1.246.4 (bru3p): 4.) Arbeitslosenfürsorge.

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4.) Arbeitslosenfürsorge.

Der Reichsminister der Finanzen nahm Bezug auf die beiliegende Aufzeichnung über die Finanzierung der Arbeitslosenhilfe im Rechnungsjahr 19327.

7

In der Anlage abgedruckt. Vgl. auch den Finanzierungsplan in Dok. Nr. 753, Anm. 6.

Das Kabinett nahm von dieser Zusammenstellung Kenntnis und billigte den auf S. 4 dargestellten Finanzierungsplan der Arbeitslosenhilfe8.

8

Dieser Finanzierungsplan schloß noch mit einem ungedeckten Fehlbetrag von 48,5 MioRM ab: siehe die Anlage zu diesem Dokument.

Der Fehlbetrag für die Knappschaft und für die Befreiung des Bergbaus von Arbeitslosenversicherungs-Beiträgen bis 1. Oktober 19329 soll durch eine weitere Rate der Krisenlohnsteuer abgedeckt werden.

9

Vgl. Dok. Nr. 733, P. 3.

Staatssekretär Sautter führte aus, daß die Beamtenorganisationen der Reichspost bei ihm vorstellig geworden wären, um sich wegen der Einbeziehung der Beamtenschaft[2554] in die Beschäftigungssteuer zu erkundigen. Er glaube sagen zu können, daß die Beamtenschaft sich mit den Vorschlägen des Reichsministers der Finanzen abfinden werde, da sich die Beschäftigungssteuer nicht als Sonderbelastung der Beamten darstelle, sondern gleichmäßig von breitesten Schichten der Bevölkerung getragen werden müsse10.

10

Vgl. hierzu auch die Bedenken des RFM in Dok. Nr. 753, Anm. 6. Der Dt. Beamtenbund protestierte mit Schreiben vom 23.5.32 gegen die Beschäftigtensteuer (R 43 I /2573 , Bl. 137–139).

Einen Antrag des Reichsministers der Finanzen, ihn zu ermächtigen, den Prozentsatz der Beschäftigungssteuer im Laufe des Jahres nach Bedarf zu erhöhen, lehnte das Reichskabinett ab.

Von verschiedenen Reichsministern war zu dem Antrag des Reichsministers der Finanzen ausgeführt worden, daß durch die Erteilung einer Ermächtigung zur Erhöhung der Steuer ein unerwünschtes Moment der Beunruhigung der betroffenen Kreise geschaffen werde11.

11

Gegen die Steuerbeschlüsse der RReg. – die Ermächtigung der Gemeinden zur Weitererhebung der Bürgersteuer vom 1.7.32–31.3.33 in Höhe von 250 MioRM, die Verlängerung der Krisensteuer über den 31.12.32 hinaus bis zum 31.3.33 mit einem Ertrag von 45 MioRM und die Einführung der Beschäftigtensteuer in Höhe von 325 MioRM – erhob die Hauptgemeinschaft des Dt. Einzelhandels im Schreiben vom 25.5.32 an den RK „allerschärfsten Protest“, da diese Maßnahmen zusammengenommen eine Mehrbelastung der Wirtschaft um 620 MioRM bedeuteten (R 43 I /2401 , Bl. 227–231). Der DIHT warf in seiner Eingabe vom 26.5.32 der RReg. vor, Sondersteuern auf Produktion und Verteilung erheben zu wollen, was nicht ohne schwere Folgen für die Wirtschaft bleiben könne (R 43 I /2408 , Bl. 56–57). Dagegen hatte der Reichsstädtebund in seinem Schreiben vom 20.5.32 eine Forterhebung der Bürgersteuer verlangt: „Die verhängnisvolle Lage der Gemeindefinanzen macht es aber notwendig, alle verfügbaren Gemeindeeinnahmen aufs äußerste anzuspannen. Psychologische Gründe dürften die Forterhebung der Bürgersteuer erleichtern, da die Bürgersteuerpflichtigen sich auf die regelmäßigen, zumeist monatlichen Zahlungstermine weitgehend eingestellt haben“ (R 43 I /2408 , Bl. 50). Zu den Gesetzentwürfen siehe Dok. Nr. 762.

Von einem an den Staatssekretär in der Reichskanzlei gerichteten Brief des Reichskommissars für Preisüberwachung Dr. Goerdeler vom 11. Mai12 […] gab der vorübergehend den Vorsitz führende Reichsminister der Finanzen durch Verlesen Kenntnis13.

12

Das Schreiben des RPreisKom. vom 11.5.32 enthielt den Vorschlag, die Gemeinden durch die Aufstellung einer Haushaltsordnung zur Vorlage eines in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichenen Etat vorzulegen. Der Gemeindevorstand sollte das Vetorecht gegen Ausgabenerhöhungen ohne Deckungsnachweis erhalten, wie es auch die RT-GO-Änderung vom 9.2.31 (siehe Dok. Nr. 234) eingeführt hatte (R 43 I /2323 , Bl. 169–171). Goerdeler versuchte im Mai 1932 mehrfach, auf schriftlichem Wege die Kabinettsdiskussion zu beeinflussen: er setzte sich erneut für die Vereinheitlichung der Arbeitslosenfürsorge ein und unterstützte den Vorschlag der Einführung eines Volksdienstes zur Förderung der landwirtschaftlichen Siedlung (Schreiben vom 11.5.32, R 43 I /2085 , Bl. 266–268). Mit Schreiben vom 25.5.32 überreichte Goerdeler einen VoEntw. über die „Erleichterung der Wohlfahrtslasten der Gemeinden“ (R 43 I /2323 , Bl. 181–186).

13

Der RK empfing den Vizekönig Feisal von Saudi-Arabien zu einem Höflichkeitsbesuch (Nachl. Pünder  Nr. 44, Bl. 12).

Das Kabinett hielt ein weiteres Eingehen auf die darin enthaltenen Vorschläge Dr. Goerdelers nicht für tunlich.

Anschließend an die Aussprache über die Arbeitslosenhilfe brachte der Reichsminister der Finanzen zur Sprache, daß durch die Einführung der Beschäftigungssteuer das ohnehin außerordentlich komplizierte Steuersystem eine weitere Erschwerung erfahren habe. In einer Besprechung mit dem Landesfinanzamtspräsidenten, die am Vortage im Reichsfinanzministerium stattgefunden habe, sei die[2555] übereinstimmende Meinung der Präsidenten dahin gegangen, daß das Steuersystem schnellstens durchgreifend vereinfacht werden müsse, wenn man nicht Gefahr laufen wolle, ein ordnungsmäßiges Funktionieren der Steuerbehörden unmöglich zu machen. Insbesondere habe sich herausgestellt, daß sich die letzten Änderungen der Umsatzsteuer mit ihren vielen Ausnahmen nicht nur sehr verwickelt, sondern auch sehr verlustreich für die Reichskasse gestaltet haben. Er schlage daher vor, die bei Erlaß der letzten Notverordnung getroffenen Befreiungen von der Umsatzsteuererhöhung14 rückgängig zu machen, um eine ordnungsmäßige Durchführung der Erhöhung und die Einbringung des mit der Erhöhung bezweckten gesteigerten Ertrages sicherzustellen.

14

Vgl. den Siebenten Teil, Kapitel I der Vierten NotVo. zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8.12.31 (RGBl. I, S. 699 , hier S. 728).

Endgültige Beschlüsse wurden hierzu nicht gefaßt. Die Erörterung soll in der Kabinettssitzung vom 23. Mai fortgesetzt werden.

Der Reichsminister der Finanzen kündigte sodann an, daß er die Grundsätze der Notverordnung des Reichspräsidenten vom 24. August, der sogenannten Dietramszeller Verordnung, auf die Gemeinden auszudehnen beabsichtige15.

15

Vgl. Dok. Nr. 762.

Das Kabinett war hiermit einverstanden.

Formulierte Vorschläge sollen in der nächsten Ministerbesprechung beraten werden.

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