1.67 (bru3p): Nr. 581 Besprechung über die Finanzlage Preußens. 2. Dezember 1931, [11.30 Uhr]

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 4). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II Band 3Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

Nr. 581
Besprechung über die Finanzlage Preußens. 2. Dezember 1931, [11.30 Uhr]

R 43 I /2376 , S. 69–72

Anwesend: Brüning, Dietrich; StS Pünder, Schäffer; MinDir. Zarden; MinR Olscher; RbkVPräs. Dreyse; PrMinPräs. Braun, PrFM Klepper; StS Weismann; Protokoll: MinDir. v. Hagenow.

Am heutigen Vormittag fand unter dem Vorsitz des Herrn Reichskanzlers in Anwesenheit des Herrn Reichsministers der Finanzen und des Herrn Reichsbankpräsidenten Dreyse eine Besprechung mit den Herrn Preußischen Ministerpräsidenten Braun und dem Herrn Preußischen Finanzminister Klepper über die Finanzlage Preußens statt1.

1

Vgl. hierzu auch Dok. Nr. 575.

Die Vertreter aus Preußen erklärten, daß sie zur Abdeckung des Etats die Absicht hätten, die Personalausgaben um 100 Millionen und die Sachausgaben um 113 Millionen zu senken. Es würden 70 Amtsgerichte und 56 Kreise eingespart werden. Außerdem ziehe man in Erwägung, die Staatstheater mit Ausnahme der großen Opern zu schließen und auch Akademien stillzulegen. Durch diese Senkungsmaßnahmen würden insgesamt 213 Millionen eingespart werden2. Aus der erhöhten Umsatzsteuer würde ein Betrag von 90 Millionen zur Verfügung stehen3. Außerdem werde beabsichtigt, in Preußen eine Schlachtsteuer einzuführen, die etwa 100 Millionen bringen würde. Auf diesem Wege würden insgesamt 400 Millionen abgedeckt werden. Bei der Schlachtsteuer werde man vorsehen, die Hausschlachtungen zu privilegieren. Über den Betrag von 400 Millionen hinaus sei aber ein Bewegungskredit[2037] von 200 Millionen erforderlich. Im gegenwärtigen Augenblick brauche Preußen sofort 35 Millionen.

2

Vgl. hierzu die 2. PrSparVo. vom 23.12.31, Dok. Nr. 613, Anm. 5.

3

Vgl. zur Umsatzsteuererhöhung Dok. Nr. 594, P. 2.

Die sich an die Erklärung der Herren aus Preußen anschließende Aussprache ergab, daß es möglich sein wird, den von Preußen sofort benötigten Betrag von 35 Millionen durch ein Konsortium unter Führung der Staatsbank und unter Mitwirkung der Reichsbank aufzubringen. Die weiteren Maßnahmen sollen durch Referentenbesprechungen geklärt werden.

Der Reichskanzler bemerkte, daß ihm die Pläne der Schlachtsteuer nicht unbedenklich seien, weil sie mit den Maßnahmen der Reichsregierung nicht im Einklang stünden. Es müsse dafür Sorge getragen werden, daß gerade beim Fleisch die Preishandelsspanne erheblich herabgedrückt werde. Dies stehe aber mit einer Schlachtsteuer nicht im Einklang.

Der Preußische Ministerpräsident erwiderte, daß auch ihm die Schlachtsteuer nicht sympathisch erscheine, er aber zur Zeit keinen anderen Weg sehe. Die verteuerten Fleischpreise erklären sich seiner Meinung vor allen Dingen daraus, daß zu viel Fleischverkaufsstellen seien. Er hoffe, daß die Steuer nach dieser Richtung regulierend wirken und die Zahl der Fleischverkaufsstellen erheblich einschränken werde.

Der Preußische Finanzminister betonte, daß auch ihm die Schlachtsteuer nicht sehr angenehm sei. Man könne auf sie verzichten, wenn man an ihrer Stelle eine Margarinesteuer treten lasse. Er glaube aber, daß dies aus politischen Gründen nicht möglich sein werde. Selbstverständlich werde man in Preußen mit der Einführung der Schlachtsteuer warten, bis die Notverordnung des Reichs veröffentlicht sei.

Der Reichskanzler ergänzte seine Ausführungen noch dahin, daß er selbstverständlich bereit sei, mit Preußen nach Veröffentlichung der Notverordnung über die Finanzlage Preußens weitere Aussprachen zu halten.

Der Preußische Finanzminister legte noch dar, daß der Ultimo-Bedarf rechnerisch auf 130 Millionen festgestellt sei. Er glaube aber, daß es möglich sein werde, mit einem Betrag von 100 Millionen einschließlich der 35 Millionen auszukommen.

Der Preußische Finanzminister bat, daß die Frage der Regelung des Ultimobedarfs bald geklärt werde, da auch sie eilig sei.

Der Reichsbankvizepräsident bemerkte hierzu, daß er zwar einen Weg sehe, die 35 Millionen, die Preußen sofort benötige, zu beschaffen, daß er aber keine Möglichkeit erkenne, den weiteren Ultimobedarf zu decken, insbesondere, da die Reichsbank auch für das Reich Sorge tragen müsse. Es erscheine ihm aber zweckmäßig, daß die Preußische Staatsbank den ganzen Fragenkomplex mit der Reichsbank alsbald erörtere4.

4

Zur weiteren Besprechung der Finanzlage Preußens siehe Dok. Nr. 613.

[…]

H[a]g[enow]

Extras (Fußzeile):