1.165.1 (mu22p): 1. Berichterstattung über die Haager Konferenz (Fortsetzung der Vormittagssitzung).

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1. Berichterstattung über die Haager Konferenz (Fortsetzung der Vormittagssitzung).

[Ohne Aussprache genehmigt das RKab. die Weiterleitung der Sonderabkommen mit Belgien und den USA sowie der Liquidationsabkommen an den RR.]

Bezüglich des Abkommens mit Polen bemerkte der Reichsminister des Auswärtigen daß dieserhalb durch den Deutschen Gesandten in Warschau noch Nachverhandlungen geführt werden, deren Ergebnis demnächst vorgelegt werden würde.

Ferner stellte der Reichskanzler ohne besondere Aussprache, fest, daß das Reichskabinett mit der Weiterleitung des Entwurfs eines neuen Reichsbahngesetzes an den Reichsrat in der Form einverstanden ist, die den bisherigen Beratungen über den Bericht des Eisenbahnkomitees zu Grunde lag.

Eine sehr ausgedehnte Aussprache fand über den Entwurf des Reichsbankgesetzes statt. Es wurde die Frage erörtert, ob mit Rücksicht auf die Person des Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht eine Bestimmung des Inhalts in das Gesetz aufgenommen werden soll, daß sich der im Amt befindliche Präsident[1383] des Reichsbankdirektoriums bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes erneut zur Wahl stellen und von dem Herrn Reichspräsident bestätigen lassen muß.

Sämtliche Reichsminister sprachen sich in längeren Ausführungen aus politischen Gründen gegen eine derartige gesetzliche Aktion aus. Es soll unter allen Umständen in der Öffentlichkeit der Eindruck vermieden werden, als ob beabsichtigt sei, an der bisherigen Unabhängigkeit der Reichsbank irgendwie zu rütteln.

Der Reichskanzler stellte daraufhin fest, daß auch der Entwurf des Reichsbankgesetzes in der Form, die den bisherigen Beratungen über den Bericht des Reichsbankkomitees zugrunde gelegen hat, an den Reichsrat weitergeleitet werden soll.

Der Reichsminister des Auswärtigen vertrat mit Nachdruck die Forderung, daß die Reichsregierung dafür sorgen müsse, daß der Reichsbankpräsident Dr. Schacht in Zukunft über sein eigenes Aufgabengebiet hinaus keine politische Tätigkeit entfalte. Die Reichsbank sei kein Staat im Staate, die unabhängig von der Reichsregierung Politik treiben könne, sie sei vielmehr ein Organismus der Reichsregierung, deren Politik sie nicht entgegenarbeiten dürfe. Er empfahl mit allgemeiner Billigung, daß bei der amtlichen Berichterstattung über die Haager Konferenz sowohl vor der Presse wie auch gegenüber dem Reichsrat und dem Reichstag über das Verhalten Dr. Schachts auf der Haager Konferenz rückhaltlos die Wahrheit berichtet werden müsse, damit die Autorität der Reichsregierung keinen Schaden leide.

Der Reichsminister der Finanzen wurde ermächtigt, alsbald eine Aussprache mit Dr. Schacht herbeizuführen, und zu versuchen, ihn auf gütlichem Wege zu der Erklärung zu bringen, daß er sich in Zukunft ausschließlich auf sein Aufgabengebiet beschränken werde.

Der Reichsminister der Finanzen bemerkte noch, daß Dr. Schacht ihm bereits zugesagt habe, sich vor der etwaigen Veröffentlichung eines neuen Manifestes mit ihm ins Benehmen setzen zu wollen. Falls Dr. Schacht sich wider Erwarten zu der gewünschten Erklärung nicht bereit finden sollte, und von seiner Seite neue Schwierigkeiten gemacht würden, werde der Zeitpunkt gekommen sein, den Herrn Reichspräsidenten mit der Angelegenheit zu befassen und ihn als Wahrer einer ungefährdeten Reichspolitik um sein Eingreifen gegen Dr. Schacht zu bitten. Es sei anzunehmen, daß Dr. Schacht sich den Wünschen des Reichspräsidenten nicht entziehen werde.

Der Reichskanzler nahm ferner in Aussicht, den Fall Schacht und die Stellungnahme der Reichsregierung zu ihm alsbald in einer Parteiführerbesprechung zur Erörterung zu stellen1.

1

Siehe Dok. Nr. 425.

[Presseverlautbarung]

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