2.81.3 (mu11p): 3. Bericht über die Verhandlungen mit dem Gemeinde- und Staatsarbeiterverband über die Entlohnung der Verwaltungsarbeiter in Groß-Berlin.

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3. Bericht über die Verhandlungen mit dem Gemeinde- und Staatsarbeiterverband über die Entlohnung der Verwaltungsarbeiter in Groß-Berlin1.

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S. hierzu Dok. Nr. 42, P. 4 und Dok. Nr. 75, P. 2. In einem Brieftelegramm an die Chefs sämtlicher Reichsressorts hatte der RFM am 29.4.20 mitgeteilt: „Mit Rücksicht darauf, daß die Verhandlungen über den neuen Lohntarif für die Regiminalarbeiter noch nicht zum Abschluß gelangt sind, erkläre ich mich damit einverstanden, daß diesen Lohnempfängern der Verwaltungsbehörden in Groß-Berlin am 30. 4. bzw. 1. 5. d. Js. diejenigen Lohnbezüge gewährt werden, die sie am 31. 3. bzw. 1. 4. d. Js. erhalten haben“ (R 43 I /2069 , Bl. 41).

Geheimrat Hausmann vom Reichsarbeitsministerium berichtete über das Ergebnis der Verhandlungen mit dem Verbande und empfahl, es mit Ausnahme der Löhne für die Frauen bei den Entscheidungen des Schiedsspruchs zu belassen. Die Lage wäre ernst; es sei ein Streik zu befürchten, insbesondere bei dem Personal der Charité. Von verschiedenen Seiten wurde auf das Bedenkliche hingewiesen, da die Löhne nur unerheblich hinter den Löhnen der Eisenbahnarbeiter zurückblieben, und die Rückwirkungen [auf] die derzeitigen Tarifverhandlungen mit den Eisenbahnern nicht ausbleiben würden. Nachdem das Kabinett bereits zwei Mal sich entschieden auf einen ablehnenden Standpunkt gestellt habe, könne man unmöglich nunmehr dem Drängen nachgeben. <Geheimrat Hausmann wies demgegenüber darauf hin, daß nur noch eine Differenz bezüglich der männlichen Arbeiter und auch hier nur noch in Höhe von 5 Mark für die Woche bestände und teilte mit, daß es nur dadurch möglich gewesen sei, den Ausbruch des Streiks zu verhüten, daß er in einer persönlichen Besprechung mit dem Vorsitzenden des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter in Aussicht gestellt habe, sich persönlich für die gewünschte Regelung einzusetzen. Er habe geglaubt, dieses um so eher tun zu können, als ihm der Vertreter der preußischen Finanzverwaltung erklärt habe, daß sein Herr Chef seine bisherigen Bedenken zurückstellen wolle. Von einem Vertreter des Reichsfinanzministeriums wurde darauf hingewiesen, daß dem Vertreter des Verbandes eine Äußerung des preußischen Finanzministeriums bekannt gewesen[194] sei, wonach sich dieser für die Zubilligung des Schiedsspruchs ausgesprochen habe sowie das Ergebnis der letzten Kabinettssitzung.>2 Von allen Seiten wurde es aufs Schärfste mißbilligt, daß, nachdem das Kabinett bereits unzweideutig seiner Stellungnahme zu der Frage der Verhandlungen Ausdruck gegeben hätte, derartige Inaussichtsstellungen seitens eines Referenten den Interessenten gemacht würden. Wenn auch tatsächlich keine Bindung für das Kabinett vorliege und es theoretisch und praktisch frei entscheiden könne, so sei eine gewisse moralische Bindung und eine politische Zwangslage dadurch herbeigeführt. In dieser Weise dürfe künftig von keinem Ressort mehr verhandelt werden. Im übrigen wurde nach Lage der Dinge nunmehr beschlossen, entsprechend dem Vorschlage des Reichsarbeitsministeriums den Schiedsspruch anzuerkennen mit Ausnahme der Löhne für die Frauen. Gleichzeitig wurde beschlossen, an das Preuß. Finanzministerium mit der Bitte heranzutreten, sich in Zukunft bei Abgabe von derartigen Erklärungen vorher mit dem Reichsfinanzministerium in Verbindung zu setzen. Der Reichsminister der Finanzen wird ein entsprechendes Schreiben an das Preußische Finanzministerium richten3. Ferner sollen die Referenten angewiesen werden, sich persönlich irgend einer Stellungnahme bei derartigen Verhandlungen zu enthalten. Eine entsprechende Rundverfügung wird von dem Chef der Reichskanzlei veranlaßt werden4. Ferner wurde mit Rücksicht auf die weiteren Mitteilungen angeregt, anzuordnen, daß die das Personal [betreffenden] und sonstige derartigen Angelegenheiten wie die vorliegenden, streng vertraulich, gegebenenfalls nur von einem bestimmten Kreis von Beamten bearbeitet und die Sachen nur in geschlossenen Mappen in den Ressorts weitergegeben werden dürften. Der Chef der Reichskanzlei wird ein entsprechendes Rundschreiben an die Ministerien richten5.

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Diese Fassung erfolgte auf Wunsch des RArbMin. vom 15.5.20 (R 43 I /2069 , Bl. 90). Die ursprüngliche Formulierung lautete: „Geheimrat Hausmann teilte mit, daß er dem Vertreter des Verbandes nach den Verhandlungen in Aussicht gestellt hätte, bei seinem Chef dafür einzutreten, daß die Sätze angenommen würden. Auch sei dem Vertreter des Verbandes eine Äußerung des Preußischen Finanzministers bekannt gewesen, wonach sich dieser, für die Zubilligung der Sätze des Schiedsspruchs ausgesprochen habe sowie das Ergebnis der letzten Kabinettssitzung.“

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S. hierzu Dok. Nr. 109.

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Unter Bezugnahme hierauf schrieb StS Albert an die RM: „Eine solche Erklärung nimmt gewissermaßen die Entscheidung des Chefs vorweg, der zwar tatsächlich durch diese Erklärung nicht gebunden, immerhin aber mit Rücksicht auf die politische Auswirkung in eine gewisse Zwangslage versetzt wird. Das Kabinett ist daher der Auffassung, daß derartige Erklärungen der Referenten in Zukunft zu unterbleiben und letztere sich darauf zu beschränken haben, ihrem Chef die Entschließung vorzubehalten“ (12.5.20; R 43 I /1488 , Bl. 72).

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Hierzu schrieb der StSRkei den RM am 12.5.20: „Gelegentlich einer Kabinettssitzung ist zur Sprache gekommen, daß vertrauliche Schreiben der Behörden, die ihre Stellungnahme zu Tarifvorschlägen enthielten, den Interessenten anscheinend durch Vertrauensmißbrauch der in der betreffenden Behörde beschäftigten Personen bekannt geworden sind. Es wird daher zu erwägen sein, alle derartigen das Personal betreffenden und sonstige vertrauliche Angelegenheiten behandelnden Schreiben usw. stets in geschlossenen Mappen und gegebenenfalls von Hand zu Hand weitergehen zu lassen. Gleichzeitig darf ich anheimstellen, die Beamten des dortigen Ministeriums nochmals darauf hinzuweisen, daß die Kabinettssitzungen streng vertraulich sind und daß irgendwelche Mitteilungen über die vertretenen Auffassungen und die Erwägungen, die zu dem einzelnen Endergebnis geführt haben, unstatthaft sind“ (R 43 I /1488 , Bl. 74).

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