1.247.1 (bru3p): 1. Reform der Invalidenversicherung

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1. Reform der Invalidenversicherung

Der Reichsarbeitsminister nahm Bezug auf die anliegende, in der Sitzung zur Verteilung gelangende Zusammenstellung über Änderungen in der Sozialversicherung usw.1). Er beantragte, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

1

In der Anlage abgedruckt.

1. Soll eine Gesamtreform oder im gegenwärtigen Augenblick nur eine Teilreform in der Sozialversicherung vorgenommen werden? Er selbst erklärte, daß es für eine Teilreform schon zu spät sei. Wirksame Hilfe sei nur von einer Gesamtreform zu erwarten.

2. Soll sich die Änderung in der Sozialversicherung auf die Invalidenversicherung2, Angestelltenversicherung und Krankenversicherung beschränken, oder soll auch die Unfallversicherung in die Reformmaßnahmen mit einbezogen werden. Er selbst trat dafür ein, auch die Unfallversicherung zu reformieren. Insbesondere müsse der Aufsichtsbehörde das Recht gegeben werden, die sogenannten Kleinrenten zu beseitigen, nachdem sich herausgestellt habe, daß die Versicherungsorgane selbst von den ihnen diesbezüglich eingeräumten Ermächtigungen keinen Gebrauch gemacht hätten. Die Gehälter der leitenden Angestellten der Berufsgenossenschaft seien noch immer unerträglich überhöht, und schließlich könne im Interesse der Sanierung noch Manches auf dem Gebiete der Ausdehnung der Gemeindelasten geschehen.

2

Vgl. Dok. Nr. 747.

3. Sollen die laufenden Renten oder die neuen Renten stärker gekürzt werden?

4. Werden die Vorschläge über die Neugestaltung der Renten gebilligt?

5. Kann schon jetzt für die Zeit nach dem 1. Januar 1933 eine Beitragsaufstockung in Aussicht genommen werden?

[2559] 6. Ist das Reichskabinett bereit, dem Reichsarbeitsminister eine Ermächtigung zu organisatorischen Reformmaßnahmen zu erteilen?

Der Reichskanzler machte vor Eröffnung der Aussprache über diese Fragen besonders darauf aufmerksam, daß es sich bei den vorgeschlagenen Änderungen um sehr eingreifende Maßnahmen handele, und daß das Reichskabinett sich sehr wohl überlegen müsse, ob Aussicht bestehe, diese Änderungen parlamentarisch durchzusetzen.

Ministerialdirektor Dr. Grieser erläuterte sodann die Vorschläge im einzelnen, und zwar sowohl die Vorschläge zur materiellen Änderung der Versicherung wie auch die Vorschläge zur organisatorischen Reform. Seine Ausführungen deckten sich im wesentlichen mit den Vorschlägen, die in dem früheren Schreiben des Reichsarbeitsministers an den Staatssekretär in der Reichskanzlei zusammengestellt sind, vgl. Schreiben des Reichsarbeitsministers vom 10. Februar d.Js. […] und vom 4. Mai 1932 […]3.

3

Die beiden Schreiben in R 43 I /2090 , Bl. 43–53 und R 43 I /2090 , Bl. 70–74. Über die Vorschläge hieß es in der Aufzeichnung: „Der Entwurf versucht, das öffentliche Versicherungsrecht mit den tatsächlichen Verhältnissen und Möglichkeiten wieder in Einklang zu bringen. Er vollzieht durch die Kürzung von Leistungen eine Entscheidung, die der allgemeine Niedergang der Wirtschaft schon gefällt hat. Der Einschrumpfung des Wirtschaftsapparates wird eine Konzentration in dem Bestand und den Aufgaben der Versicherungsträger und Versicherungsbehörden entsprechen müssen. Auch im Verhältnis zwischen Reich und Ländern paßt – wenigstens auf dem Gebiet der Invaliden- und landwirtschaftlichen Unfallversicherung – die alte Rechtsordnung nicht mehr zu dem tatsächlichen Zustand. Die natürliche Verbindung von Befugnis und Verantwortung hat sich gelockert, Machtbefugnisse und Haftung haben sich sogar auseinanderentwickelt: dem Reich wurde die Haftung für die Zahlungsfähigkeit der Invaliden- und landwirtschaftlichen Unfallversicherung ohne Rechtsgrund aufgebürdet, während Gemeindeverbände sogar eine Erweiterung ihrer Machtbefugnisse anstrebten“ (R 43 I /2090 , Bl. 44–45).

Beschlüsse wurden nicht gefaßt.

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