2.221 (wir1p): Nr. 218 Reichsminister Hermes an den Reichskanzler. 3. März 1922

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[605] Nr. 218
Reichsminister Hermes an den Reichskanzler. 3. März 1922

R 43 I /933 , Bl. 124 f. Abschrift

[Betrifft: Endgültige Besetzung des Reichsfinanzministeriums1]

1

Siehe Dok. Nr. 217 Anm. 1.

Sehr geehrter Herr Reichskanzler!

Haben Sie aufrichtigen Dank für Ihre freundlichen Zeilen, von deren Inhalt ich mit besonderer Aufmerksamkeit Kenntnis genommen habe. Ich teile vollkommen Ihre Befriedigung über das Ergebnis der Aussprachen, die wir gestern beide gemeinsam und heute in Gegenwart des Herrn Kollegen Dr. Rathenau hatten.

Ich habe in der heutigen Vormittagsbesprechung nach der ausführlichen Darlegung des Herrn Kollegen Dr. Rathenau keinen Zweifel darüber gelassen, daß ich den Grundlagen der bisherigen Außenpolitik durchaus zustimme und auch in der Behandlung des Reparationsproblems mit Ihnen und dem Herrn Kollegen Rathenau einer Meinung bin.

Ich bin nach wie vor bemüht, nachdrücklichst dazu beizutragen, daß das Steuerkompromiß2 möglichst bald erledigt wird, da eine weitere Verzögerung auch nur um kurze Zeit meines Erachtens von den bedenklichsten außenpolitischen Folgen begleitet sein kann. Gerade aus dieser Erwägung heraus habe ich Sie, Herr Reichskanzler, ja auch gebeten – wie ich das bereits mündlich darzulegen mir erlaubt habe –, das jetzige Interimistikum in der Leitung des Reichsfinanzministeriums bald zu beseitigen, da nur ein endgültiger Inhaber dieses Ressorts mit der nötigen Autorität die großen Steuerfragen gegenüber den gesetzgebenden Körperschaften vertreten kann.

2

Siehe Dok. Nr. 205 Anm. 1.

Hinsichtlich der Zwangsanleihe3 habe ich Ihnen gegenüber keinen Zweifel darüber gelassen, daß die in einem Teil der Presse zu Tage getretenen Versuche, das Finanzministerium als einen Saboteur der Zwangsanleihe hinzustellen, jeder tatsächlichen Grundlage entbehren und habe dies an der Hand der bisher vom Finanzministerium geleisteten Vorarbeiten im einzelnen nachgewiesen. Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß wir alles tun müssen, um jeglichen Eindruck zu beseitigen, als ob die Erhebung der Zwangsanleihe erst im Jahre 1923 vorgenommen werden solle. Das Ziel muß – wie ich bereits in den mündlichen Aussprachen dargelegt habe – darin bestehen, den größten Teil der Zwangsanleihe noch in diesem Jahre einzuheben, und ich werde die von Ihnen gegebene Anregung des Beizuges öffentlich-rechtlicher Körperschaften für die Durchführung dieser Maßnahme sofort dem Reichswirtschaftsrat in Ergänzung des ihm bereits von mir übermittelten Fragebogens4 weitergeben und ihn um besondere Stellungnahme zu diesem Punkte bitten.

3

Siehe Dok. Nr. 216, P. 1, insbesondere Anm. 3.

4

Siehe Dok. Nr. 216 Anm. 2.

[606] Auch ich zweifle nicht daran, daß innerhalb des Kabinetts über alle diese Fragen eine Einigung unschwer zu erzielen sein wird.

Für die freundliche Anerkennung der großen sachlichen Arbeitsleistung meiner Beamten darf ich Ihnen aufrichtig danken und bitte, bei dieser Gelegenheit besonders betonen zu dürfen, daß es nach meiner Überzeugung das Bestreben aller an der Bearbeitung der wichtigen Steuerfragen beteiligten Beamten gewesen ist, in rein sachlicher Art sich zu betätigen. Ich teile Ihre Auffassung von der Bedeutung der Auswahl der Beamten des Finanzministeriums sowohl für die Bearbeitung der Steuervorlagen, wie auch für die Beeinflussung der Landesfinanzämter, und werde es mir besonders angelegen sein lassen, jeglichen Anschein einer einseitigen Orientierung der berufenen Beamten zu vermeimeiden5.

5

Die Ernennung Hermes’ zum RFM wird mit Urkunde vom 10.3.22 ausgesprochen (R 43 I /929 , Bl. 26). Sein Nachfolger im REMin. wird am 31.3.22 Fehr (siehe Dok. Nr. 241 a, Anm. 2).

Wollen Sie, sehr geehrter Herr Reichskanzler, die Versicherung meiner ausgezeichneten Wertschätzung entgegennehmen.

Ihr sehr ergebener

gez. Dr. Hermes.

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