1.165.1 (bru3p): 1. Zugabewesen.

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1. Zugabewesen.

Oberbürgermeister Dr. Goerdeler (Reichskommissar für Preisüberwachung) wies darauf hin, daß der Entwurf der Reichsregierung, betreffen das Zugabewesen, zur Zeit dem Reichsrat vorliege1. Er führte unter anderem aus, daß zahlreiche Käuferkreise die Bekämpfung des Zugabewesens dringend forderten2. Besonders die Firma Sarotti gebe ungefähr alles zu, was verlangt werde. Voraussichtlich werde bei Beratung des Entwurfs durch die gesetzgebenden Körperschaften noch viel Zeit verloren gehen.

1

Vgl. Dok. Nr. 532, Anm. 7.

2

Für das Verbot der Zugaben oder sogenannter Wertreklame hatte sich die Hauptgemeinschaft des Dt. Einzelhandels erneut in ihrem Schreiben vom 10.2.32 ausgesprochen (R 43 I /1081 , Bl. 130–133).

Er habe inzwischen mit Vertretern der Industrie, des Handels und der Arbeitnehmer Fühlung genommen und ihr Einverständnis zu dem beiliegenden Entwurf der Verordnung über das Verbot von Zugaben von Waren oder Dienst- oder Werkvertragsleistungen[2305] erreicht3. Die Vertreter des Handels hätten allerdings noch nicht ihr Einverständnis mit sämtlichen Bestimmungen erklärt.

3

Der VoEntw. des RPreisKom. verbot Zugaben zu Waren, Dienst- und Werkverträgen; ausgenommen waren Reklamegegenstände von geringem Wert, Zugaben in Geld oder in der Zugabe zu Waren in einer bestimmten Menge gleicher Ware (VoEntw. in R 43 I /1081 , Bl. 147–149).

Auf jeden Fall halte er es für das Zweckmäßigste, zunächst die Beschlüsse des Reichsrats abzuwarten. Es werde nach Beschlußfassung des Reichsrats zu prüfen sein, ob der Gesetzentwurf der Reichsregierung vom Reichsrat verabschiedet werden solle oder ob die Materie durch eine Anordnung des Reichskommissars für Preisüberwachung oder vielleicht aufgrund des Artikels 48 der Reichsverfassung zu regeln sei.

Der Reichsminister der Justiz erklärte, daß er zu dem beiliegenden Entwurf einer Verordnung über das Verbot von Zugaben zu Waren oder Dienst- oder Werkvertragsleistungen im Augenblick nicht Stellung nehmen könne. Der Entwurf der Regierung sei im Reichsrat nicht ganz unbestritten.

Jedenfalls halte auch er es für richtig, zunächst die Entscheidung des Reichsrats abzuwarten. Es würden danach Ressortbesprechungen stattfinden müssen, ob Änderungen gegenüber den Beschlüssen des Reichsrats angängig seien. Es werde dann weiter die Frage entstehen, ob der Entwurf dem Reichstag zuzuleiten oder aufgrund des Artikels 48 oder aufgrund einer Anordnung des Reichskommissars für Preisüberwachung zu verabschieden sei. Er halte es für zweifelhaft, ob der Reichskommissar für Preisüberwachung die Befugnis zum Erlaß derartiger Anordnungen habe, da es sich hier um einen ganzen Komplex lebenswichtiger Gegenstände handele4.

4

In einem Schreiben an die Landesregg. vom 16.1.32 hatte der RJM darauf hingewiesen, daß der GesEntw. über Zugaben von dem Grundgedanken ausgehe, daß die Zugabegewährung an sich kein unlauterer Wettbewerb sei und daß lediglich hervorgetretene Mißbräuche unterdrückt werden müßten. Im übrigen hatte der RJM das Argument der mit der Herstellung von Zugaben vor allem beschäftigten keramischen Industrie übernommen, daß ein vollständiges Verbot von Zugaben zum Verlust von Arbeitsplätzen führen würde (Durchdruck in R 43 I /1081 , Bl. 112–115).

Staatssekretär Dr. Trendelenburg stimmte im wesentlichen der Auffassung des Reichsministers der Justiz zu. Er betonte im übrigen, daß die Unruhe, die zur Zeit in weitesten Kreisen wegen des Zugabeverbots herrsche, möglichst bald beseitigt werden müsse5.

5

Eingaben des RdI vom 29.1.32 und der keramischen Industrie gegen den VoEntw. des RPreisKom. in R 43 I /1081 , Bl. 116–118, Bl. 120–122, Bl. 124, Bl. 126–127, Bl. 138–140.

Der Reichsarbeitsminister regte an, die Angelegenheit nicht mehr dem Kabinett zu unterbreiten, wenn zwischen dem Reichsminister der Justiz, dem Reichswirtschaftsminister, dem Reichskommissar für Preisüberwachung und ihm Übereinstimmung über den Inhalt einer vom Reichskommissar für Preisüberwachung zu erlassenden Verordnung bestehe. Zunächst müßten natürlich die Beschlüsse des Reichsrats abgewartet werden6.

6

Der RR stimmte am 18.2.32 dem GesEntw. der RReg. zu (Niederschriften über die Vollsitzungen des RR 1932, § 112, S. 51 f.).

Dieser Auffassung des Reichsarbeitsministers wurde zugestimmt7.

7

Zur Fortsetzung der Beratung siehe Dok. Nr. 694, P. 1.

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