschaftsminister äußerte Befürchtungen für den ganzen Abschluß, wenn wegen der Linsen und Erbsen versucht werde, für Deutschland noch mehr herauszuschlagen.

Das Kabinett beschloß, den beteiligten Ressorts die Ermächtigung zu dem mit der Kabinettsvorlage des Auswärtigen Amtes […] vorgeschlagenen Abschluß mit[2373] Sowjet-Rußland zu erteilen. Dabei soll eine möglichst kurze Kündigungsfrist mit Rußland vereinbart werden12.

12

Die Laufzeit der Vereinbarung konnte in den Akten der Rkei nicht ermittelt werden. Vgl. auch den VoEntw. über die vorläufige Anwendung des dt.-sowj. Zolltarifabkommens vom 28.5.32 in R 43 I /1112 , Bl. 276–280 und die Vo. vom 4.6.32 (RGBl. II, S. 143 ).

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