2.132 (mu21p): Nr. 132 Vermerk Staatssekretär Pünders über den Stand der Koalitionsverhandlungen. 21. Februar 1929

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Nr. 132
Vermerk Staatssekretär Pünders über den Stand der Koalitionsverhandlungen. 21. Februar 1929

Nachlaß Pünder 36 Durchschrift

Der gegenwärtige Stand der Regierungsverhandlungen (21. Februar mittags) ist folgender:

Auf Grund der Aussprache zwischen Vertretern der Preußischen Staatsregierung und der Deutschen Volkspartei ist gestern nachmittag der Vorschlag zustande gekommen, der Deutschen Volkspartei in Preußen wahlweise den Handelsminister und den Staatssekretär im Finanzministerium oder den Handelsminister und einen weiteren Minister ohne Portefeuille in Gestalt des Herrn Reichswirtschaftsministers Curtius anzubieten. Herr Minister Stresemann hat gestern abend um 7 Uhr dem Herrn Preußischen Ministerpräsidenten zunächst vorläufig mitgeteilt, daß die Reichstagsfraktion der Volkspartei über den zweiten Vorschlag sehr entzückt sei. Dagegen herrsche in der Landtagsfraktion der Volkspartei die Meinung vor, daß ihr mit einem zweiten Minister in Gestalt des Herrn Ministers Curtius nicht gedient sei; daher ziehe die Landtagsfraktion einstweilen den ersten Vorschlag vor, allerdings unter der Bedingung, daß ihr nicht der Handelsminister, sondern der Kultusminister angeboten werde. Die endgültige Antwort der Deutschen Volkspartei hat Herr Reichsminister Stresemann dem Herrn Ministerpräsidenten für den heutigen Tag zugesagt. Dementsprechend ist eine Aussprache der volksparteilichen Fraktionsvorstände von Reich und Preußen unter dem Vorsitz Stresemanns für heute in Aussicht genommen, hat aber bis zur Stunde noch nicht stattgefunden1.

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Um die Bildung von Kabinetten der Großen Koalition im Reich und in Preußen zu ermöglichen, hatte Stresemann mit dem Zentrumsvorsitzenden Kaas seit dem 8. 2. Fühlung gehalten (Pol.Archiv: Nachlaß Stresemann  77). Auf Stresemanns Mitteilung, daß er am 20. 2. mit MinPräs. Braun verhandeln werde, erwiderte der Zentrumspolitiker, daß er einer gemeinsamen Sitzung von RT- und LT-Fraktion der DVP mit Sorgen entgegensehe. Er scheue „das langwierige Verhandlungsspiel“ zwischen den Fraktionen, „wobei man dann im entscheidenden Augenblick über vorgeplante und schwer korrigierbare Beschlüsse stolpert“. Trete die DVP zu einer Sitzung zusammen, so sei das Zentrum nicht daran zu hindern, daß es ebenfalls die Lage berate (20.2.29; Pol.Archiv: Nachlaß Stresemann 77).

Nach Ansicht des Herrn Ministerpräsidenten ist der obige zweite Vorschlag mit den zwei volksparteilichen Ministern durchaus annehmbar, nicht dagegen der erste Vorschlag mit der erwähnten Abänderung. Denn die Sozialdemokratische[444] Fraktion Preußens ist nicht bereit, der Volkspartei das Kultusministerium zu überlassen.

Der Herr Ministerpräsident hat ebenso wie Herr Minister Stresemann erklärt, daß die jetzt schwebenden Verhandlungen unter allen Umständen bis Sonnabend so oder so zu Ende geführt sein müßten.

Nebenher gehen Besprechungen sachlicher Art über das Konkordat. Das Zentrum hat gestern durch die Herren Kaas und Hess dem Herrn Ministerpräsidenten erklärt, daß es nicht geneigt sei, sich mit einer einfachen Bereitwilligkeitserklärung der Volkspartei hinsichtlich des Kondorkatsabschlusses zufrieden zu geben. Vielmehr sei eine Zustimmung zu dem Entwurf in letzter Fassung erforderlich. Der Entwurf des Staatsministeriums hat inzwischen einige Abänderungen erfahren. Jedenfalls soll in den letzten Besprechungen zwischen dem Herrn Ministerpräsidenten und dem Herrn Nuntius eine durchaus freundschaftliche vorläufige Einigung erzielt worden sein. Dieser Entwurf wird eben im Kultusministerium fertig redigiert, um den etwaigen Schlußverhandlungen über die Koalition zugrunde zu liegen.

Pünder

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