2.7.3 (feh1p): 3. Erörterung der Frage des Vertrauensvotums für die Regierung.

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3. Erörterung der Frage des Vertrauensvotums für die Regierung.

Mit Rücksicht auf die Ausführungen des Reichsministers des Innern, daß er für seine Partei lediglich mit einer Ablehnung des von der USPD beantragten[22] Mißtrauensvotums1 sich nicht begnügen könne, wurde beschlossen, wegen der Fassung des Vertrauensvotums für die Regierung mit der Deutschnationalen Volkspartei und der Mehrheits-Sozialdemokratischen Partei2 in Verbindung zu treten, und zwar übernahm die Verhandlungen mit der letzteren der Reichsminister des Innern3, die Verhandlungen mit der ersteren der Reichsminister der Justiz4.

Fußnoten

1

Im Zusammenhang mit der Aussprache über die Regierungserklärung hatte die USPD am 30. 6. im RT einen Mißtrauensantrag gegen die RReg. eingebracht (RT-Drucks. Nr. 58, Bd. 363 ).

2

Die Haltung der SPD zu dem Mißtrauensantrag wurde aus einem Artikel des „Vorwärts“ vom 1. 7. deutlich. Es hieß dort, daß die Unabhängigen mit ihrem Antrag nur die sozialdemokratische Fraktion vor die Alternative stellen wollten, entweder das Mißtrauensvotum abzulehnen oder ihm zuzustimmen und damit der RReg. den Boden zu entziehen. Der Artikel fuhr dann fort: „Aus diesem Grunde wird die Sozialdemokratische Fraktion dem Unabhängigen Antrage ihre Zustimmung nicht geben können. Sie hat gestern abend nach Schluß der Reichstagssitzung bereits eingehend über den Antrag verhandelt und ist dabei zu dem einmütigen Entschluß gekommen, ihn abzulehnen.

Die Ablehnung des Mißtrauensvotums bedeutet selbstverständlich in keiner Weise ein Vertrauensvotum. Die Sozialdemokratie hat von vornherein erklärt, daß sie sich bei Abstimmung über ein Vertrauensvotum der Stimme enthalten würde, daß sie aber nicht beabsichtige, der neuen Regierung von vornherein unüberwindliche Schwierigkeiten zu bereiten. Von diesem Gedanken läßt sie sich auch leiten bei der Behandlung des unabhängigen Antrages. Die Fraktion hat ausdrücklich erklärt, daß sie die Taten der Regierung abwarten will, bevor sie endgültig zu ihr Stellung nimmt. Vorher durch ein Mißtrauensvotum sich festzulegen, lehnt sie ebenso entschieden ab wie die Zumutung, der Regierung von vornherein ihr Vertrauen auszusprechen.“ (Vorwärts Nr. 328 v. 1.7.1920).

3

In den „Aufzeichnungen“ RIM Kochs ist darüber nichts zu finden. Offenbar haben Vorbesprechungen zwischen den Parteien jedoch schon am 30. 6. stattgefunden. Unter diesem Datum schreibt RIM Koch in seinen „Aufzeichnungen“: „Das quasi Vertrauensvotum ist noch nicht fertig. Müller klammert sich mit einem merkwürdigen Herdentierinstinkt daran, daß auch die Deutschnationalen dem Votum zustimmen. Ich würde an seiner Stelle umgekehrt operieren und halte übrigens auch vom Standpunkt der Regierung, namentlich mit Rücksicht auf Spa, die Zustimmung der Deutschnationalen eher für schädlich als für nützlich. Aber die Sozis meinen offenbar, ihre Zustimmung erscheint farbloser, wenn sie möglichst eine Angelegenheit ist, die alle Welt mitmacht. Sie möchten nicht wegen der besonderen Freundschaft mit uns erröten brauchen.“ (Nachlaß Koch-Weser  27, Bl. 159).

4

Am 2. 7. brachten die Regierungsparteien einen Antrag zugunsten der Regierung ein, in dem allerdings ein förmliches Vertrauensvotum vermieden wurde. Der Antrag lautete: „Der Reichstag hat die Erklärungen der Reichsregierung vom 28. Juni 1920 zur Kenntnis genommen. Er erwartet von der Regierung, daß sie diesen Erklärungen entsprechend die Politik des Reiches, insbesondere auch bei den bevorstehenden Verhandlungen in Spa, führen wird.“ (RT-Drucks. Nr. 80, Bd. 363 ). Die DNVP brachte daraufhin ebenfalls am 2. 7. einen Abänderungsantrag ein, durch den der Antrag der Regierungsparteien eine andere Fassung erhalten sollte. Nach dem deutschnationalen Antrag sollte der 2. Satz lauten: „Er erwartet, daß die Regierung Ruhe und Ordnung, Leben und Eigentum schützen, unter Zurückstellung der Parteipolitik die dringenden Aufgaben des Wiederaufbaues mit Nachdruck in Angriff nehmen und bei den bevorstehenden Verhandlungen in Spa die Würde und die Interessen des Reichs mit Festigkeit vertreten wird.“ (RT-Drucks. Nr. 81, Bd. 363 ).

Noch am gleichen Tage wurde über die Anträge abgestimmt. Dabei wurde der Antrag der Regierungsparteien mit 253 zu 62 Stimmen bei 54 Enthaltungen angenommen; auch die SPD stimmte für diesen Antrag (RT-Bd. 344, S. 179 –181).

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