2.40.10 (ma11p): 10. Außerhalb der Tagesordnung. [Titelverleihungen durch Bayern.]

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10. Außerhalb der Tagesordnung. [Titelverleihungen durch Bayern.]

Der Reichsminister des Innern teilte mit, daß Bayern neuerdings in größerem Umfange zur Verleihung von Titeln übergehe20 und damit die Frage akut[173] sei, ob ein derartiges Verfahren gegen die Verfassung verstoße21. Er empfehle, ein Telegramm nach Bayern zu richten, in dem die bayerische Regierung ersucht werde, die Verleihung anzuhalten, bis die Frage der Zulässigkeit von dem Staatsgerichtshof entschieden sei.

20

Am 27. 12. berichtete v. Haniel aus München: „Die hiesige Regierung wird zu Neujahr die Titel: Landes-Ökonomierat, Ökonomierat, Geheimer Kommerzienrat und Kommerzienrat wieder verleihen. Mit der Wiedereinführung des Titels Justizrat und Geheimer Justizrat war bereits vor etwa zwei Jahren unter Justizminister Dr. Roth begonnen worden. Es folgten ein Jahr später der Titel Sanitätsrat und Geheimer Sanitätsrat, darauf die Titel Professor und Baurat, schließlich auch der Titel Geheimer Regierungsrat. Die Blätter bemerken dazu, daß man über Titel denken könne, wie man wolle. Der Staat müsse aber die Möglichkeit haben, verdienstvollen Männern und Frauen eine Auszeichnung zu verleihen. Österreich, das auch eine Republik sei, habe trotzdem im November erst einen zwölfklassigen Orden eingeführt.“ (R 43 I /2234 , Bl. 136).

21

Art. 109 Abs. 4 RV: „Titel dürfen nur verliehen werden, wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen; akademische Grade sind hierdurch nicht betroffen.“

Der Reichsverkehrsminister, Reichsjustizminister, Reichswirtschaftsminister und Reichswehrminister äußerten Bedenken gegen die Absendung des Telegramms, verschlossen sich jedoch nicht der Zweckmäßigkeit einer Entscheidung des Staatsgerichtshofs und regten den Gedanken an, mit Rücksicht auf die schwere Not, in der sich das Reich befände, der Frage der Verleihung von Titeln und Orden eventuell unter Abänderung der Verfassung näherzutreten.

Das Kabinett beschloß, das Telegramm nach Bayern nicht abzusenden. Der Reichsminister des Innern wird im Benehmen mit dem Reichsminister der Justiz den gegebenen Anregungen nachgehen und dem Kabinett erneut berichten22.

22

Ein Jahr später, als die bayer. Reg. erneut zahlreiche Titelverleihungen vornimmt, fertigt RegR Wienstein am 6.1.25 folgenden Vermerk: Die RReg. habe bisher von irgendwelchen Schritten gegen die bayer. Reg. wegen der Titelverleihungen abgesehen, da auf anderen Gebieten schwerwiegendere Meinungsverschiedenheiten mit Bayern bestanden hätten. Jetzt sei es nach Auffassung des RIMin. „besonders deshalb nicht empfehlenswert, Vorstellungen bei der bayer. Reg. zu erheben, weil das RIMin. in Übereinstimmung mit den anderen Ressorts zur Zeit einen GesEntw. ausarbeitet, durch den die Abs. 4 bis 6 des Art. 109 der RV abgeändert werden sollen. Der erste Satz dieses GesEntw. lautet: ‚Titel sowie Orden und Ehrenzeichen dürfen nur nach Maßgabe eines Reichsgesetzes verliehen werden‘. Der GesEntw. will also das zur Zeit bestehende Verbot der Verleihung von Titeln, Orden und Ehrenzeichen grundsätzlich aufheben.“ (R 43 I /2597 , Bl. 293). Dem Kabinett Marx wird ein solcher GesEntw. jedoch nicht mehr vorgelegt.

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