1.167.2 (bru3p): 2. Bierpreissenkung.

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2. Bierpreissenkung.

Reichskommissar Dr. Goerdeler berichtete über den Inhalt der von ihm erlassenen Verordnung zur Senkung des Bierpreises sowie über die im Anschluß an diese Verordnung entstandene Protestbewegung des Gastwirtsgewerbes7. Insbesondere schilderte er die Entstehung des Bierstreiks in Hamburg und seine mit dem Vorsitzenden des Gastwirtsgewerbes, Reichstagsabgeordneten Köster, geführten Verhandlungen zur Vermeidung einer Ausdehnung der Streikbewegung. Sodann setzte er auseinander, daß die Protestbewegung letzten Endes weniger auf Aufhebung der Preissenkungsverordnung hinauslaufe, wie auf Senkung der bestehenden Reichs- und Gemeindebiersteuer8. Sofern die Reichsregierung eine Senkung der Steuer nicht verantworten zu können glaube, werde er sich nötigenfalls mit einer Aufhebung der Preissenkungsverordnung abfinden können, zumal, da er ohnehin daran denken könne, sein Amt als Preisüberwachungskommissar in der Hauptsache als beendet anzusehen9. Es sei aber auch möglich, die Preissenkungsverordnung durch den Erlaß von Durchführungsbestimmungen in wesentlichen Punkten soweit abzumildern, daß unbillige Härten im Einzelfall vermieden werden könnten. Wenn die Reichsregierung unnachgiebig bleibe, werde der Bierstreik wahrscheinlich bald zusammenbrechen. Ob aber die Reichsregierung sich im gegenwärtigen Augenblick vor den Abstimmungen im Reichstag10 in der Sache unnachgiebig verhalten könne, sei eine politische Frage, die er nicht beurteilen könne.

7

Vgl. Dok. Nr. 661.

8

Vgl. Dok. Nr. 678.

9

Vgl. Dok. Nr. 682, P. 4.

10

Vgl. hierzu Dok. Nr. 672, P. 2.

Der Reichskanzler stellte zunächst die Frage, ob die durch die Presse verbreitete Angabe, daß bereits 120 Millionen Biersteuern rückständig seien, zutreffe.

[2317] Ministerialdirektor Ernst (Reichsfinanzministerium) erwiderte, daß er diese Angabe für stark übertrieben halte. Amtliche Zusammenstellungen über die in Frage kommenden Ziffern gebe es nicht.

Der Reichskanzler führte des weiteren aus, daß eine Senkung der Gemeindebiersteuer und eine entsprechende Erhöhung der Reichsbiersteuer, wie sie von dem Reichstagsabgeordneten Köster in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Gastwirtsverbandes vorgeschlagen sei, praktisch nicht durchgeführt werden könne. Der Plan scheitere schon an dem Widerstand Bayerns, mit dessen Vertretern er am Tage zuvor zur Sache verhandelt habe11. Der Leiter des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, Staatsrat Schäffer, und der bayerische Reichstagsabgeordnete Dr. Schlittenbauer, hätten überzeugend dargelegt, daß der Köster’sche Plan auf die bayerischen Verhältnisse gar nicht angewendet werden könne. Eine Senkung der Reichsbiersteuer werde reparationspolitische Schwierigkeiten im Gefolge haben. Wenn aber die Reichsregierung angesichts der Lage überhaupt nichts tue, sei zu befürchten, daß bei der bevorstehenden Tagung des Reichstags ernstliche Schwierigkeiten mit den Parteien entstünden.

11

Hierzu Dok. Nr. 678.

Der Reichsminister der Finanzen führte aus, daß er bereits vor einiger Zeit auf eine Kleine Anfrage der Reichstagsabgeordneten Mumm und Genossen12, schriftlich geantwortet habe, daß im Gesamtrahmen des Bierpreisproblems die Inangriffnahme einer Revision des Getränkesteuersystems notwendig sei. Er halte es in der Tat auch für notwendig, in absehbarer Zeit die Frage zu prüfen, ob nicht die alte Höhe des jetzt stark abgesunkenen Aufkommens an Biersteuer dadurch wieder erreicht werden könne, daß die überhöhten Steuersätze gesenkt würden. Allerdings teile er auch die von dem Herrn Reichskanzler erwähnten reparationspolitischen Bedenken. Infolgedessen sei die Situation recht schwierig.

12

Vgl. das Schreiben des RFM an den RT vom 5.3.32 auf die Kleine Anfrage Nr. 62 von den RT-Abg. Mumm und Gen. wegen Ermäßigung der Branntwein- und Biersteuer in R 43 I /2413 , Bl. 153–162.

Der Reichskanzler meinte, daß es notwendig sei, möglichst bald zu einer Lösung der Schwierigkeiten zu kommen, da ein etwaiger Streik der Gastwirte während der kommenden Wahlzeit höchst unerwünscht sein werde. Auch er sei der Meinung, daß man schon in naher Zukunft ernstlich die Frage werde prüfen müssen, ob nicht die gegenwärtigen Sätze der Alkoholbesteuerung in einer Weise überhöht seien, daß der Ertrag der Steuern ernstlich gefährdet sei.

Ministerialdirektor Ernst bestätigte, daß auch nach Meinung des Reichsfinanzministeriums im Interesse der Erhaltung der Betriebe bald etwas Durchgreifendes geschehen müsse.

Reichsminister Dietrich übernahm es, am kommenden Tage nochmals mit dem Reichstagsabgeordneten Köster in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Gastwirtsgewerbes zu verhandeln und noch Lösungsmöglichkeiten zu suchen13.

13

Vgl. Dok. Nr. 682, P. 3.

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