1.222.1 (bru3p): Arbeitslosenhilfe.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 4). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Brüning I und II Band 3Das Kabinett Brüning I Bild 183-H29788NS-Wahlversammlung im Sportpalast Bild 102-10391Arbeitslose Hafenarbeiter Bild 102-11008Bankenkrise 1931 Bild 102-12023

Extras:

 

Text

RTF

Arbeitslosenhilfe.

Der Reichsminister der Finanzen legte den in Anlage 1 beiliegenden Plan vor und erläuterte ihn in seinen Einzelheiten1.

Die in der anschließenden Aussprache geäußerten Bedenken gegen den Plan des Reichsministers der Finanzen faßte der Reichsarbeitsminister in folgende Punkte zusammen:

1.) Für diejenigen Arbeiter, die bisher lohnsteuerfrei waren, erhöhen sich in Zukunft die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 1%.

2.) Die freien Berufe werden nicht hinreichend erfaßt.

3.) Die höheren Beamten werden durch Entlastung von der Krisenlohnsteuer befreit und kommen mithin zu günstig fort.

4.) Die arbeitsintensiven Wirtschaftsbetriebe werden stärker herangezogen wie die kapitalintensiven Betriebe.

Diese Bedenken wurde während der Sitzung in einem kleinen Ausschuß von Ressortvertretern überprüft. Aufgrund des Ergebnisses dieser Ressortbesprechung wurde in Aussicht genommen, den § 11 der Verordnung über die Krisensteuer fortbestehen zu lassen2. Damit erledigen sich die vorgenannten Bedenken zu 2 und 3.

Der Reichsarbeitsminister ließ erkennen, daß er die sozialpolitischen Bedenken, die in der vorgenannten Ziffer 1) zum Ausdruck kamen, fallen lassen werde.[2491] Er schloß sich aber den wirtschaftspolitischen Bedenken an, die Staatssekretär Trendelenburg mit dem Hinweis darauf vortrug, daß die Wirtschaft durch den vorgeschlagenen Plan eine nicht unerhebliche Mehrbelastung erfahre.

Beschlüsse wurden nicht gefaßt.

Der Reichskanzler erklärte, sich den Plan an den kommenden Tagen nochmals reiflich überlegen zu wollen, zumal da die abschließende Stellungnahme des Reichskabinetts vor der Tagung des Reichstags3 nicht bekannt werden dürfe4.

Fußnoten

1

Die Aufstellung des RFMin. ging von einem finanziellen Gesamtaufwand von 3,033 Mrd. RM für die Arbeitslosenfürsorge aus. Von dieser Summe sollten die Gemeinden 600 MioRM übernehmen, der Restbetrag von 2,433 Mrd. RM sollte durch eine allgemeine Notabgabe gedeckt werden. Zu dieser Notabgabe sollten die Bezüge der Beamten des Reichs, der Länder und Gemeinden, die bisher von der ALV freien Einkommen zwischen 3000 und 8000 RM und die Einkommen über 8000 RM herangezogen werden. Um den Fehlbetrag von 2,433 Mrd. RM abzudecken, hatte der RFM unter Einbeziehung der Notabgabe eine Erhöhung der ALV-Beiträge von bisher 6,5% auf 8,3% empfohlen. Durch die Einführung der 40-Std.-Woche könnten 400 000 Arbeiter eingestellt werden, wodurch der ALV-Etat um 200–250 MioRM entlastet werden könnte. Wenn durch ein Arbeitsbeschaffungsprogramm ebenfalls 400 000 Arbeiter wiederbeschäftigt werden könnten, würde sich eine weitere Ersparnis von 200–250 MioRM ergeben. Diese Mittel in Höhe von 350–400 MioRM könnten zur Inangriffnahme eines Arbeitsbeschaffungsprogramms verwendet werden (R 43 I /1456 , S. 61–64).

2

Nach der Vorlage des RFM sollte das Reich durch die Neuordnung der ALV auf die Krisensteuer (NotVo. vom 5.6.31, Kapitel III, RGBl. I, S. 279 , hier S. 298) verzichten. § 11 setzte den Prozentsatz der Krisensteuer – von 0,75% bei Einkommen bis zu 3660 RM bis zu 4% bei Einkommen über 1 MioRM – fest (RGBl. 1931 I, S. 299 ).

3

RT-Tagung vom 9.–12.5.32.

4

Zur Fortsetzung der Beratung siehe Dok. Nr. 740.

Extras (Fußzeile):