1.242.1 (bru3p): Rheinische Landesbank

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Rheinische Landesbank

Der Preußische Minister des Innern Severing führte aus, daß die erste Vorbedingung für die Sanierung der Landesbank1 die finanzielle Entlastung der rheinischen Gemeinden sei2, damit diese in den Stand gesetzt würden, ihren Zins- und Amortisationsverpflichtungen gegenüber der Landesbank nachzukommen.

1

Zum Problem der Rheinischen Landesbank siehe Dok. Nr. 364, P. 2 a, Dok. Nr. 365, Dok. Nr. 369, Dok. Nr. 405, P. 4 c, Dok. Nr. 414, P. 2 und Dok. Nr. 431, P. 5.

2

Vgl. Dok. Nr. 707.

Der Reichskanzler erwiderte, daß die in Vorbereitung befindlichen Maßnahmen der Reichsregierung eine weitgehende finanzielle Besserstellung der Gemeinden ermöglichen werden. Es werde eine wesentliche Entlastung der Gemeinden in der Wohlfahrtsfürsorge eintreten3. Ferner werde den Gemeinden die Ermächtigung eingeräumt werden, die Bürgersteuer fort zu erheben.

3

Vgl. Dok. Nr. 762, Anm. 8.

Der Preußische Finanzminister ging von dem Prüfungsbericht der Treuhandgesellschaft über die Rheinische Landesbank aus4, aus dem er folgen zu können glaubte, daß die Schulden der Gemeinden auf längere Sicht gesehen mit 100% in die Bankbilanz eingesetzt bleiben dürften. Das Kapital der Bank von 40 Millionen (eingezahlt 31,2 Millionen) müsse teilweise abgeschrieben werden. Immerhin könne man noch 25 Millionen aufrechterhalten. Da aber dieses Kapital im Verhältnis zur Bilanzsumme zu gering sei, müsse man eine Erhöhung des Kapitals von 80 bis 90 Millionen vornehmen. Zu diesem Zweck werde man den rheinischen Gemeinden ein langfristiges Darlehen gewähren müssen, etwa durch Hergabe von Schatzanweisungen. Alsdann müsse ein Bankenkonsortium gebildet werden, mit dem man sich über die Diskontierung dieser Schatzanweisungen zwecks Hergabe liquider Mittel verständigen müsse. Man könne aber auch daran denken, die zum 1. Oktober fällig werdenden Schatzanweisungen des Reichs und Preußens im Gesamtbetrage von 50 Millionen in Kapitalbeteiligung zu verwandeln oder man könne auch auf die kurzfristigen Gläubiger einen Druck nach der Richtung ausüben, daß sie ihre Forderungen in Aktienbeteiligungen umwandelten. Zur Erleichterung dieses Schrittes könne man den Gläubigern die demnächstige Rücknahme dieses Aktienbesitzes in Aussicht stellen.

4

Der PrIM hatte der Rkei am 14.4.32 den Prüfungsbericht der Dt. Revisions- und Treuhand-AG übersandt (R 43 I /651 , Bl. 101–228).

[2537] Der Reichskommissar für das Bankgewerbe Dr. Ernst führte demgegenüber aus, daß er den Revisionsbericht der Treuhandgesellschaft wesentlich pessimistischer interpretiere wie der Preußische Finanzminister. Nach seiner Meinung sei das alte Aktienkapital vollständig verloren. Er bezweifele auch, daß man die Forderungen der Bank an die Gemeinden vollwertig in die Bilanz einsetzen dürfe. Auf alle Fälle müsse man die demnächst zu erwartenden Umschuldungspapiere mit einem starken Disagio belasten. Das Grundproblem, das vor allen weiteren Maßnahmen entschieden werden müsse, erblicke er in der Entscheidung darüber, ob man die Bank liquidieren oder fortsetzen wolle. Er persönlich halte eine stille Liquidation für den richtigeren Weg5. Zur Fortsetzung gehöre ein wesentlich höheres Kapital wie das bisherige. Die zur Fortführung notwendigen neuen Mittel zu beschaffen, halte er für außerordentlich schwierig. Er glaube auch nicht daran, daß man das Kapital in der Weise beschaffen könne, wie der Preußische Finanzminister sich dies vorstelle. Wenn man aber eine stille Liquidation für den richtigeren Weg halte, so müsse man schon jetzt darauf ausgehen, das langfristige Geschäft der Bank auf andere Stellen zu übertragen. Ferner halte er es auch für möglich, das Filialgeschäft, d. h. die Aachener und Trierer Filiale auszugliedern, ebenso das Saar-Geschäft. Die Essener Filiale könne geschlossen werden.

5

Dies war auch die Ansicht des RbkPräs. Luther: siehe den Vermerk MinDir. v. Hagenows vom 22.4.32, R 43 I /651 , Bl. 231–232, den Vermerk des RbkPräs. Luther vom 22.4.32, a.a.O., Bl. 235–237 sowie den Vermerk des MinR Vogels vom 25.4.32, a.a.O., Bl. 247–248).

Eine Zahlungseinstellung könne nur dann verhütet werden, wenn man die Zinsverhältnisse bei der Bank in Ordnung bringe. Hierunter verstehe er eine wesentliche Entlastung der Gemeinden in der Zinshöhe und ferner auch auf der anderen Seite einen wesentlichen Nachlaß der Zinsforderung der Großgläubiger und Sparkassen. Zur Zeit bestehe ein starkes Mißverständnis zwischen dem Aufkommen an Zinsen und den Zinsverpflichtungen der Bank. Dieser unmögliche Zustand müsse vor allen Dingen baldigst in Ordnung gebracht werden.

Staatskommissar Weltzien äußerte hierzu, daß man den Großgläubigern und auch den Sparkassen starke Zinsermäßigungen zumuten müsse. Eine Abwertung der Kapitalforderung der Gläubiger werde man aber vermeiden müssen. Er teilte die Bedenken des Reichskommissars für das Bankgewerbe Dr. Ernst bezüglich der Bonität der Kommunalforderungen, meinte aber, daß man hinsichtlich der Beitreibbarkeit der Forderungen an die rheinischen Gemeinden wesentlich weiterkommen könne, wenn man in der Zinsfrage starke Zugeständnisse mache. Auf die Zinsrückstände werde man wohl in weitem Umfange verzichten müssen. Wenn man den Schuldner-Gemeinden das Angebot mache, den Zinsfuß auf 4% herabzusenken und von ihnen ein neues feierliches Schuldbekenntnis fordere, die Zinsen zu zahlen, widrigenfalls der frühere hohe Zinssatz wieder aufleben müsse, glaube er erwarten zu können, daß die Gemeinden alles daran setzen würden, ihren ermäßigten Verpflichtungen nachzukommen. Damit allein werde die Landesbank jedoch noch immer nicht auskommen können. Der Zinsendienst müsse vielmehr durch eine zusätzliche Garantie des Reichs und Preußens sichergestellt werden. Wenn dies geschehe, werde er auch mit den Großgläubigern und Sparkassen wegen Zinsermäßigungen und Stillhaltungen einig werden können.

[2538] Anlangend die Kapitalfrage, so sehe auch er das alte Kapital als voll verloren an. Mit der Umwandlung von Forderungen der Gläubiger an die Bank in Kapitalbeteiligungen allein werde nicht geholfen sein. Zur Fortführung der Bank bedürfe es recht erheblicher neuer Mittel.

Exzellenz Dernburg führte aus, daß man drei Fragen auseinanderhalten müsse:

1.

die Sicherung des Zinsdienstes,

2.

die Stillhaltung der Gläubiger,

3.

die Beitreibung der Kapitalforderungen der Bank.

Die Sicherung des Zinsendienstes allein werde nicht helfen, da eine Reihe dringlichster fälliger Forderungen vorhanden seien, die unbedingt befriedigt werden müssten. Hierzu sei ein Überbrückungskredit erforderlich. An alle Fragen könne man nur unter dem Gesichtspunkt herangehen, daß die Bank ein Liquidationsunternehmen sei. Neue Geschäfte dürfe die Bank schon aus dem Grunde nicht machen, weil der Status überschuldet sei. Eine Wiederherstellung der Bank würde er für verfehlt halten; denn es sei ein Unding, ein so großes Bankinstitut auf einen Gewährsverband aufzubauen, der im Ernstfall für die Bank mit äußerster Anstrengung nur eine Umlage mit einem Jahresertrag von 8,5 Millionen aufbringen könne.

Vizepräsident Dreyse sprach sich dahin aus, daß auch er nicht einsehen könne, warum man die Bank fortführen wolle. Vom Standpunkt der Reichsbank aus gesehen, müsse die Bank unter allen Umständen liquidieren. Das Geld für die Neubildung eines angemessenen Aktienkapitals sei in der gegenwärtigen Zeit unmöglich zu beschaffen. Die Hilfe der Reichs- und Staatsregierung müsse in erster Linie bei der Sicherstellung des Zinsendienstes einsetzen. Ferner müsse mit den Hauptgläubigern wegen Ermäßigung der Zinsen und Stillhaltung verhandelt werden.

Der Preußische Finanzminister Klepper und Staatskommissar Weltzien baten, den Zwang zur Liquidierung nicht allzu stark nach außen hin verlautbaren zu lassen, da dies die ruhige Abwicklung der Geschäfte gefährden würde. Es liege im Interesse der Sache, die Geschäfte der Bank allmählich abzuwickeln. Dies Ziel werde man nur dann erreichen können, wenn man nach Möglichkeit von einem formellen Liquidationsbeschluß absehe.

Der Reichsminister der FinanzenDietrich führte aus, daß man die grundsätzliche Frage, ob man die Bank liquidieren oder fortsetzen wolle, im gegenwärtigen Augenblick nicht endgültig zu entscheiden brauche. Für das wesentlichste halte er die Klärung der Zinsfrage. Er denke sich den Ausweg etwa so, daß die von den Gemeinden geschuldeten Zinsen auf 4% gesenkt werden müßten. Die Forderungen der Großgläubiger und Sparkassen müsse man auf 5% Verzinsung reduzieren. Wenn dann das Reich und Preußen je zur Hälfte für die verbleibende Spanne von 1% einzutreten bereit wären, so müßten die Dinge allmählich in Ordnung zu bringen sein. Ferner müsse von der Preußischen Staatsregierung als der Aufsichtsinstanz erwartet werden, daß sie mit schärfsten Mitteln darauf drücke, daß die Gemeinden in Zukunft ihren Zinsverpflichtungen nachkämen.

Staatskommissar Weltzien erklärte sich bereit, sowohl mit den Gemeinden wie auch mit den Großgläubigern in diesem Sinne zu verhandeln, d.h. Ermäßigung der Schuldzinsen der Gemeinden auf 4%, Ermäßigung der Forderungen der Großgläubiger (Banken und Sparkassen) auf 5%, dazu Stillhaltung für die Kapitalrückzahlung für zunächst 4 Jahre. Er hoffte, mit den Banken binnen etwa einer Woche einig[2539] werden zu können. Zweifel äußerte er nur, ob er mit ihnen einig werden könne ohne besondere Reichs- und Staatsgarantie für den Zinsendienst der Gemeinden.

Es wurde in Aussicht genommen, die Verhandlungen fortzusetzen, sobald es gelungen sei, die Zinsfrage auf eine neue Basis zu stellen6.

6

Im Oktober 1932 wurde ein Sanierungsplan des Reichs und Preußens für die Rheinische Landesbank ausgearbeitet, der am 10.12.32 vom Rheinischen Provinziallandtag angenommen wurde (WTB Nr. 2260 vom 22.10.32 und Nr. 2643 vom 10.12.32 in R 43 I /651 , Bl. 336–337).

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