2.148 (mu21p): Nr. 148 Vermerk Staatssekretär Pünders zur finanzpolitischen Lage. 8. März 1929

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Nr. 148
Vermerk Staatssekretär Pünders zur finanzpolitischen Lage. 8. März 1929

Nachlaß Pünder 36 Abschrift in Durchschrift

Zu den Erörterungen in der heutigen Frühpresse über den weiteren Fortgang der finanzpolitischen Verhandlungen und damit auch der allgemeinen politischen Erörterungen1 ist zunächst darauf hinzuweisen, daß das Reichskabinett vor wenigen Tagen anläßlich der Schlußabstimmung im Reichsrat völlig einstimmig beschlossen hat, daß der bisherige Reichshaushaltsentwurf 1929, also auch mit den neuen Steuervorschlägen dem Reichstag zu unterbreiten ist2. Bekanntlich wird der Reichstag sich vom 13. d. M. ab in erster Lesung mit diesem Etatsentwurf befassen. Die Regierung legt Wert darauf, daß diese erste Lesung, wie auch schon in Punkt 5 des bekannten Entwurfs des Herrn Reichskanzlers (W.T.B. 416) betont worden ist, keine große politische Aktion sein soll, sondern der Schaffung der „verhandlungstechnischen Basis“ gilt3. Es soll also niemand durch diese erste Lesung bis zum letzten Punkt auf die Regierungsvorlage festgelegt werden. Niemand mehr als die[474] Reichsregierung und namentlich der Reichsfinanzminister würden es begrüßen, wenn wirklich der Etat ohne Steuern balanciert werden könnte. Über dieses bekannte Verlangen der Deutschen Volkspartei schweben augenblicklich Beratungen des Herrn Reichsfinanzministers, über die Einzelheiten noch nicht mitgeteilt werden können. Es kann natürlich keinerlei Rede davon sein, daß die Deutsche Volkspartei nur „beispielsweise“ Vorschläge machen kann, vielmehr ist es das Ziel der Regierung, gerade mit dieser Partei wegen der von ihr entwickelten starken Initiative auf diesem Gebiet zu Vorschlägen zu kommen, die auch den zur Regierung stehenden Parteien genehm sind4.

1

Diese Erörterungen bezogen sich auf die folgende Meldung der „Nationalliberalen Korrespondenz“: „RFM Hilferding hat die Fühlungnahme mit den Steuersachverständigen der Parteien aufgenommen, um mit ihnen die Verabschiedung des Etats zu besprechen. Er folgt damit nicht nur einem Wunsche, sondern auch einem Rat der Deutschen Volkspartei, die nach wie vor der Überzeugung ist, daß der Etat verabschiedet werden kann und muß, ohne daß neue Steuern bewilligt und eingeführt werden. Da aber der Finanzminister selber der gegebene Sparkommissar sein und bleiben muß, ist nichts natürlicher, als daß er auch die Führung in der Sparpolitik übernimmt und zunächst seine Sparvorschläge den Parteien unterbreitet. Die Parteien können aus Gründen der Loyalität wie der Zweckmäßigkeit ihrerseits Sparvorschläge nur beispielsweise machen. Danach wird auch die Deutsche Volkspartei in den Besprechungen mit dem RFM handeln. Nach wie vor bleibt es in erster Linie Sache der Regierung, insbesondere des RFM, die Verabschiedung des Etats ohne neue Steuern durchzuführen.“

2

Siehe Dok. Nr. 142, P. 1.

3

Es handelt sich um den Vorschlag des RK, der von den Parteien abgelehnt worden war, s. Anm. 3 zu Dok. Nr. 133. Punkt 5 lautete: „Die fünf Fraktionen sind sich darin einig, daß im Laufe des März jedenfalls der Nachtragshaushalt 1928 und ein Notetat für die ersten Monate des Etatsjahres 1929 erledigt werden müssen. Ebenso soll nach Erledigung des Reichshaushaltsplanes 1929 durch den RR noch die erste Lesung dieses Haushaltsplanes im März im RT stattfinden, damit den […] Ausschußberatungen [der 5 Fraktionen zur Etatsfrage] die verhandlungstechnische Basis gegeben wird.“

4

Auch die „Germania“ hatte in der Ausgabe vom 8. 3. daran Anstoß genommen, daß die DVP nur „beispielsweise“ Sparvorschläge machen wolle. Wenn die Partei geeignete Vorschläge zu machen habe, dann solle sie diese auch der RReg. vorlegen. „Auch die Öffentlichkeit würde sich sehr dafür interessieren, wie und wo die Deutsche Volkspartei im einzelnen die Möglichkeit sieht, den neuen Etat um 300 Millionen zu kürzen. Wenn die Volkspartei sich damit begnügen sollte, eine solche Forderung zu erheben und ihre Durchführung der RReg. zu überlassen, so könnte man doch wahrhaftig auf den Gedanken kommen, daß es sich lediglich um eine Demonstration handelte, deren Zweck mit dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen erfüllt wurde.“

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